• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Auf Thema antworten

AW: Die Metapher


Nun, das von mir angestrebte Thema, die Metapher bei Marcel Proust, verschiebe ich nochmals, weil ich deine nicht ganz so deutlich ausgesprochen  Frage, Jérôme, nach der Einordnung des Themas unter Philosophie, gerne versuchen möchte zu beantworten. 


Doch in erster Linie möchte ich dir für deinen Beitrag danken und werde auch einiges zu deiner Feststellung  sagen:



Es ist eigentlich  primär nicht Marcel Proust der mich   veranlasst hat nur sehr en passant, also immer wieder sporadisch über das Thema nachzudenken, sondern die Naturwissenschaften die einerseits sich sehr oft der Metaphern bedienen – aber auch Quelle für   Metaphern sind   die ausgeliehen, auf andere Bereiche übertragen werden. 


Ich erwähnte am Anfang das Virus welches  so häufig in der Metaphorisierung benutzt wird – eigentlich eher seit den 11.9  bzw. dem Verschicken von Umschlägen mit dem Anthrax-Erreger.   

Hauptsächlich ist es die Politik die sich so häufig der naturwissenschaftlichen Terminologie bedient um u.a. Bedrohungen und terroristischen Szenarien ein besonderes Gewicht zu verleihen. Natürlich wäre da auch über den Anteil nachzudenken die den Journalisten zuzuschreiben ist, wie es Jérôme schon erwähnte wäre auch die Metapher im Journalismus ein interessanter Aspekt. Dabei wird das Virus durch die häufige Thematisierung und auch Ausschmückung eine Art Konstrukt, bekommt Eigenschaften die das Wort dann wieder mehr oder weniger  verfremden.


Doch jetzt zu diesem zweiten Aspekt der Metapher und den  Naturwissenschaften – denn seinerseits bedienen  sich  auch diese gerne dieses Mittels – und man fragt sich warum das so ist. 

Vielleicht geschieht dies um überhaupt schwer zugängliche Bereiche einem breiten Publikum eher verständlich  zu machen? Denn es sind insbesondere  die Genetik bzw. die Molekularbiologie die sich oft Metaphern bedienen, naturwissenschaftliche Gebiete die sich erst im letzten  Jahrzehnt so rasant entwickelt haben und so speziell sind, dass sie oft nicht leicht verständlich sind - vielleicht ist dies der Grund  so oft zur Metapher zu greifen.

  

Ein schönes Beispiel  ist  diese Differenzierung zwischen "entziffert" und "entschlüsselt" – etwas präziser erklärt: 

Es wurde darauf hingewiesen seitens  der Genetiker, dass das Genom als "entziffert" betrachtet  werden kann weil die chemische Struktur nun bekannt sei, aber erst wenn auch alle Funktionen vollständig  erforscht wären, könnte man sagen, dass das Genom auch "entschlüsselt" sei.

 

Wir denken über solche Begriffe zu wenig nach, wissen eigentlich dadurch was gemeint ist und bemerken erst später, dass es sich dabei um  übertragene Begriffe handelt und zwar Metaphern - und diese Worte dadurch  mehr bedeuten  als ein einfacher Vergleich. 


Aus anderen Bereichen bedient sich die Genetik auch wenn sie über genetischen Code oder Codierung spricht, oder über Translatieren  und Transkribieren.


 (Aus Wikipedie: Als Transkription wird in der Genetik die Synthese von RNA anhand einer DNA als Vorlage bezeichnet).

 In diesem Falle handelt es sich  um Ausdrücke deren  Herkunft  einerseits in der Nachrichtentechnik zu finden ist - zum Teil auch  intermenschliche Kommunikation allgemein bezeichnen.  


 Ein anderer schöner Begriff der Biologie ist die Chimäre. Der Mythologie entnommen, bezeichnet die Chimäre in den Naturwissenschaften einen  Organismus, dessen Zellen sich von mindestens zwei genetisch verschiedenen Zelllinien  herleiten lassen. 


Das sind nur einige wenige  der vielen Metaphern die in den Naturwissenschaften heute völlig integriert sind. 


Nun zur Frage ob unter diesem Aspekt das Thema unter Philosophie tatsächlich seinen richtigen Platz hat. Am Anfang  war ich mir darüber auch nicht ganz sicher, aber je mehr ich darüber gelesen und manchmal sogar nachgedacht(!) habe,  findet die Metapher tatsächlich  hier ihren Platz. 

Denn die häufige Benutzung der Metaphern - nun speziell über Naturwissenschaften sprechend, hat auch einen philosophischen Aspekt. 

Man warf einerseits den Naturwissenschaftlern nun vor, dass  der  Gebrauch dieser Art von Sprache die eigentlichen Inhalte zum Teil verfälscht  oder vernachlässigt und sich zu sehr auf die Terminologie, auf das Phänomen der Sprache konzentriert. Als Folge wurde aufgezeigt, dass sogar aus fachwissenschaftlicher Sicht  Missverständnisse bzw. Fehler  entstehen. 

Also könnte man auch sagen, dass für viele dieser Missverständnisse die Metapher als Transportmittel diente.  

 

Doch zweitens – und das scheint mir der gravierende Punkt zu sein  – entstanden dadurch auch moralische Bedenken gegen die Inhalte der Gentechnik. Und so kehrt man mehr oder weniger zu dieser  überholten Ansicht zurück, dass  der Mensch in den Naturwissenschaften nur das Vorhandene zu entziffern, zu entdecken hat – und nicht auch zu entschlüsseln oder zu erfinden. 

 Bedenklich und gefährlich scheint diese Auffassung weil dahinter leicht eine andere Aussage zu erkennen ist:  die Welt und der Mensch sind Gottes Schöpfungen und der Mensch  habe nicht das zu entschlüsseln was Gott verschlüsselt hat.


Doch nicht nur die Gegner, sondern auch die Befürworter der Gentechnik-mit-jedem-Preis denken an Hand ihrer Vergleiche die bis zu ungültigen Metaphern reichen, oft erstaunlich   ungenau also unwissenschaftlich. 


Wieder ein viel zu langer Beitrag - mir fehlt nun die Metapher dafür - vielleicht Lindwurm?


Salutations


Miriam  

 




Zurück
Oben