AW: Die hohe Bindekraft des Negativen
Dieser anthropologische Erklärungsversuch befriedigt nicht ganz. Weil es ja auch den positiven Kick gibt. Zur Jagd gehörte das Jagdfest. Zu jeder Trauer das Fest derjenigen, die überleben. Man könnte also auch den positiven Kick suchen.
So war es vielleicht in den 60ern (Flower Power etc.) hier hat sich gesellschaftlich offensichtlich etwas verändert.
Zeilinger:
Ich kann mir einen Zusammenhang mit Aufklärung durchaus vorstellen; wenn man ihn vielleicht zur "Überaufklärung" macht.
Die Aufklärung unterlag schon dem Irrtum, Kommunikation diene dazu, sinnreiches Wissen weiter zu geben. Das Mediensystem generiert die Illusion, ein sinnvolles Bild der Wirklichkeit abzugeben. Beide irrten.
Kommunikation dient vom Sicht des Individuums dazu, Gemeinschaft herzustellen. Dazu braucht es Identifikation, z.B. über gemeinsam erlebte Ereignisse oder gemeinsam gehörte Ereignisse über die geredet werden kann.
Die Massenmedien nehmen uns das gemeinsame Erleben/Erzählen ab.
Vielleicht muss der Verlust des persönlichen Erlebens komensiert werden durch eine Sensationalisierung der Nachrichten?
Jedenfalls hat das Mediensystem mit der Zeit eine Eigendynamik entwickelt, die größtenteils selbstreferentiell arbeitet: Nachrichten über Nachrichten im Anschluss an Berichtetes. Es ist die Wirklichkeit der Massenmedien.
darum geht es mir nicht. Hier nochmals zwei Punkte meines Eingangspostings, auf die m.E. noch nicht genug eingegangen wurde:
- Ist es so, dass die Dynamik der negativen Kommunikation uns zwingt, die Welt negativer zu sehen, als sie ist? Könnt ihr das z.B. bei euch feststellen? Wenn z.B. die Nachrichten aus 10 Minuten Libanon+Irak bestehen und das dann die Realität sein soll...bleibt das ohne Folgen, selbst wenn man sich für "aufgeklärt" hält?
- Worin liegt der Nachteil positiver Kommunikation gegenüber negativer? Es geht nicht um den Gegensatz von In Ordnung/Katastrophe Sondern warum es schwieriger ist, den Nachbarn zum Wein einzuladen statt sich bei ihm zu beschweren? Warum findet man mit dem Kollegen am Arbeitsplatz schneller ein Meckerthema als ein Freuthema?
Warum dürfen Nachrichten pessimistisch oder "kritisch" eingefärbt sein, gilt aber Euphorie als "unseriös"? Hängt das auch mit dem Ideal des ewig "kritischen" Geistes zusammen? Eine gerunzelte Stirn ist neutral, aber ein Grinsen ist schon Anbiederung?