Also, ich kann nur zur Einbürgerung nur eins sagen: Einbürgerung ist ein Joke, so wie es jetzt zumindest ist. Ein palästinensischer Junge, mit dem ich damals studiert hat, der aus Ramallah kam (er kam 2010 aus einer relativ gutsituierten Familie, Vater Lehrer, Mutter führte einen kleinen Textilladen, Schwester arbeitet als Ärztin in den USA) hat 2015 oder 2016 in Berlin die Einbürgerung beantragt. Seine Gründe dafür waren, dass er es sich immer offenhalten möchte nach Berlin zurückkehren zu können. Also nicht deshalb, weil er Interesse hat Deutscher zu werden, sondern aus taktischen/strategischen Gründen. Naja, das Beste war ja, dass er mir ein Fragenkatalog gezeigt hatte, wo alle Fragen aufgelistet waren, die bei der Einbürgerung rankommen könnten. Tja, und seit 2017 ist er "Deutscher" bzw. deutscher Staatsbürger. Hier mal ein Video aus Berlin-Neukölln von einer Einbürgerungsfeier:
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Jetzt kann man dazu stehen, wie man will. Es gibt viele Leute, die ich kenne, die sagen "Naja, und? Wo ist das Problem? Hauptsache er zahlt seine Steuern blabla". Aber ich teile dieses Denken einfach nicht. Ich finde, und das ist auch nur meine persönliche Meinung, dass jemand, der die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt, auch sich als Deutscher fühlen sollte. Vielleicht ist das zu idealistisch oder vielleicht denke ich auch "altmodisch", aber so ist zumindest mein Empfinden.
Kurz noch was zum Thema "Assimilation", was Sie bereits angeschnitten hatten. Ich finde, dass Assimilation keine Schande ist. Wenn ich in der 3. oder 4. Generation hier lebe und mich immer noch als Türke wahrnehme, dann ist das meines Erachtens ziemlich befremdlich. Über welche Leute ich nur positiv berichten kann (wie gesagt, das ist nur meine Wahrnehmung), das sind vorallem Fernostasiaten (Vietnahmesen, Chinesen). Eine vietnamesische Freundin von mir, die heute zwei Kinder hat, selbst als Juristin arbeitet, hat ihre Kinder "Manuel" und "Julia" genannt. Der andere Freund von mir hat vor kurzem eine Tochter bekommen, sie heisst Sophie. In einer Studie hatte ich mal gelesen, dass fast 75 Prozent der Kinder von Vietnamesen hier in Deutschland das Abitur machen. Das ist wirklich bemerkenswert. Und ich meine, diese Menschen werden auch im Alltag (manchmal) diskriminiert oder sind Mikroaggressionen ausgesetzt, aber wenn man ihren Bildungserfolg nimmt und ihnen mit deren der muslimischen Einwanderer vergleicht: Da liegen Welten dazwischen! Meine Schwester hat übrigens ihrem Kind auch einen deutschen Namen gegeben bzw. einen Doppelnamen, einen türkischen und einen deutschen Namen. Was ich damit nur sagen will ist, dass ich generell bei türkischen und arabischen Einwanderern viel weniger das Gefühl habe, sich auch nur stückweit zu assimilieren. Ich glaube, dass das auch mit dem teilweise krassen Nationalismus ("vatan sevgisi") der türkischen Community zusammenhängt. Man muss sich hier in Deutschland allein nur mal angucken, wieviele von denen die MHP (" Milliyetçi Hareket Partisi (MHP)", auf Deutsch: Partei der Nationalistischen Bewegung) wählen.
Wenn es nach mir gingen würde, dann würde ich bei der Einwanderung von Menschen versuchen zu berücksichtigen, aus welchen Teilen der Welt die Einwanderung keine Probleme darstellt und wo Sie unverhältnismäßig schwieriger ist. Und da, wo es schwieriger scheint, dazu gibt es ja sicher etliche Daten, Studien zum Thema Bildungserfolg, Arbeit, emotionale Bindung zu Deuschland, da würde ich die Einwanderung einfach schwieriger ausgestalten. Ich möchte noch mal 2 Videos posten, die in etwa meine Position verdeutlichen: von Helmut Schmidt und von Thea Dorn, beide mit Zeitmarken.
Ab 2:50
[MEDIA=youtube]5KycBEagsm0[/MEDIA]
Ab:1:45
[MEDIA=youtube]AFvDyuEHzrU[/MEDIA]