AW: Ein Ort für die Philosophie in der Gesellschaft
Hallo Mongi,
danke für deinen Kommentar!
Ich glaube, dass man in ihm auch sehen oder zumindest nachvollziehen kann, was ich behaupte, nämlich dass das Desinteresse der Menschen an Philosophie nicht nur individuell ist, sondern auch gesellschaftlich organisiert.
Das beginnt schon beim Absehen von sich selber, das du thematisierst. Wobei ich aber nicht sagen würde, dass das kein spezifisches Philosophenproblem ist - und zwar deswegen, weil mit der Bewusstwerdung der eigenen Individualität alles Philosophieren beginnt. Erst dann spürt sich das Denken und kann anfangen, etwas zu denken.
Und jetzt sind aber die Leute sich selber derart entfremdet, spüren sich selber nicht und so viele schwere gesellschaftliche Wertungen lasten auf ihnen, dass sie es nicht schaffen, sich beim Malen ein eigenes Motiv auszusuchen, wie du berichtest.
Ich kann mir das gut vorstellen. Aber daran kann man diesen Menschen selber gar nicht die Schuld geben, denn es lastet auf ihnen ein solch ungeheurer gesellschaftlicher Druck, den man nur wegerklären kann, weil er unsichtbar ist. Man sieht ja nur den Menschen mit seinen Händen und Füßen und wie er sich bewegt - und warum tut er nichts anderes als das, was er tut? Das ist die populäre "Philosophie des Handelns", die das Gesellschaftliche ausblendet und gegen die Pierre Bourdieu gekämpft hat.
Nun, der Mensch tut deswegen nichts anderes - z.B. im Malkurs - als das, was er tut, weil er unzählige Male gehört hat, dass man dieses so macht und jenes so (Loriot hat diese bürgerlichen Verhaltensvorschriften in seinen Sketches humorvoll aufgearbeitet.) und weil er natürlich in ein ganzes Netz von unmittelbaren Abhängigkeiten verstrickt ist.
Deshalb: Der Mensch um die 40, der eine Familie mit zwei kleinen Kindern hat, ein Haus baut und deshalb Schulden hat und dafür wiederum seinem Chef gegenüber brav sein muss, damit ihn der nicht raushaut und alles zusammenkracht, der steht unter einem solchen Stress, dass er normalerweise für eine philosophische Kommunikation völlig unerreichbar ist.
Deshalb sind ältere Menschen ein besseres Zielpublikum für philosophische Kommunikationen. Diese Menschen, die merken: Bis jetzt war mein Leben nicht besonders toll und jetzt ist es bald aus! - entwickeln bisweilen die Motivation, über sich selber nachzudenken: Mein Leben, was hätte das eigentlich sein (oder werden) sollen?
Doch auch hier zeigt sich eigentlich: Es ist nicht so sehr das inviduell Verschiedene, das die Beschäftigung mit Philosophie erklären könnte. Sondern es ist ein heftiger existentieller Notstand (du nennst es Midlife Crisis) nötig, um sie mal so weit aus ihrer gesellschaftlichen Verflochtenheit rauszulösen, dass manche von ihnen unter Umständen damit anfangen, sich mit dem zu beschäftigen, was sie beschäftigt - also zu philosophieren.
So sieht das zumindest
philohof