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AW: Die Ideale der Aufklärung zu Zeiten des Internets


Die meisten Antworten zielen darauf ab, wie "Menschen" oder "der Mensch" ist uns ich durch das Internet verändert oder nicht.

Wir haben es aber gerade im Internet nicht mit Menschen zu tun, sondern mit Konstruktionen von Personen, vermittelt durch Kommunikation. Wir können also nur Kommunikation beobachten und sehen wie diese sich verändert - und bezogen auf die Ausgangsfrage, wie und ob darin Ideale der Aufklärung repräsentiert werden.

Vom Individuum aus betrachtet, ermöglicht das Internet, sich neu zu erfinden - egal ob mit oder ohne Klarnamen. Da die meisten Individuen sich für vernünftig und aufgeklärt halten, können sie ihre Ansicht von Vernunft fast ungefiltert publizieren. Dabei werden die in der realen Welt üblichen Selektionskriterien für Kommunikation entweder ausgehebelt oder verschoben. Daher hinkt auch der Vergleich mit Büchern und anderen Medien, da sie a) nicht interaktiv sind und b) in den Augen der Allgemeinheit "abwegige" oder "abstruse" Vorstellung von Wahrheit und Moral viel stärker ausgefiltert werden.

Beispiel für Wahrheit:

- Verschwörungstheorien gab es schon früher. Erst durch das Internet erreichen sie aber die Prominenz, so dass auch professionelle Medien andauernd auf sie reagieren müssen - und sei es nur als "Phänomen" des Internets. Nun folgt auch das Fernsehen und sendet Dokus über Verschwörunmgstheorien und ihre "Widerlegung"

Moral:

- Amokläufer gab es schon früher. Amokläufer sind in der Regel asoziale, isolierte, marginalsierte Einzelgänger. In oft jahrelangen Schläferphasen bereiten sie sich auf ihre Wahnsinnstat vor. Das Internet hilft ihnen dabei, so dass es, laut der Publizistin Ines Geipel zu einer regelrechten "Schule des Amoklaufs" kommen konnte. Das Beipiel Breivik verdeutlicht, wie der Täter in seiner subjektiven Realitätskonstruktion den Wahnsinn als Notwehr und damit Vernunft konstruiert. Das Internet half ihm dabei, seine bizarre Argumentation über die Jahre zusammenzutragen und auszutauschen.

Diese Beispiele dienen nicht der VErteufelung, sondern legen nur das Augenmerk auf die eigene "Qualität" von Internetkommunikation. Vernunft und Moral zeigen sich mehr denn je nicht als absolute Werte, sondern als Konstruktionen, die umso mehr unter Veränderunsdruck geraten, als sich Individuen im Internet neu erfinden können, sich sozialen Sanktionen entziehen können und somit den Raum für Definitionen von Vernunft und Wahrheit so erweitern können, dass am Ende sogar der Eindruck von totaler Beliebigkeit entstehen kann.


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