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AW: Dein Wille geschehe - gibt es den freien Willen?




Liebe Lilith,


auf einige deiner Gedanken möchte ich gerne eingehen - um sie auch manchmal zu hinterfragen.


 Der freie Wille bedeutet nicht, dass wir nicht auch von einigen Koordinaten abhängig sind. Ich nenne mal ganz banal und etwas ungeordnet: wo wir geboren wurden, in welcher Zeit wir leben, physische Merkmale (na ja, mit meinen 1,57  bin ich oft nicht so ganz  unabhängig von einer Leiter …), etc…

Aber lass uns bei dieser Leiter bleiben: ich bin zwar abhängig von ihr, ob ich auf sie steige oder nicht, das entscheide ich durch meinem Willen. Also wird unter freien Willen eigentlich unsere Möglichkeit und auch Fähigkeit zwischen zwei oder mehreren Handlungsweisen zu entscheiden, verstanden – nicht eine völlige Unabhängigkeit von äußeren Gegebenheiten.

Und diese Gegebenheiten können noch lange nicht unsere Sicht auf die Welt determinieren, nicht die Art bestimmen in der wir  in ihr agieren oder wie wir die Ereignisse die sich abspielen, bewerten.

 

Die Möglichkeiten zwischen denen wir unsere Wahl treffen, uns entscheiden,  sind so begrenzt nicht und etwas weiter gedacht, nicht von einem höheren Wesen bestimmt - dies meine Auffassung.

Genau das wäre ja eine deterministische Sichtweise, die, wenn du den Gedanken weiter verfolgst, uns sogar von jeder Schuld frei sprechen würde, und unser ganzes Strafrecht als ein Unrecht erscheinen liesse. Denn es besteht keine Schuld, da wo kein freier Wille besteht, wenn das Handeln allein von  den bestehenden Koordinaten abhängig ist.


Noch auf einen Punkt deines Beitrages möchte ich eingehen, der nicht unmittelbar mit dem freien Willen zu tun hat, sondern mit der Art wie Ereignisse in unserer Welt sich gegenseitig beeinflussen:


 


 


Diese Sätze erinnert  an die  oft zitierte Aussage über den Schlag eines Schmetterlingflügels der am anderen Ende der Welt ein Erdbeben auslösen kann, und der in Verbindung mit der Chaostheorie oft zu hören ist. Anders ausgedrückt besagt er, dass kleine Ursachen große Wirkungen haben können. Auf dieser Weise übernommen, ist der Satz falsch, und so wie ich ihn erwähnte, wie er leider oft auch zitiert wird, ist er auch unvollständig.  Erstens befindet sich auch der Schmetterling in einem System,  seine Bewegung, hier als Ursache betrachtet, kann ihrerseits Wirkung sein.


Die Aussage stammt eigentlich von Edward Lorenz, und bei ihm  heisst es:


1. Wenn ein einziger Flügelschlag eines Schmetterlings die Auslösung eines Tornados zur Folge haben kann, so gilt dies ebenso für alle vorhergehenden und folgenden Flügelschläge und so wie für die von Millionen anderer Schmetterlinge  ohne zu sprechen von den unzähligen viel stärkeren Lebewesen, insbesondere unserer eigenen Spezies.


2.  Wenn der Flügelschlag  eines Schmetterlings einen Tornado auslösen kann, dann kann er auch den Effekt haben, ihn zu verhindern


So komplex - und oft unvorhersehbar - sind im Grunde genommen die Zusammenhänge in unserem Universum und wenn wir nach Ursachen suchen oder wenn wir denken sie entdeckt zu haben, bewegen wir uns manchmal schon am Rande des Determinismus.


Angewendet auf unser persönliches Handeln, laufen wir Gefahr die Willensfreiheit in Frage zu stellen. Aber weisen wir dabei nicht auch jede Verantwortung von uns?

Deswegen wollte ich eigentlich noch die Erkenntnisse mancher Neurobiologen erwähnen, aber nun war es verlockend erstmal auf deinen Beitrag Lilith,  einzugehen.


Liebe Grüße in die Runde


Miriam


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