Liebe Limea!
Ja, selbstverständlich. Wenn ich nicht weiß, ob etwas nicht vielleicht richtig oder wenigstens akzeptabel ist, welches Recht hätte ich, mich dagegen auszusprechen oder etwas dagegen zu tun?
Nun, das musst du in jedem Einzelfall selbst entscheiden.
„Angehen gegen“ bedeutet für mich NUR IM AUSNAHMEFALL Gewalt! Ja, den prügelnden und tretenden 10-jährigen, der dem unter ihm liegenden Kameraden fast die Luft abdrückte, würde ich „mit Gewalt“ zu hindern versuchen. Er würde den Anderen schädigen; deshalb hielte ich das, was er tut, für falsch.
Gegen die Gewalt von Schülern kann man „angehen“, indem man sich ihrer annimmt, mit ihnen arbeitet, mit ihnen spricht, ihnen Alternativlösungen für Konflikte eröffnet.
Das kann ich nur, wenn ich sage: Schlagen und Treten sind schlechter als Reden und etwas Gemeinsames versuchen.
In vielen Fragen kann man NICHT sicher sein, was richtig oder akzeptabel ist und was nicht mehr; da bemühe ich mich dann, im Urteilen (und ganz bestimmt im Handeln) um größtmögliche Zurückhaltung.
„Angehen gegen“ heißt aber vor allem: Versuchen, nicht im EIGENEN Handeln allzu viel Falsches zu tun – nach bestem Wissen und Gewissen zu entscheiden. Hat das Gewissen keine Maßstäbe?
Und manchmal ist es schwierig zu entscheiden. Sage ich dem Kranken die Wahrheit oder täusche ich ihn...?
Möchtest du nicht auch in solchen Situationen das tun, was „besser“ ist?
(Auch wenn sehr häufig Zweifel bleiben...)
Ja, ich glaube, dass verantwortliches Handeln Bewertungsmaßstäbe braucht.
Es ging noch nicht um die Frage, WAS „richtig“ sei und was „falsch“, WELCHE Kriterien man also hat. Es ging um die Frage, ob man ohne Wertung auskommt.
Manche sagen: „Richtig ist immer das, was MIR am meisten nützt.“ Andere haben andere Maßstäbe. Aber man HAT Maßstäbe; anders wäre Handeln doch gar nicht denkbar!
Du sagst, wenn ich es richtig verstehe, du ließest „die Liebe“ entscheiden, die Liebe in dir.
Das mag weit führen.... Aber zu bedenken ist, dass vieles, das aus Liebe geschieht, dem Anderen – bei Licht betrachtet - mehr schadet als nützt. Liebe macht bekanntlich blind; und auch Menschenliebe kann das Sehvermögen erheblich einschränken...
Liebe Grüße,
Mia