Die Wahrheit war ne Plumpsgeburt
auf die Welt geworfen in einer
lauen Herbstnacht von einer
sozial schwachen Mutter die sich
noch nicht mal eine Meinung leisten konnte.
Der Vater, Alkoholiker, missbrauchte früh
seinen Spross, war er nicht betrunken
kümmerte er sich nicht weiter.
Die Wahrheit bekam nur eine
schlechte Ausbildung, mehr als Lesen
und Schreiben war kaum drin.
Rechnen konnte sie schon von Geburt
an, doch das merkten die Lehrer
nicht und hielten sie für
einen hoffnungslosen Fall.
Typisch Gesellschaft: hatte die Wahrheit
Jahre vernachlässigt, doch als die
dann straffällig wurde da
schrieen alle auf, die Medien, die Leute
von der Straße, die Nachbarn hatten es
schon immer gewusst und die eigene
Mutter sagte sich von ihr los in der
Bildzeitung.
Der Verteidiger plädierte auf Strafminderung
wegen der schwierigen familiären
Verhältnisse, doch das war Pech
für die Wahrheit: Das war gerade
aus der Mode gekommen, wegen der
harten Zeiten und der Richter meinte denn auch
sie könne sich auf nichts berufen außer
auf sich selbst und die Wahrheit sagte:
Genau das tue ich doch!
Und wurde doch schuldig gesprochen.