Mal was Anderes: Du hast Recht, Gauis, das Gesetz des Hammurabi war sicher ein rechtshistorischer Fortschritt.
Aber: die rechtsphilosophischen Grundlagen sind bei uns in Europa schon lange nicht mehr auf dem Grundsatz des staatlich geregelten Rachegedankens - auch der Abschreckungsgedanke spielt bekanntlich keine theoretische Rolle mehr. Schutz und Sicherheit des Staatsvolkes stehen im Vordergrund rechtspolitischer Überlegungen.Und wenn ein unabhängiges Richterkollegium zur Erkenntnis kommt, dass beispielsweise ein des Mordes Angeklagter diese Tat auch begangen hat, kann das ein Grund sein, diesen Täter lebenslang hinter Gitter zu bringen. Aber aus ethischen Überlegungen heraus steht es weder dem, die Gesamtheit repräsentierenden Staat noch einem einzelnen zu, jemanden vorsätzlich zu Tode zu bringen. Da rede ich nicht einmal von Justizirrtümern.
Wem ich zu verworren rede, der kann wieder einmal " geklaute Wörter" nachlesen:
14. Dezember 2005
19:42 [rau]: Die Todesstrafe
Die Todesstrafe ist Teil des US-amerikanischen Wertesystems oder sogar der Folklore
Dass die Todesstrafe keine Schwerverbrechen verhindert, ist inzwischen Allgemeingut der Rechtspolitik. Eine sehr große Mehrheit der Amerikaner weiß das nicht oder will das nicht glauben oder ist trotzdem für die Todesstrafe, aus (oft verständlichen) Gründen der Vergeltung. Die Todesstrafe ist keine Spezialität des Präsidenten George W. Bush, der als Gouverneur von Texas, einem geradezu todesstrafenverliebten Bundesstaat, 137 Todesurteile bestätigt hat.
Bill Clinton, ein amerikanischer Präsident mit einem humanistischen Weltbild, hat als Gouverneur von Arkansas ebenfalls viele Todesurteile unterzeichnet. Kurzum, die Todesstrafe ist Teil des US-amerikanischen Wertesystems oder sogar der Folklore. Wer in den USA politisch hoch hinaufwill, darf die Todesstrafe nicht ablehnen. Man hat das immer gewusst, aber mit der wachsenden Entfremdung zwischen den USA und Europa wird es nun bewusster.
Wie würde ein Referendum über die Todesstrafe in Europa heute ausgehen? Letztlich, trotz aller populistischen Agitation, wohl doch mit einer Ablehnung. In den USA wäre es ein massives Ja. Allerdings, und das ist die Hoffnung, beginnen auch dort allmählich die Zweifel. (DER STANDARD Printausgabe 15.12.2005)
Marianne