AW: Ein Ort für die Philosophie in der Gesellschaft
Hallo EarlyBird,
beim Individuellen sind wir ganz einer Meinung!
Wenn das ein wirklich ein persönlicher Bekannter von mir ist, der mir viel wert ist und auf den ich zähle, dann würde ich mich wohl auch von ihm verraten fühlen.
Aber:
Ich weiß ja nicht, wie ich damit umgehen kann. Vielleicht können mir die anderen dabei helfen?
Du scheinst alle sozialen Beziehungen zu leugnen, EarlyBird, und an ihrer Statt persönliche Beziehungen anzusetzen.
Bist du nicht bereit anzuerkennen, dass man zum Busfahrer, zur Bäckereiverkäuferin, zu den Lehrern in der Schule, zum Rauchfangkehrer und zu den meisten Leuten sonst keine individuellen und persönlichen Beziehungen hat, sondern soziale. D.h. man beurteilt sie ziemlich oberflächlich und von außen.
Und das gilt ja selbst für entferntere Freunde oder ehemalige Schul- oder Studienkollegen. Auch zu ihnen hat man nicht wirklich eine persönliche Beziehung, weil sie meistens eine Familie gegründet haben und andere Freunde haben, die ihnen näher stehen.
Über diese Art von Beziehungen also rede ich, die es für dich gar nicht zu geben scheint.
Und hier habe ich ein gutes Beispiel gehört von einem mir bekannten praktischen Philosophen. Er sagt, dass es einen Unterschied macht, ob er sich unbekannten Personen vorstellt mit
"Manfred R., Philosoph" oder
"Manfred R., Atomphysiker".
Das erstere klingt in unserer Gesellschaft eben doch ein bisserl lächerlich.
(Und wie es zu solchen gesellschaftlichen Bewertungen kommt bzw. wie von unserer Seite als Philosophen mit ihnen umzugehen ist, das ist doch, glaube ich, Thema hier oder gehört zumindest wesentlich dazu.)
Und hier darf man nun eben NICHT auf die individuelle Ebene wechseln, indem man z.B. sagt: "Jemand, der einen Philosophen lächerlich findet, ist selber ein oberflächlicher Mensch und nicht ernst zu nehmen!" (Also du würdest hier auf die invididuelle Ebene wechseln.)
Man darf das nicht machen, weil man in dem Fall aus einem gesellschaftlichen Sachverhalt einen individuellen machen würde. Aber solche gesellschaftlichen Bewertungen existieren. Und wir alle richten uns nach ihnen, egal, ob wir uns ihnen anschließen oder gegen sie opponieren.
Glaub mir, EarlyBird - ach, es ist fast phantastisch, so etwas tatsächlich auszusprechen, aussprechen zu müssen - die Gesellschaft gibt es! Sie existiert wirklich!
Liebe Grüße
philohof