Hi Claus, auch mir ist eine Dame bekannt, Perserin, die vom Islam zum Christentum konvertiert ist; sie mußte die Konversion vor ihrer Familie geheimhalten. Einmal war ich sogar mit auf einer Feier ihrer Familie. Das ist für sie eine ausgesprochen heikle Angelegenheit - es darf halt niemand aus der Familie erfahren, daß sie Christin ist, obwohl diese Familie schon sehr gemässigt und assimiliert ist.
Dennoch ist absolutes Mißtrauen ein schlechter Berater, es bleibt ambivalent:
Dieser Tage sind es nun gerade Vertreter von Muslimverbänden, die zu Mahnwachen für die im Irak entführte Susanne Osthoff aufrufen. Will man denen jetzt unterstellen, sie hätten bloß nasse Füsse, und wenn es soweit ist, treten sie doch dem internationalen Djihad bei?
Noch ein paar Worte zu Al-Dschasira.
Jérôme, Du zeigst in aller gebotenen Kürze auf, was man zum "Fall" Al-Dschasira einigermassen zuverlässig sagen bzw. auch aus den hiesigen Medien in Erfahrung bringen konnte, wobei Du auch die Grenzen zur blossen Behauptung zeigst. Dennoch dürfte die politische Bedeutung von Al-Dschasira - "Propaganda" hin oder her - noch wesentlich komplexer sein, nicht nur aufgrund einer prekären Lage der Medienfreiheit. Es ist ja unsere große Schwierigkeit, daß wir uns @Nahost-Konflikt fast stets darauf verlassen müssen, was andere über andere sagen - ob das nun Medienberichte oder Erzählungen von Reisenden oder Augenzeugen sind - oder kann einer von uns hinreichend arabisch, um wenigstens zu verstehen, was da im Fernsehen wirklich geredet wird, wie der Auftritt etwa eines israelischen Politikers kommentiert wird? Das Bild wird nie vollständig sein - und das ist gerade die Chance propagandistischer Medien hüben wie drüben. Und Al-Hurra bekommt bald Konkurrenz. Mal sehen, was daraus wird.
Übrigens strahlte Al-Dschasira jüngst Gerhard Schröders Appell an die Osthoff-Entführer aus. Vielleicht kommt dadurch auch da etwas Bewegung in die Sache.
Und heute soll im Irak nun das ordentliche Parlament für die nächsten vier Jahre gewählt werden.
Jérôme, wenn ich einmal spekulieren darf: Worüber würden wir wohl heute diskutieren, wenn es diesen Krieg nicht gegeben hätte? 
Saddam Hussein wäre wahrscheinlich in alter Frische im Amt, und würde, ebenfalls von Putin gestützt, den militärischen Schulterschluß mit dem iranischen Präsidenten erproben. Wie sähe die Welt dann wohl aus.
Beste Grüße, Gaius