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Drohender Verlust der Anima

Herr Lehmann

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9. August 2006
Beiträge
3
Nach einer Trennung bin ich langsam dabei, mein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Ich habe begonnen, mich mit spirituellen Dingen zu beschäftigen und so auch einen neuen Zugang zum Leben erhalten. Ich bin auch zum Teil unkonventionelle Wege gegangen. So weit, so gut. Nur habe ich das Alte natürlich noch nicht abgeschlossen. Für mich war meine Exfreundin meine Traumfrau - und sie ist es irgendwie immer noch, auch wenn wir nun über ein halbes Jahr getrennt sind.
Ein Psychologe sagte mir, dass damit zusammenhängt, dass sie praktisch meine Anima darstellt. Mit ihr wurde das zur Realität, was der "weibliche Teil" meines Körpers will. Deshalb war es für mich auch die perfekte Beziehung. Leider schlitterte ich in der Beziehung schon in eine seelische Krise. Damals habe ich noch nicht gewusst, wie ich damit umgehen soll, heute wüsste ich es. Doch diese seelische Krise hat dazu geführt, dass sich ein Teil von mir von ihr entfernte. Das geschah für uns beide unbewusst. Das war wahrscheinlich auch die Ursache, warum sie sich gelöst hat, obwohl sie sich in der Beziehung sehr wohl gefühlt hat.

Mein Herz ist mit ihr noch verbunden, doch ich gehe jetzt ganz bewusst meinen eigenen Weg. Allerdings sollte ich aufpassen, meine Anima nicht zu verlieren. Im Unterbewusstsein passiert in der Beziehung oftmals der Fehler, dass man einen Teil von sich im anderen projiziert. Und der andere merkt plötzlich, dass er eine Rolle übernehmen soll, die er nicht kann. Es ist wichtig, die Anima in sich selbst wachsen zu lassen, das ist eine Weiterentwicklung in jeder Hinsicht. Hat jemand damit Erfahrung, wie man das am besten macht? Für Ratschläge wäre ich dankbar.
 
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AW: Drohender Verlust der Anima

Hallo lieber Herr Lehmann.

Die Anima ist nicht nur der weibliche Teil (i.S.v. weiblichen Eigenschaften), sie stellt die Gefühlswelt und das Körperliche dar. In der Traumdeutung beschreibt man sie meist als das Kleine, das Verletzliche, das Fühlende. „Verlieren“ kann man die Anima nicht. Man kann sie nur mehr oder weniger gut einmauern. Einmauern ist hier nur die Versinnbildlichung von Schutzmechanismen des ICH´s, wobei Unerträgliches oder aus einem anderen Grunde Abgetrenntes in unbewusstere Teile des Verstandes verschoben und dort gespeichert werden. Verloren geht nichts.

Sich von der Anima zu trennen (im Kindesalter oder bei traumatischen Erlebnissen später), kann auf sehr viele verschiedene Arten geschehen, sich auch in einer Art Charakterstruktur in dir dauerhaft festsetzen, wenn du das genauer erforschen willst, wir dir das dein Psycho vielleicht auch nach und nach offen legen können. Sicher ist, dass du dich von deiner Partnerin abhängig machst, wenn du deine Gefühlswelt über sie auslebst, indem du beispielsweise deine Verletzlichkeit, Schwäche usw. von dir trennst, auf sie projizierst und über sie auslebst. Ein Mensch ist nur gesund, wenn sein Körperliches „fließt“, das bedeutet im Bezug auf die Gefühlswelt, dass jedes Gefühl möglichst unmittelbar und ungebremst ausgelebt wird. Auf körperlicher ebene sogen Muskeln, Nervenbahnen und Blutzirkulation dafür, dass das Gefühl „transportiert“ wird. Entstehen dort Behinderungen, kann das halt auch auf somatischer Ebene Probleme (Symptome) ergeben. Daher ist Gefühlsausdruck wichtig. Die eingemauerte Gefühlswelt selbst, erreichst du über den bewussten Verstand nur mittelbar, das bedeutet, dass du eine Reihe von Hilfsmitteln als eine Art Dolmetscher verwenden musst. So wie das unbewusste, mit dir über deine Träume oder deinen Körperausdruck und krankheiten nur symbolisch redet, so symbolisch oder auf verschiedenen scheinbar unlogischen Ebenen, kannst du das unbewusste selbst erst erreichen. Deshalb verwendn Menschen, die sich mit Spiritualität beschäftigen so blumige Worte wie „du musst dich selbst lieb haben“. Das ist die Sprache des Körpers, der Gefühlswelt, der Anima.

Meiner Meinung nach kann man nicht „nur den weiblichen Teil“ abtrennen. Das betrifft dann stets ALLE Gefühle, also nicht nur die "guten", auch die unangenehmen, wobei meist irgendetwas (mehreres) so eine Art Hauptdeckel bildet, was auch darunterliegende Gefühle mit unterdrückt. Genaues müssten dann psychoanalytische Arbeitsweisen ergeben, wenn gewünscht.

Das Buch „Aussöhnung mit dem Inneren Kind“ von Chopich/Paul könnte dir hier vielleicht erste Anregungen geben, der Prozess, die Gefühlswelt wiederzuentdecken, ist allerdings auch mit mehr Körperlichkeit verbunden, mehr Bewegung, mehr bewusster langsamer Bewegung...usw. das Feld ist endlos. Ich vermute, du leidest unter den Depressionen, die seit der Trennung deutlich spürst, auch schon länger, nur damals waren die nicht so spürbar. Die Bewältigung denes jetzigen Kummers würde dir damit vermutlich auch im vergleich zu vor deiner Freundin, mehr Lebendigkeit schenken. Die Depression geht übrigens meist von selbst "weg", wenn die Gefühlswelt rücksichtsvoll behandelt wird. Der Schutzpanzer ist weg. Tränen gibt das allerdings auch.

Direkt drohend ist da m.E. nichts, es ist eine neue Dimension von Lebendigkeit, die dir offen steht. Ich würde also hier diesen Schicksalsschlag nutzen, um einfach mal zu entdecken, wie schön die Welt ist, wenn man die „Weiblichkeit“ mit integriert...keine Angst, das Männliche geht dadurch nicht verloren. Allenfalls die Koketterie des Männlichen wirkt dann kitschig.

Viele Grüße
Bernd
 
AW: Drohender Verlust der Anima

Hallo Bernd!

Danke für deine ausführliche und sehr genaue Antwort auf meine Frage. Sie ist für mich mehr als eine Anregung und ich merke eigentlich, wie es mir von Tag zu Tag besser geht. Es ist auch gut wissen, dass nichts verloren gehen kann, sondern nur irgendwo eingemauert wird. Das hilft, seinen Weg weiterzugehen, ohne dabei das Gefühl haben zu müssen, dass eine Seite zu kurz kommt. Ich spüre, dass ich in vielerei Hinsicht eine Entwicklungsstufe durchmache, die mich hoffentlich – wie prognostiziert – auf einen höheren Grad wie bisher bringt.

Schade nur, dass ich das alles nicht mit meiner Ex machen kann - manchmal bin ich sogar schon soweit, dass ich sage, schade nur, dass sie das nicht mit mir machen kann. Ich denke, da entgeht ihr einiges. Übrigens finde ich dieses Forum als Neuling sehr gut. Ich bin zufällig darauf gestoßen, bei einer Internet-Recherche (als freiberuflicher Journalist stöbere ich immer die verschiedensten Themenkreise durch). Ich hoffe, dass sich noch interessante Gesprächsrunden ergeben.

Liebe Grüße

Herr Lehmann
 
AW: Drohender Verlust der Anima

Hallo Herr Lehmann,

ich bin auch auf dem Weg der Spiritualität unterwegs und mache eine Entdeckung nach der anderen. Das ist wirklich sehr spannend!
Sei nicht so traurig wegen deiner Freundin, nicht jede Beziehung ist für die Ewigkeit gedacht, das muss man einfach akzeptieren!
Irgendwann stellst du vielleicht fest, dass es ganz gut war - auch, wenn das jetzt gewiss kein Trost für dich ist.
Es ist auch nicht gesagt, dass sie, wäret ihr noch zusammen, auch für deine "Neuentdeckung" Spiritualität bereit wäre.
Manche nervt das nur furchtbar!
Du kannst aber ein Gefühl der Verbundenheit mit allen und allem entwickeln, das schwer, eigentlich gar nicht zu beschreiben ist.
Jedenfalls ist es dabei egal, ob der andere haargenau so tickt wie du.

Viel Glück für dich!
Fortuna
 
mit geduld und selbstliebe

Es ist wichtig, die Anima in sich selbst wachsen zu lassen, das ist eine Weiterentwicklung in jeder Hinsicht. Hat jemand damit Erfahrung, wie man das am besten macht?
mit viel geduld und selbstliebe (wie auch bernd schon sagte).

lieber herr lehmann,
finde ich total toll, dass du so offen über dich sprichst. sehr mutig!
und aus meiner sicht auf jeden fall eine gute möglichkeit, deiner anima näher zu kommen.

gerade heute las ich: "Es ist nicht so, dass man in Liebe fällt, sondern man lässt sich fallen. Die Bereitschaft sich zu verlieben ist großteils ein unbewusstes Phänomen. Doch kann in der Anfälligkeit des Menschen, sich zu verlieben, auch eine inner Not gesehen werden. Unruhe und Missfallen an sich können oft Voraussetzungen sein, um sich zu verlieben. So ist die Liebe ein Versuch, zu genesen. Ein ursprüngliches Streben nach Selbstvervollständigung.
Doch ein gewisses Maß an Selbstliebe ist unumgänglich, damit man einen anderen wirklich lieben kann. "

irgendwie finde ich das hier sehr passend.
so gewissermaßen "Liebe dich selbst, dann ist es egal, wen du heiratest".

alles liebe dir
kathi :)
 
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AW: Drohender Verlust der Anima

Hi Fortuna,

zum Thema des Threads kann ich mich nicht äußern,das ist mir alles zu fremdartig.
Aber Du hast schon öfter von Deiner spiritualität berichtet und wie sie Dir im Leben hilft.
Nun will ich hier nicht länger stören, bitte Dich aber, auf mein Anliegen in einem neuen thread, den ich jetzt eröffnen werde, einzugehen.

Herzliche Grüße von Claus
 
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