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Auf Thema antworten

Hallo Ben,


danke für Deine Initiative, mal wieder eine interessante Diskussion unter physikalisch Interessierten anzuregen. Ich glaube aber, dass Dein Problem sehr speziell ist und vielleicht nur eine Handvoll User daran interessiert ist.


Als angesprochener Physiker muss ich zunächst ganz nüchtern sagen, dass die Quantentheorie nicht zu meinen Alltagsproblemen gehört. Mein Physikstudium liegt so ca. 40 Jahre hinter mir, und die mich beruflich besonders interessierenden Neutronen in Kernreaktoren kann ich getrost als nicht-quantenmechanische Teilchen behandeln. Trotzdem liegt mir das Verständnis der Quantentheorie, die so sehr dem sog. „gesunden Menschenverstand“ widerspricht, sehr am Herzen.


Im Sinne von muzmuz sollte zunächst klar umrissen werden, worin das Paradoxon der drei Herren (Einstein, Podolsky, Rosen: EPR) besteht. Schon das ist nicht so einfach. Und der Begriff der „Quantenverschränkung“ dürfte erst recht nicht allen geläufig sein. Nun, muzmuz hat da schon gute Vorarbeit geleistet.




Die Einwände von EPR gegen die Quantenmechanik (QM) wurden in einer Arbeit von John Bell aus dem Jahre 1964 („On the Einstein-Podolsky-Rosen paradox“) tiefschürfend untersucht. Aus den Prinzipien, die den Einwänden gegen die QM zugrunde liegen, zieht Bell experimentell überprüfbare Schlussfolgerungen, die experimentellen Ergebnissen der QM widersprechen.




Das Prinzip der Verschränkung von Zuständen mehrerer Teilchen ruft tatsächlich höchstes Erstaunen hervor. Es besagt nichts anderes, als dass nahezu alles in der Welt mit nahezu allem zusammenhängt: Aktionen an einem Ort können über beliebig grosse Abstände hinweg momentan Quantenzustände an einem anderen Ort schaffen. Da fragt man sich natürlich, ob das mit der SRT verträglich ist, welche besagt, dass Nachrichten höchstens mit Lichtgeschwindigkeit übertragen werden können. Schliesslich sind alle modernen Theorien wie die elektromagnetische (Maxwell-Gleichungen) oder die Gravitationstheorie (Allgemeine RT) Nahwirkungstheorien. Aber interessanterweise stellt sich heraus, dass die QM zwar momentane Wirkungen auf dem Niveau ihrer Zustände kennt, dass diese es aber nicht erlauben, Nachrichten mit Überlichtgeschwindigkeit zu übermitteln.




Ich denke, dass die QM recht hat (weil sie vielfach verifiziert wurde) und nicht der sog. gesunde Menschenverstand. Unser Verstand ist das Ergebnis der menschlichen Evolution, und er ist geschult an den Beobachtungen makroskopischer Erscheinungen. Es ist also nicht zu erwarten, dass unser Verstand die Phänomene  auf fundamentaler Ebene so einfach erkennen kann. Gedankenexperimente haben jedenfalls gezeigt, dass Prinzipien, an deren Gültigkeit zu glauben wir unbedingt geneigt sind, wie das der Induktion, des freien Willens, der Lokalität und der Realität in ihrer naiven Form nicht zusammen gelten können.


Gruss

Hartmut


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