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Auf Thema antworten

Hallo Wargole,


ich denke hier müssen wir genauer differenzieren. Denn genau in den Differenzen liegen die Grenzen, die uns erlauben, unsere Vorstellung zu verbessern.

Wir müssen das auseinander nehmen: Wahrnehmen, Gedanken, Erinnerung und Gefühle.

Wahrnehmen ist, folgt man Niklas Luhmann, die Hauptaufgabe des Bewusstseins. Im beständigen Wahrnehmen operiert es momenhaft in der Gegenwart. Dies ist aber nur möglich, wenn es das Wahrgenommene ständig mit Bekanntem (Gedächtnis) abgleicht, dabei auf Informationsgehalt überprüft und extrem spontan "entscheidet", welcher winzige Bruchteil davon erneut im Gedächtnis behalten werden soll. "Entscheiden" in Anführungszeichen, weil das natürlich über Schmemata läuft, die wir garnicht kontrollieren können.

Man könnte also sagen: Bewusstsein ist Wahrnehmen vor dem Hintergrund des Gedächtnisses mit der Möglichkeit, dies auf eine unbekannte Zukunft zu projizieren und entsprechend (bewusste) Entscheidungen zu fällen.

Diese Vorstellung vertritt also ein anderes Paradigma: Die Wahrnehmung wird in den Vordergrund gerückt. Das NAchdenken ist zweitrangig (aber natürlich unbedingt notwendig).

Die Hauptaufgabe liegt im Wahrnehmen und Vergessen (um das Bewusstsein funktionsfähig zu halten. Die Welt und das was kognitiv verarbeitet wird, ist ein winziger Ausschnitt der Realität und nur wenn das so ist, kann das Bewusstsein ohne Selbstblockade funktionieren.)

Das Momenthafte liegt also im Einbeziehen der Zeit. Tot ist das Bewusstsein, wenn jeder Moment wie der vorige ist. Denn dann gibt es keinen Abgleich mehr. Kein Vergessen und Erinnern mehr. Keine Wahrnehmung mehr. Tod.

Dieses Modell bietet also unter Einbeziehung der Zeit neben der physischen (Gehirn) oder der metaphysischen (Seele) eine "prozessuale Entität" an, falls man das so sagen dürfte.


Eben nur die Wahrnehmung. Das schließt alle Zweifel aus. Wobei aber klar sein muss, dass Wahrnehmungen interne Operationen des Bewusstseins sind. Einwand: Wieso, sie kommen doch von außen?!

Was von außen kommt, ist lediglich ein Reiz über unsere Sinne. Erst wenn dieser Reiz in etwas umgewandelt wird, was unser Bewusstsein verarbeiten kann (etwa: den Reiz des Auges in die Wahrnehmung: "Rotes Auto"), beginnt der interne Abgleich mit dem Gedächtnis ("rotes Auto hab ich schon mal gesehen; das hier ist aber ein echt scharfer Schlitten")



Ganz recht. Allerdings bezweifle ich nicht, dass du Erlebnisse hast. Ich bezweifle nur, dass wir auch nur ein äußeres Erlebnis genau gleich wahrnehmen. Du musst nicht farbenblind sein, um das "Erlebnis" rotes Auto anders wahrzunehmen.


Die Tatsache, dass Erlebnisse niemals im Außen liegen, sondern stets im Innern ist allerdings schon früh reflektiert worden; teilweise bei den Griechen; bei Boetius; bei Schopenhauer (Welt als Wille und Vorstellung). Es waren aber noch nicht die biologischen und theoretischen Erkenntnisse da, um daraus eine einheitliche Bewusstseinstheorie zu formen. (Die es vollständig sicher immer noch nicht gibt).


In diesem Sinne ist auch diese Frage  so zu beantworten, dass die beiden Bewusstseinszustände nicht identisch sind, ja nicht identisch sein dürfen; denn dann wäre, wie ich oben beschrieb, der Tod eingetreten (den Grenzbereich des Komas lasse ich hier mal außen vor).

Das Identischsein (oder: die Identität ;) ) liegt nur im Aufrechterhalten der Konstruktion einer Identität. Das Selbst selbst ;) ist also nur eine Vorstellung - aber eine sehr stabile, faszinierende und wohl auch noch rätselhafte. Wie kommt es zu der Schließung kognitiver Prozesse zu einem Selbst-Bewusstsein? Kognitive Prozesse gibt es ja auch bei Tieren: Sind also Vorformen, Übergangsformen, Unterformen von Bewusstsein denkbar?


Ich glaube, die hier skizzierten Gedanken widersprechen deinen Überlegungen nicht. Man muss nur die Zeitdimension in das Modell mit einbeziehen.

Deine Überlegungen des ersten Beitrags (warum gibt es nicht Gehirne mit zwei Bewusstseinen etc.) sind m.E. mit der Vorstellung abgedeckt, dass sich Bewusstsein und Gehirn evolutionär zusammenentwickelt haben und zwei Bewusstseine in einem Hirn wenig überlebnsfähig wären - derjenige wäre einfach "verrückt" und handlungsunfähig...

(Ich weiß nicht, was du mit "Funtionalismus" meinst, ich kann ja mal googeln.)


Zur Verdeutlichung kurz skizziert, wie sich derselbe Ansatz beim System der Kommunikation darstellt:

Wenn sich zwei Menschen unterhalten, findet Kommunikation statt. Verlässt nun einer den Raum, wo ist dann die Kommunikation hin? Mit ihm gegangen? Nein, sie hätte ja auch bei dem anderen Menschen bleiben können. Ist sie in die Gedächtnisse übergegangen? Nein, denn da wären sie ja offensichtlich Teil des Bewusstsein, kognitive Prozesse. War die Kommunikation die Schallwellen und ist sie mit diesen verflogen? Nein, denn man hätte sich ja auch schreiben oder per Zeichensprache verständigen können.

Die Kommunikation war offensichtlich etwas "Drittes", das nur da war, wenn beide Menschen da waren, aber dennoch nicht mit ihnen identisch, in ihnen materialisiert und in dem Moment, wo ihr Zeitstrahl unterbrochen wird "tot".


Um in dem Bild zu bleiben, könnte man Bewusstsein als Interaktion zwischen Trilliarden von Gehirnzellen sehen, die sich deren aber nur als Medium bedient, um sich zeitlich-prozessual fortzupflanzen.


Der Begriff Medium ist hier also sehr wichtig, ich will es aber erstmal soweit belassen.


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