• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Auf Thema antworten

Die Agrarpolitik ist kompliziert und ehrlich gesagt bin ich zuwenig in der Materie drin, um sie wirklich beurteilen zu können.

Die konventionelle Landwirtschaft ist in der Kritik, Stichworte sind die Massentierhaltung und der konventionelle Ackerbau, um nur zwei zu nennen. Als Koch würde ich, allein schon aus Qualitätsgründen, Streichelvieh und Biogemüse schätzen, ich bin mir mittlerweile aber nicht mehr so sicher, ob wir als Industrienationen gänzlich mit diesen auskommen können.

Grundsätzlich halte ich es für problematisch, bestimmte Bereiche allein "den Kräften des Marktes" zu überlassen, und letztlich laufen solche politischen Ziele darauf hinaus. Und zu diesen Bereichen zähle ich die Versorgung mit Nahrungsmitteln und auch das Wohnen.

Denn ein Konsument mit wenig Einkommen kann auf Einiges verzichten oder es aufschieben, aber nicht das Essen oder das Wohnen.


Preiswerte und teure Lebensmittel hat es schon immer gegeben, genauso wie Delikatessen. Delikatessen sind per Definition ein Luxus, und so mancher Zeitgenosse hat sie vllt. noch nie, nur einmal in seinem Leben oder nur selten kosten dürfen. In gewisser Weise ist das auch ethisch-moralisch richtig, denn wenn Delikatessen alltäglich werden, dann sind sie keine mehr und die kulinarische Gesellschaft versinkt in eine Art römische Dekadenz.

Prinzipiell bin ich auch bereit, solche Dinge zu akzeptieren, dass man nicht jeden Tag Fleisch auf dem Teller haben muss - gesünder wäre das allemal - und weniger davon isst und dafür besseres. Dem gegenüber stehen dann Entwicklungen, wo einige Wenige im Luxus schwelgen und andere nur noch Fraß fressen dürfen, da sie sich ordentliche Lebensmittel nicht mehr leisten können. Oder Pseudo-Bio-Lebensmittel, die lediglich teuer sind, aber ihrer Kennzeichnung am Ende nicht gerecht werden.


In Deutschland kann ein Konsument mit wenig Einkommen, ja am unteren Ende, in einem Discounter eine ordentliche Auswahl frischer Lebensmittel zu bezahlbaren Preisen finden. Natürlich nicht alles, aber die Möglichkeiten sind da, und das sage ich als Koch genauso wie als jemand, der derzeit mit jedem Euro rechnen muss. Und offenbar wollen die Deutschen auch noch kochen, denn die Waren werden ja auch gekauft, denn sonst würden sie ja kaum angeboten.

Ein Freund von mir und Kenner der britischen Szene berichtete mir im Unterschied dazu von einem Supermarkt z.B. im Londoner Norden: Da gehst Du rein ... und willst einfach mal überhaupt nichts kaufen, denn da gibt es nur noch Industrieschrott, hochprozessierten Kram und synthetische Nahrung ... dagegen sei der allerletzte deutsche Norma noch geradezu ein Feinkostgeschäft.


Die englische Küche gilt als traditionell schlecht, aber das war keineswegs immer so. Deutsche Kochbuchautorinnen z.B. des 19. Jh. wie Henriette Davidis haben nach England als Vorzeigeland geschaut - und nicht etwa nach Frankreich oder anderswo hin. Zustände wie ein englischer Fraß-Supermarkt in einem Londoner Arbeiterviertel als einzige Einkaufsmöglichkeit lassen entweder auf eine völlige Fantasielosigkeit der Bewohner oder der Unternehmer schließen ... was ich für wenig wahrscheinlich halte.

Oder aber darauf, dass die sozialen Bedingungen nichts anderes als das hervorbringen, systemisch geradezu: Nicht nur wenig Geld, sondern auch wenig Bildung, wenig Fantasie und wenig Hoffnung, dass sich daran etwas ändert.


Was ich damit sagen will - durchaus eine Art linker Standpunkt: Es sind am Ende die ökonomischen Bedingungen, die gewisse Entwicklungen hervorbringen oder eben nicht.

"Vor allem können reiche Großgrundbesitzer nicht mehr Millionen fürs Nichtstun kassieren." - geht an den eigentlichen Ursachen der Probleme GBs vorbei.

Denn allein in dieser Aussage steckt die Botschaft: Dass es sie überhaupt gibt, die reichen Großgrundbesitzer.

Denn wer sind sie denn, die reichen Großgrundbesitzer?


Es handelt sich um den altangestammten Adel, der seit mehr als 1.000 Jahren den Daumen auf diesem Land hat, allen Modernisierungswillen zum Trotz. Es gibt Regionen in GB, darunter Schottland, wo die Bewohner der Regionen sich mit legalen Mitteln aus diesen ewigen, "altangestammten Rechten" lösen wollen. Da gibt es z.B. Dörfer, die "gehören" nach wie vor den Lords - aber die durchaus neuen Bewohner wollen das nicht mehr und sie fragen sich: Warum denn eigentlich?

Sie bilden Genossenschaften und wollen, ganz legal und mit Geld, Grundbesitz erwerben, allein schon deshalb, weil sie sagen: Wir haben keinen Bock mehr auf "unter den Talaren, den Muff von 1.000 Jahren".


Zurück
Oben