Links ist Rechts und umgekehrt
Ich hab den Satz auch schon mal gehört, weiß jetzt aber auch nicht, von wem der kommt. Vor allem weiß ich gar nicht, was er bedeuten soll: daß es quasi ein Naturgesetz wäre, mit fortschreitendem Alter und gesellschaftlicher Etablierung immer "bürgerlicher" zu werden, bis man sich in ultrakonservativem Besitzstandsdenken wiederfindet?
Wenn "extrem rechts" zu sein dagegen bedeutet, nationales oder völkisches Gegankengut zu hegen, kippt ein großer Teil der gegenwärtigen "Linken" ganz gehörig nach extrem rechts oder war von der extremen Rechten nie klar zu unterscheiden. Auf beiden Seiten die selbe Chose: militante Antibürgerlichkeit; der Haß auf die individuellen Freiheiten, die bürgerliches Selbstverständnis bedeuten. Statt solche Freiheiten für alle einzufordern, wurde der radikale Umsturz proklamiert.
Ein historisches Beispiel aus "Roter Wedding", Text von Ernst Busch nach Erich Weinert:
Heute gibt sich die "Linke" nicht mehr kämpferisch, sondern überwiegend pazifistisch. Im Widerspruch dazu wird jedoch jedwede Gewaltaktion von sogenannten "Befreiungsbewegungen" begrüßt, solange sie nur irgendwie gegen die angebliche Gleichmacherei des "westlichen Imperialismus" geht. Der Multikulturalismus der "linken" Globalisierungsgegner insistiert darauf, daß Völker bzw. Kulturen ihre "Identität" bewahren sollen. Problematisch wird das vollends für die Migrationspolitik. Statt eines freien Miteinander von Menschen wird die künstliche Abgrenzung partikularer Gruppierungen gepflegt. Solche gutgemeinte Toleranz denunziert jedoch jede tatsächliche Integrationsbestrebung: der "Fremdarbeiter" (O. Lafontaine) soll gefälligst fremd bleiben. Aber Monsieur Lafontaine hält es ja auch für einen ganz alltäglichen Vorgang, wenn jemand von der Linkspartei zur NPD geht oder umgekehrt...
Yep, in Deutschland nennt man das "Salonkommunismus". Es ist ja nicht zu vergessen, daß Intellektuellen wie Marx (oder auch Adorno
) der revolutionäre Aktionismus eher abging, kommunistisches Manifest hin oder her. Das eine ist, den gesellschaftlichen Zustand im Kapitalismus zutreffend zu analysieren - das andere ist, posthum von revolutionärer Gewalt ideologisiert zu werden.
Die ebenfalls "linke" europäische Sozialdemokratie war dagegen stets bloß reformistisch. Heute sind ihre Ziele - Arbeiterbildung, zumutbare Arbeitszeiten, für einen gewissen Wohlstand ausreichendes Einkommen - zwar weitgehend verwirklicht, der Schlüssel dazu war jedoch ein ganz und gar nicht "linker" Gedanke: der Schutz des Privateigentums, letztlich die Abschaffung des Proletariats.
Musik? Da bin ich auf beiden Ohren mit Blindheit geschlagen *loool*
Nein, Scherz beiseite: hier ein sehr ausführlicher Artikel des Komponisten Claus-Steffen Mahnkopf zum Thema, warum die zeitgenössische Musik letztlich völlig unpolitisch ist: http://www.nmz.de/nmz/2003/12/feature-mahnkopf.shtml
Viele Grüße, Thorsten