• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Auf Thema antworten

AW: Gedanken zur menschlichen Würde


Hallo Roberto,


zwar darf ich erfahrungsgemäß weder Antwort noch Stellungnahme auf meine Kritik erwarten, doch die Nacht ist lang und das Schlafbedürfnis gering, so dass es mir die Kurzweil allemal wert war.


Vorneweg sei gesagt, dass mich die Rhetorik des Textes anspricht, gleichwohl die Leidenschaft, die durch die Worte wirkt. Wie ich aber weiter oben schon anmerkte, kritisiere ich vor allem inhaltliche Aspekte. Einiges wirkt zusammengewürfelt und wenig schlüssig, außerdem lebt der Text von Postulaten und geht - für meinen Geschmack - zu wenig in die Tiefe.





In mir keimt der Verdacht, dass wir den Begriff des „Gestaltungsauftrages“ verschieden begreifen. So sehe ich darin den Auftrag an den Staat, die Menschenwürde zu gewährleisten. Wäre es möglich, dass hier eine Deutung des Gestaltungsauftrages als Verhaltensanweisung gemeint ist?




Möglicherweise ist die Evidenz der Verschiedenartigkeit menschlichen Verhaltens ein Anzeichen dafür, dass die Würde mehr durch zwischenmenschliche Interaktion als durch einen festen, unveränderlichen Tatbestand zu sehen ist.




Ich halte es für problematisch, dass hier die „Vorab-Würde“ postuliert wird. Die „Gleichheit von Mensch zu Mensch“ lässt eine völlige Identität der Individuen vermuten, wobei Feuerbachs Aussage wohl in erster Linie die Gattung des Menschen und nicht die Individualität des Menschen meinen dürfte.




Siehe oben, ein Vergleich als identisches Individuum könnte durch die Gattungsgleichheit ersetzt werden, wodurch eine Identifikation mit dem genannten Paradebeispiel des antisozialen Menschentypus (Alkoholiker) nicht stattfinden muss.




Ich bezweifle an dieser Stelle die postulierte „conditio humana“, vielmehr wird es auf den jeweiligen Menschen und dessen Wertgefüge ankommen, wie er dem Alkoholiker begegnet. Ein Allgemeinverhalten zu behaupten, halte ich für wenig sinnig. Der Gestaltungsauftrag beschreibt, so meine Begriffsdeutung, die staatliche Aufgabe, dem Ideal der Menschenwürde, manifestiert durch die Menschenrechte, im gesellschaftlichen Miteinander Gestalt durch Wirkung zu verleihen. Postuliert wird also, dass das Individuum der Einsicht in das, was Würde ist, nicht genügen kann, also spätestens in der Konfrontation mit einem abnormen Menschen (Alkoholiker) eine zweite Instanz benötigt – in diesem Fall die staatliche Gewalt – um zwischenmenschlich auf bestimmte Weise verhaltensfähig zu bleiben.


Das hier beschriebene Verständnis des Gestaltungsauftrages basiert – vermutlich – auf der Vorstellung, dass es einen „wahren ethischen Menschen“ gebe, der, kraft seiner gestalterischen Befähigungen, den Würdebegriff – der ja beinahe verloren gegangen wäre - vor dem zwischenmenschlichen Konflikt (Alkoholiker vs. Normalmensch) errettet. Dieser gestalterische Eingriff werde des weiteren gefühlsmäßig bestimmt, was wiederum in der Vernunft münde. Diesem Gedankengang vermag ich so nicht zu folgen, er scheint unschlüssig.




Meiner Ansicht nach manifestiert sich das, was wir ungefähr als Würde empfinden, gerade erst durch menschliche Interaktion. Gleichwohl wird die Nichtwürde, also beispielsweise das Verweigern der Grundrechte, dabei ersichtlich. Folglich kann die Menschenwürde nicht als solches abgesprochen werden, sondern nur durch eben das Verhalten, was die Würde als Würdeempfinden fühlbar und letztlich auch sichtbar macht.




Hier kann ich schon eher beipflichten, dieses moralische Appell für eine solidarische und tolerante Gesellschaft ist in der Tat begrüßenswert.


Beste Grüße,


Philipp


Zurück
Oben