cheshirecat
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- 13. November 2005
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(>Ich soll was!?<
Sein erschrockenes Gesicht sah lustig aus und dementsprechend laut lachte Alina auch.
>Du sollst die Welle über dir zusammen schlagen lassen! Komm! Ich tu’s doch auch!<
Alina zog ihn an der Hand ins Meer. Mit einem Grinsen watete sie tiefer hinein und blieb stehen, als das Wasser ihr bis zum Bauchnabel reichte.
>Bist du verrückt? Das ist gefährlich! Wir können ersaufen!<
Suchend schaute er sich um. Es war sieben Uhr in der Frühe. Kein Mensch, der bei Verstand war, ging um diese Zeit an den Strand. Es war Niemand da, der ihm helfen konnte.
>Vertrau mir! Wir können nicht ertrinken. Wir sind viel zu nah am Ufer. Und Falls es dich beruhigt, ich habe meinen Rettungsschwimmertest mit Bravur bestanden. Vertrau mir!<
Er wollte ihr vertrauen, aber sein Verstand wehrte sich dagegen.
>Hast du die Wellen gesehen?<
>Natürlich! Du hast keine Ahnung, was so eine Welle auf dein Leben auswirken kann! Deine ganzen Probleme werden dir in diesem einen Moment klar und du erkennst wie klein wir Menschen sind! Es ist wundervoll. Der Adrenalinstoß, wenn die Wassermassen über dich fluten. Die Kälte, die sich auf einmal in lauschige Wärme umwandelt. Es ist, als würdest du neugeboren.<
>Du bist verrückt!<
Alina war wie entrückt. Das Feuer in ihren Augen leuchtete glühend. Es war, als würde sie nicht von dieser Welt stammen.
>Ja! Ich bin verrückt! Verrückt nach dem Leben! Ich kann nicht sterben, Chris!<
>Wie bitte?<
>Ich habe mir vorgenommen, dass ich erst sterbe, wenn ich alles getan habe, was ich will. Ich kann jetzt noch nicht sterben. Wenn ich jetzt sterbe, muss ich mit dem da oben ein ernstes Wörtchen reden. Und das wird ihm nicht gefallen! Vertrau mir! Bitte, Chris!<
Wenn ihn Alina auf diese Weise anflehte, konnte er sich nicht wehren. Mit einem Seufzen und dem Wissen, dass er etwas falsches tat, nahm er ihre ausgestreckte Hand und grinste sie an.
Die nächste Welle war gewaltig. Kalte Angst stieg in ihm auf. Es war, wie Alina gesagt hatte. Als sich die Welle über ihnen aufbäumte, durchzuckte ihn ein Stoß Adrenalin. Der Stoff in seinen Adern gefror und rieselte langsam durch seinen Körper. Er spürte jeden einzelnen Tropfen der roten Flüssigkeit, spürte, wie seine Nerven sich erst anspannten und ganz langsam immer lockerer wurden. Die Welle stürzte mit Gewalt über ihnen zusammen. Er schloss die Augen, fühlte die Eiseskälte, bemerkte wie sie sich in brennend heißes Feuer verwandelte. Ihm wurde auf einmal so vieles klar. Wie klein waren die Menschen! Sie machten sich viel größer als es die Wirklichkeit zuließ. Es interessierte niemanden, ob gerade ein siebzehnjähriger Junge ertrank oder ob irgendein Star erschossen wurde. Nur die Verwandten und Freunde. All seine Probleme waren auf einmal so klein.
Als er die Augen wieder öffnete starrte er in Alinas glänzende Augen. Sie lächelte ihn glücklich an und sie wateten gemeinsam zum Ufer. Sie ließ sich noch vor dem trockenen Sand in das sanft gewellte Wasser fallen und blieb dort sitzen.
>Es ist jedes Mal ein Schock auf’s Neue, wenn Wellen über mir zusammen schlagen. Es ist so schockierend zu wissen, dass mein Leben in dem Moment nichts bedeutet. Wenn ich sterbe, will ich so sterben. Diese Gewalt der Wassermassen ist so.....erleuchtend, so beruhigend...<
Ihre Stimme hatte einen Unterton angenommen, den er niemals zuvor gehört hatte. Und niemals wieder hören sollte. Es kam ihm vor, als würde ein anderes Mädchen vor ihm stehen. So ernsthaft. Überhaupt nicht lebenslustig. Kleine Tränen rollten ihr über die Wangen. Er starrte Alina erschrocken und ängstlich an.
>Weißt du, woran ich gedacht habe, als die Welle gebrochen ist?<
Er schüttelte verwirrt den Kopf.
>Dass ich dich in Gefahr gebracht habe. Dass ich verantwortlich für deinen Tod sein könnte! Du hättest ertrinken können!<
Sie schluchzte in ihre Hände und erst als er sie in den Arm nahm, um sie zu beruhigen öffnete sie die Augen.
>Dann versprich mir, dass du das hier nie wieder machen wirst.<
Sie kuschelte sich an seine mittlerweile wieder trockene Brust und nickte mit dem Kopf.
>Ich verspreche es.<
>Gut. Weißt du, ich bin dir dankbar, dass du mir das gezeigt hast. Es war das aufregendste und ernüchterndste Erlebnis in meinem ganzen Leben. Aber ich will es nicht wiederholen. Es war auch ziemlich demütigend.<
Er setzte sich neben sie in das seichte Wasser und legte seinen Arm um ihre Schultern. Sie hatte noch ein paar Minuten gebraucht, dann war sie wieder die alte gewesen.)
Er musste grinsen. Nach dem Tag, hatte Alina nie wieder von Wellen gesprochen. Sie hatte ihr Versprechen nie gebrochen.
Noch während er in Erinnerungen in Spanien am Strand mit Alina war, hörten seine Ohren einen Krach, der nicht mit den Strandgeräuschen zu vereinbaren war. Langsam taumelte er zurück in die Wirklichkeit und erhaschte geschriene Wortfetzen.
„Sie war meine Tochter! Ich habe ein Recht auf ihre Sachen!“
Verwundert rappelte er sich auf und schlich die Treppe herunter. Im großen Wohnzimmer standen und saßen die Gäste rum und betrachteten interessiert die Szene zwischen seiner Mutter und Alinas. Die Frau musste schon einiges an Alkohol getrunken haben, denn ihr Gesicht war von roten Flecken übersät und ihre Haare unordentlich. Seine Mutter hingegen sah aus, wie die typische Geschäftsfrau. Ordentlich, elegant und ein Hauch von Vertrauenswürdigkeit. Sie stand vor der blonden Frau und betrachtete diese genervt.
„Ich habe Ihnen bereits erklärt, dass Sie kein Recht auf Alinas persönliche Sachen haben. Dieses Recht haben Sie mit Ihrer Einverständniserklärung zur Adoption verloren.“
Bevor die Frau noch einen weiteren Wutanfall bekommen konnte, nahm ihr Mann sie in den Arm und schickte Chris’ Mutter einen vernichtenden Blick zu.
„Sie ist immerhin ihre leibliche Mutter!“
„Ja! Und das ist alles, was sie ist. Die Frau, die den Spaß hatte und wenigstens noch den Anstand, dafür bis zu einem gewissen Grade die Folgen zu tragen. Das ist alles!“
Christopher sprang die letzten Stufen über das Geländer hinweg und stand vor seiner Mutter. Er war nicht gut gelaunt. Und dass die zwei sich jetzt aufspielten, machte ihn rasend. Er betrachtete das Paar mit einem mörderischen Blick.
„Chris, sie sind immer noch Gäste. Du kannst nicht so unhöflich sein!“
„Das ist mir scheißegal! Haben die sich etwa um die Etikette geschert, als sie Alina weggeben haben?“
Die Frau wimmerte und auch der Mann schien in sich zusammen zusacken, bei diesen Worten.
„Sie haben weder ein Recht auf Alinas Sachen, noch hier zu sein. Sie haben Ihre Tochter zur Adoption frei gegeben. Sie hatten den Spaß bei der Zeugung. Ich bin Ihnen dankbar, dass sie Alina zur Welt gebracht haben. Das ist aber auch schon alles, was sie zum Leben meiner Schwester beigetragen haben. Sie sind die Erzeugerfraktion. Meine Eltern dagegen sind Alinas Eltern. So einfach ist das Ganze! Und jetzt verlassen Sie bitte dieses Haus!“
Er lief mit schweren Schritten zur Tür und hielt sie auf.
„Sei nicht zu hart zu uns, Junge. Meine Frau war damals gerade siebzehn, als sie mit dem Kind schwanger war. Wir hatten keine andere Wahl!“
„Doch! Die hatten Sie. Sie hätten ‚das Kind’“, er spuckte die Worte aus „großziehen können und hätten bloß auf einige Annehmlichkeiten verzichten müssen. Alina auf jeden Fall wollte es so machen. Sie scheint nicht alle Ihre Gene geerbt zu haben!“
Das Paar verließ das Haus und Chris verzog sich wieder nach oben. Erst später, als alle Gäste gegangen waren, hörte er, wie seine Mutter an seiner Zimmertür klopfte.
„Mom, ich bin hier!“
Sie kam in Alinas Zimmer und setzte sich ihm gegenüber auf einen Stuhl. Auch sein Vater betrat das Zimmer, blieb allerdings in der Tür stehen.
„Was meintest du vorhin mit ‚Alina wollte es so tun!’?“
An seinem entsetzten Gesichtsausdruck konnten seine Eltern erkennen, dass er gar nicht beabsichtigt hatte, das zu sagen. Chris schluckte hart und holte tief Luft.
„Alina war schwanger.“
Seine Eltern tauschten einen Blick aus, der besagte, dass sie nichts anderes erwartet hatten.
„Wann wollte sie es uns sagen?“
„An dem Abend. Sie hat es mir den Abend vorher gesagt. Sie war sich nicht sicher. Sie wollte einen Test machen. Er war positiv. Sie hat mich kurz vor ihrem Unfall noch angerufen und gemeint, dass sie das Kind nicht weggeben würde. Egal, was ihr dazu sagen würdet.“
Seine Mutter senkte den Kopf.
„Wer war der Vater? Weiß er davon? War es dieser Oliver? Bist du es?“
„MOM! Ich habe nie mit Alina geschlafen! Und Oliver glaube ich auch nicht! Marc war der Vater. Ich weiß nicht, ob er es weiß! Wie kannst du glauben, dass Alina und ich.....?“
Er schrie seine Mutter normalerweise nicht an. Aber der Schock, dass sie ihn als eventuellen Vater von Alinas Kind in Betracht zog, war gewaltig.
„Alina war ein sehr hübsches Mädchen. Und ihr zwei... ihr ward dauernd zusammen. Ihr hättet ein Paar sein können. Außerdem hatte Alina viele Männer.“
„Nein, Mutter. Alina hatte viele Freunde und Verehrer. Sie hat nur mit zwei Männern geschlafen. Und überhaupt: Ich fasse es nicht, was für ein Thema wir haben! Lasst mich in Ruhe!“
Er verschwand durch die Schiebetür, die sein und Alinas Zimmer verband und schloss beide Türen ab. Es war wirklich ekelhaft, jetzt über ein so pikantes Thema zu sprechen. Gerade von seinen Eltern hätte er das nicht erwartet. Wütend drosch er auf seinen Boxsack ein und hörte erst damit auf, als er schweißüberströmt in die Knie sackte und sich nicht mehr rühren konnte.
Die nächsten zwei Wochen verbrachte er damit, sich in die Schule zu vertiefen. Abends ging er jobben und wenn er frei hatte trainierte er wie besessen und ließ seinen ganzen Frust am Boxsack oder den Bällen aus. Wenn er nach Hause kam, fiel er in sein Bett und schlief bis zum Weckerklingeln. Es kam vor, das er mitten in der Nacht aufwachte und sich Tränen aus den Augen wischte oder einfach nur panisch in Alinas Zimmer rannte. Immer wieder musste er feststellen, dass das alles kein böser Alptraum war. Alina war wirklich tot.
Als er eine Nacht aufwachte, war er so voller Energie, dass er sich nicht wieder zurück ins Bett legen konnte. Weder das stundenlange Bedienen im Restaurant noch die zwei Stunden Kickboxen hatten ihm sämtliche Energie herausgepresst. Sie sprudelte quälend durch seinen Körper und forderte, benutzt zu werden. Leise zog er sich an und ging nach draußen zu seinem Auto.
Er fuhr durch die Straßen. Rastlos und in Gedanken. Immer wieder verdrängte er den Schmerz, um nicht in Verzweiflung zu versinken. Seine Freundschaft zu Alina hatte seinem Leben einen Sinn gegeben. Sie war der kleine Sonnenschein, den er beschützen musste. Sie war die kleine Schwester, die ihn verrückt gemacht hatte. Sie war sein Engel. Der Mensch, der mit ihm enger verbunden war, als seine eigenen Eltern. In seinen Adern floss nicht nur ihr Blut, in seinem Körper arbeitete eine ihrer Nieren. Durch Alina hatte er ein zweites Leben erhalten. Vor acht Jahren war Alina als Kind schon eine Erwachsene gewesen. Sie hatte ihm ohne zu zögern geholfen. Und an diesem Tag war etwas in beiden geboren worden, was sie von unschätzbarem Wert erkannt hatten. Es gab kein ‚Du und Ich’ mehr, es gab ab da nur noch ein ‚Wir’.
Als auf einmal sein Auto mitten auf der Straße stehen blieb, betrachtete er das Lenkrad erst ein paar Minuten schweigend und verwundert. Dann kam ihm der Gedanke. Tank leer. Natürlich, er war bestimmt schon drei Stunden unterwegs. Er grinste sarkastisch. Wollte er nicht Energie verbrennen? Jetzt konnte er! Sein Haus lag etwa zehn Meilen entfernt. Das würde ein schöner Fußmarsch werden. Er schloss sein Auto ab und machte sich auf den Rückweg.
Nach einer halben Stunde kam ihm das erste Auto entgegen. Nach weiteren zehn Minuten fuhr das nächste an ihm vorbei. Danach kam lange Zeit erst mal wieder nichts und erst kurz vor den ersten Häusern des kleinen Vorortes hielt ein Auto neben ihm.
„Läufst du öfter nachts durch die Gegend?“
Chris Rücken verspannte sich. Der Typ hatte ihm gerade noch gefehlt! Er hatte sich seit zwei Wochen von ihm fern gehalten... Obwohl ihm bewusst war, wie unhöflich und kindisch es war, lief er weiter ohne etwas zu sagen.
„Chris, falls du es vergessen hast, ich bin es! Oliver. Der Typ, den dir Alina vor vier Monaten vorgestellt hat. Ich habe nicht vor dich zu vergewaltigen.“
Wütend drehte sich Chris um und starrte Oliver direkt in die stahlblauen Augen.
„Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest: Es ist mir scheißegal, was du vorhast oder nicht! Ich habe gerade einen Zehn– Meilen– Fußmarsch hinter mir! Du kannst mir glauben, ich bin nicht in der Lage mich jetzt mit dir anzulegen. Hau einfach ab!“
„So aggressiv! Mann, man könnte glatt denken, du hattest lange Zeit keinen Sex mehr!“
„Weißt du, ich habe nur meine Schwester verloren, weiter nichts. Okay? Lass mich in Frieden!“
Er stapfte wütend die Straße entlang und hasste sich dafür, dass er wollte, dass Oliver ausstieg ihn umdrehte und... Und was dann? Ihn ins Gesicht schlug? Ihn küsste? WAS? Was wollte er? Seine Gedanken spielten verrückt und sein Gehirn setzte einen kurzen Moment aus. Er stolperte und fiel hin. Mit dem Gesicht auf dem Boden und verwirrten Gedanken hörte er nur klappende Geräusche. Dann zogen ihn starke Arme hoch und eine Stimme murmelte irgendwas. Er konnte es nicht verstehen. Tiefe Schwärze überzog seine Augen, ein lähmender Schmerz pochte in seinem Kopf, seine Schläfen drohten zu explodieren und dann war alles nur noch still.
entweder sie war noch nicht wieder im internet, oder der große sturm kommt noch... hehehe ich hoffe sie schreibt balde mal weiter...
in diesem sinne
inas
Sein erschrockenes Gesicht sah lustig aus und dementsprechend laut lachte Alina auch.
>Du sollst die Welle über dir zusammen schlagen lassen! Komm! Ich tu’s doch auch!<
Alina zog ihn an der Hand ins Meer. Mit einem Grinsen watete sie tiefer hinein und blieb stehen, als das Wasser ihr bis zum Bauchnabel reichte.
>Bist du verrückt? Das ist gefährlich! Wir können ersaufen!<
Suchend schaute er sich um. Es war sieben Uhr in der Frühe. Kein Mensch, der bei Verstand war, ging um diese Zeit an den Strand. Es war Niemand da, der ihm helfen konnte.
>Vertrau mir! Wir können nicht ertrinken. Wir sind viel zu nah am Ufer. Und Falls es dich beruhigt, ich habe meinen Rettungsschwimmertest mit Bravur bestanden. Vertrau mir!<
Er wollte ihr vertrauen, aber sein Verstand wehrte sich dagegen.
>Hast du die Wellen gesehen?<
>Natürlich! Du hast keine Ahnung, was so eine Welle auf dein Leben auswirken kann! Deine ganzen Probleme werden dir in diesem einen Moment klar und du erkennst wie klein wir Menschen sind! Es ist wundervoll. Der Adrenalinstoß, wenn die Wassermassen über dich fluten. Die Kälte, die sich auf einmal in lauschige Wärme umwandelt. Es ist, als würdest du neugeboren.<
>Du bist verrückt!<
Alina war wie entrückt. Das Feuer in ihren Augen leuchtete glühend. Es war, als würde sie nicht von dieser Welt stammen.
>Ja! Ich bin verrückt! Verrückt nach dem Leben! Ich kann nicht sterben, Chris!<
>Wie bitte?<
>Ich habe mir vorgenommen, dass ich erst sterbe, wenn ich alles getan habe, was ich will. Ich kann jetzt noch nicht sterben. Wenn ich jetzt sterbe, muss ich mit dem da oben ein ernstes Wörtchen reden. Und das wird ihm nicht gefallen! Vertrau mir! Bitte, Chris!<
Wenn ihn Alina auf diese Weise anflehte, konnte er sich nicht wehren. Mit einem Seufzen und dem Wissen, dass er etwas falsches tat, nahm er ihre ausgestreckte Hand und grinste sie an.
Die nächste Welle war gewaltig. Kalte Angst stieg in ihm auf. Es war, wie Alina gesagt hatte. Als sich die Welle über ihnen aufbäumte, durchzuckte ihn ein Stoß Adrenalin. Der Stoff in seinen Adern gefror und rieselte langsam durch seinen Körper. Er spürte jeden einzelnen Tropfen der roten Flüssigkeit, spürte, wie seine Nerven sich erst anspannten und ganz langsam immer lockerer wurden. Die Welle stürzte mit Gewalt über ihnen zusammen. Er schloss die Augen, fühlte die Eiseskälte, bemerkte wie sie sich in brennend heißes Feuer verwandelte. Ihm wurde auf einmal so vieles klar. Wie klein waren die Menschen! Sie machten sich viel größer als es die Wirklichkeit zuließ. Es interessierte niemanden, ob gerade ein siebzehnjähriger Junge ertrank oder ob irgendein Star erschossen wurde. Nur die Verwandten und Freunde. All seine Probleme waren auf einmal so klein.
Als er die Augen wieder öffnete starrte er in Alinas glänzende Augen. Sie lächelte ihn glücklich an und sie wateten gemeinsam zum Ufer. Sie ließ sich noch vor dem trockenen Sand in das sanft gewellte Wasser fallen und blieb dort sitzen.
>Es ist jedes Mal ein Schock auf’s Neue, wenn Wellen über mir zusammen schlagen. Es ist so schockierend zu wissen, dass mein Leben in dem Moment nichts bedeutet. Wenn ich sterbe, will ich so sterben. Diese Gewalt der Wassermassen ist so.....erleuchtend, so beruhigend...<
Ihre Stimme hatte einen Unterton angenommen, den er niemals zuvor gehört hatte. Und niemals wieder hören sollte. Es kam ihm vor, als würde ein anderes Mädchen vor ihm stehen. So ernsthaft. Überhaupt nicht lebenslustig. Kleine Tränen rollten ihr über die Wangen. Er starrte Alina erschrocken und ängstlich an.
>Weißt du, woran ich gedacht habe, als die Welle gebrochen ist?<
Er schüttelte verwirrt den Kopf.
>Dass ich dich in Gefahr gebracht habe. Dass ich verantwortlich für deinen Tod sein könnte! Du hättest ertrinken können!<
Sie schluchzte in ihre Hände und erst als er sie in den Arm nahm, um sie zu beruhigen öffnete sie die Augen.
>Dann versprich mir, dass du das hier nie wieder machen wirst.<
Sie kuschelte sich an seine mittlerweile wieder trockene Brust und nickte mit dem Kopf.
>Ich verspreche es.<
>Gut. Weißt du, ich bin dir dankbar, dass du mir das gezeigt hast. Es war das aufregendste und ernüchterndste Erlebnis in meinem ganzen Leben. Aber ich will es nicht wiederholen. Es war auch ziemlich demütigend.<
Er setzte sich neben sie in das seichte Wasser und legte seinen Arm um ihre Schultern. Sie hatte noch ein paar Minuten gebraucht, dann war sie wieder die alte gewesen.)
Er musste grinsen. Nach dem Tag, hatte Alina nie wieder von Wellen gesprochen. Sie hatte ihr Versprechen nie gebrochen.
Noch während er in Erinnerungen in Spanien am Strand mit Alina war, hörten seine Ohren einen Krach, der nicht mit den Strandgeräuschen zu vereinbaren war. Langsam taumelte er zurück in die Wirklichkeit und erhaschte geschriene Wortfetzen.
„Sie war meine Tochter! Ich habe ein Recht auf ihre Sachen!“
Verwundert rappelte er sich auf und schlich die Treppe herunter. Im großen Wohnzimmer standen und saßen die Gäste rum und betrachteten interessiert die Szene zwischen seiner Mutter und Alinas. Die Frau musste schon einiges an Alkohol getrunken haben, denn ihr Gesicht war von roten Flecken übersät und ihre Haare unordentlich. Seine Mutter hingegen sah aus, wie die typische Geschäftsfrau. Ordentlich, elegant und ein Hauch von Vertrauenswürdigkeit. Sie stand vor der blonden Frau und betrachtete diese genervt.
„Ich habe Ihnen bereits erklärt, dass Sie kein Recht auf Alinas persönliche Sachen haben. Dieses Recht haben Sie mit Ihrer Einverständniserklärung zur Adoption verloren.“
Bevor die Frau noch einen weiteren Wutanfall bekommen konnte, nahm ihr Mann sie in den Arm und schickte Chris’ Mutter einen vernichtenden Blick zu.
„Sie ist immerhin ihre leibliche Mutter!“
„Ja! Und das ist alles, was sie ist. Die Frau, die den Spaß hatte und wenigstens noch den Anstand, dafür bis zu einem gewissen Grade die Folgen zu tragen. Das ist alles!“
Christopher sprang die letzten Stufen über das Geländer hinweg und stand vor seiner Mutter. Er war nicht gut gelaunt. Und dass die zwei sich jetzt aufspielten, machte ihn rasend. Er betrachtete das Paar mit einem mörderischen Blick.
„Chris, sie sind immer noch Gäste. Du kannst nicht so unhöflich sein!“
„Das ist mir scheißegal! Haben die sich etwa um die Etikette geschert, als sie Alina weggeben haben?“
Die Frau wimmerte und auch der Mann schien in sich zusammen zusacken, bei diesen Worten.
„Sie haben weder ein Recht auf Alinas Sachen, noch hier zu sein. Sie haben Ihre Tochter zur Adoption frei gegeben. Sie hatten den Spaß bei der Zeugung. Ich bin Ihnen dankbar, dass sie Alina zur Welt gebracht haben. Das ist aber auch schon alles, was sie zum Leben meiner Schwester beigetragen haben. Sie sind die Erzeugerfraktion. Meine Eltern dagegen sind Alinas Eltern. So einfach ist das Ganze! Und jetzt verlassen Sie bitte dieses Haus!“
Er lief mit schweren Schritten zur Tür und hielt sie auf.
„Sei nicht zu hart zu uns, Junge. Meine Frau war damals gerade siebzehn, als sie mit dem Kind schwanger war. Wir hatten keine andere Wahl!“
„Doch! Die hatten Sie. Sie hätten ‚das Kind’“, er spuckte die Worte aus „großziehen können und hätten bloß auf einige Annehmlichkeiten verzichten müssen. Alina auf jeden Fall wollte es so machen. Sie scheint nicht alle Ihre Gene geerbt zu haben!“
Das Paar verließ das Haus und Chris verzog sich wieder nach oben. Erst später, als alle Gäste gegangen waren, hörte er, wie seine Mutter an seiner Zimmertür klopfte.
„Mom, ich bin hier!“
Sie kam in Alinas Zimmer und setzte sich ihm gegenüber auf einen Stuhl. Auch sein Vater betrat das Zimmer, blieb allerdings in der Tür stehen.
„Was meintest du vorhin mit ‚Alina wollte es so tun!’?“
An seinem entsetzten Gesichtsausdruck konnten seine Eltern erkennen, dass er gar nicht beabsichtigt hatte, das zu sagen. Chris schluckte hart und holte tief Luft.
„Alina war schwanger.“
Seine Eltern tauschten einen Blick aus, der besagte, dass sie nichts anderes erwartet hatten.
„Wann wollte sie es uns sagen?“
„An dem Abend. Sie hat es mir den Abend vorher gesagt. Sie war sich nicht sicher. Sie wollte einen Test machen. Er war positiv. Sie hat mich kurz vor ihrem Unfall noch angerufen und gemeint, dass sie das Kind nicht weggeben würde. Egal, was ihr dazu sagen würdet.“
Seine Mutter senkte den Kopf.
„Wer war der Vater? Weiß er davon? War es dieser Oliver? Bist du es?“
„MOM! Ich habe nie mit Alina geschlafen! Und Oliver glaube ich auch nicht! Marc war der Vater. Ich weiß nicht, ob er es weiß! Wie kannst du glauben, dass Alina und ich.....?“
Er schrie seine Mutter normalerweise nicht an. Aber der Schock, dass sie ihn als eventuellen Vater von Alinas Kind in Betracht zog, war gewaltig.
„Alina war ein sehr hübsches Mädchen. Und ihr zwei... ihr ward dauernd zusammen. Ihr hättet ein Paar sein können. Außerdem hatte Alina viele Männer.“
„Nein, Mutter. Alina hatte viele Freunde und Verehrer. Sie hat nur mit zwei Männern geschlafen. Und überhaupt: Ich fasse es nicht, was für ein Thema wir haben! Lasst mich in Ruhe!“
Er verschwand durch die Schiebetür, die sein und Alinas Zimmer verband und schloss beide Türen ab. Es war wirklich ekelhaft, jetzt über ein so pikantes Thema zu sprechen. Gerade von seinen Eltern hätte er das nicht erwartet. Wütend drosch er auf seinen Boxsack ein und hörte erst damit auf, als er schweißüberströmt in die Knie sackte und sich nicht mehr rühren konnte.
Die nächsten zwei Wochen verbrachte er damit, sich in die Schule zu vertiefen. Abends ging er jobben und wenn er frei hatte trainierte er wie besessen und ließ seinen ganzen Frust am Boxsack oder den Bällen aus. Wenn er nach Hause kam, fiel er in sein Bett und schlief bis zum Weckerklingeln. Es kam vor, das er mitten in der Nacht aufwachte und sich Tränen aus den Augen wischte oder einfach nur panisch in Alinas Zimmer rannte. Immer wieder musste er feststellen, dass das alles kein böser Alptraum war. Alina war wirklich tot.
Als er eine Nacht aufwachte, war er so voller Energie, dass er sich nicht wieder zurück ins Bett legen konnte. Weder das stundenlange Bedienen im Restaurant noch die zwei Stunden Kickboxen hatten ihm sämtliche Energie herausgepresst. Sie sprudelte quälend durch seinen Körper und forderte, benutzt zu werden. Leise zog er sich an und ging nach draußen zu seinem Auto.
Er fuhr durch die Straßen. Rastlos und in Gedanken. Immer wieder verdrängte er den Schmerz, um nicht in Verzweiflung zu versinken. Seine Freundschaft zu Alina hatte seinem Leben einen Sinn gegeben. Sie war der kleine Sonnenschein, den er beschützen musste. Sie war die kleine Schwester, die ihn verrückt gemacht hatte. Sie war sein Engel. Der Mensch, der mit ihm enger verbunden war, als seine eigenen Eltern. In seinen Adern floss nicht nur ihr Blut, in seinem Körper arbeitete eine ihrer Nieren. Durch Alina hatte er ein zweites Leben erhalten. Vor acht Jahren war Alina als Kind schon eine Erwachsene gewesen. Sie hatte ihm ohne zu zögern geholfen. Und an diesem Tag war etwas in beiden geboren worden, was sie von unschätzbarem Wert erkannt hatten. Es gab kein ‚Du und Ich’ mehr, es gab ab da nur noch ein ‚Wir’.
Als auf einmal sein Auto mitten auf der Straße stehen blieb, betrachtete er das Lenkrad erst ein paar Minuten schweigend und verwundert. Dann kam ihm der Gedanke. Tank leer. Natürlich, er war bestimmt schon drei Stunden unterwegs. Er grinste sarkastisch. Wollte er nicht Energie verbrennen? Jetzt konnte er! Sein Haus lag etwa zehn Meilen entfernt. Das würde ein schöner Fußmarsch werden. Er schloss sein Auto ab und machte sich auf den Rückweg.
Nach einer halben Stunde kam ihm das erste Auto entgegen. Nach weiteren zehn Minuten fuhr das nächste an ihm vorbei. Danach kam lange Zeit erst mal wieder nichts und erst kurz vor den ersten Häusern des kleinen Vorortes hielt ein Auto neben ihm.
„Läufst du öfter nachts durch die Gegend?“
Chris Rücken verspannte sich. Der Typ hatte ihm gerade noch gefehlt! Er hatte sich seit zwei Wochen von ihm fern gehalten... Obwohl ihm bewusst war, wie unhöflich und kindisch es war, lief er weiter ohne etwas zu sagen.
„Chris, falls du es vergessen hast, ich bin es! Oliver. Der Typ, den dir Alina vor vier Monaten vorgestellt hat. Ich habe nicht vor dich zu vergewaltigen.“
Wütend drehte sich Chris um und starrte Oliver direkt in die stahlblauen Augen.
„Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest: Es ist mir scheißegal, was du vorhast oder nicht! Ich habe gerade einen Zehn– Meilen– Fußmarsch hinter mir! Du kannst mir glauben, ich bin nicht in der Lage mich jetzt mit dir anzulegen. Hau einfach ab!“
„So aggressiv! Mann, man könnte glatt denken, du hattest lange Zeit keinen Sex mehr!“
„Weißt du, ich habe nur meine Schwester verloren, weiter nichts. Okay? Lass mich in Frieden!“
Er stapfte wütend die Straße entlang und hasste sich dafür, dass er wollte, dass Oliver ausstieg ihn umdrehte und... Und was dann? Ihn ins Gesicht schlug? Ihn küsste? WAS? Was wollte er? Seine Gedanken spielten verrückt und sein Gehirn setzte einen kurzen Moment aus. Er stolperte und fiel hin. Mit dem Gesicht auf dem Boden und verwirrten Gedanken hörte er nur klappende Geräusche. Dann zogen ihn starke Arme hoch und eine Stimme murmelte irgendwas. Er konnte es nicht verstehen. Tiefe Schwärze überzog seine Augen, ein lähmender Schmerz pochte in seinem Kopf, seine Schläfen drohten zu explodieren und dann war alles nur noch still.
entweder sie war noch nicht wieder im internet, oder der große sturm kommt noch... hehehe ich hoffe sie schreibt balde mal weiter...
in diesem sinne
inas