Liebe Forumschreiber und -Besucher,
zur Abwechslung von all den unerfreulichen Nachrichten der letzten Zeit, hier mal etwas was mich hoffen lässt, dass es auch noch so etwas wie Humor und Phantasie im Lande gibt...
Kölner Stadtanzeiger 13.7.05:
NEUES VOM FIKTIVEN BUNDESTAGSABGEORDNETEN
Mierscheid und die SPD
VON JOCHEN LORECK
Jeder kennt Münchhausens Lügengeschichten oder das Un- geheuer von Loch Ness. Doch nicht jeder kennt Jakob Maria Mierscheid - das Abgeordneten-Phantom im Deutschen Bundestag. Gestern ließen sich zwei Nachrichtenagenturen von einem unbekannten Scherzbold foppen, der eine "Pressemitteilung" des Inhalts verschickte: Der Bundestagsabgeordnete Mierscheid (72) erklärt seinen sofortigen Austritt aus der SPD. Stunden später meldete sich der Spaßvogel erneut - mit einem "Dementi": Er bleibe "selbstverständlich" in der SPD. Da hatten die beiden Agenturen allerdings längst gemerkt, dass sie jemandem auf den Leim gegangen waren.
Wer den Parlamentsbetrieb länger kennt, hätte den Jux sofort durchschaut. Tatsächlich hat sich der SPD-Abgeordnete Dietrich Sperling Ende 1979 in der Bonner Kneipe "Provinz" den Phantom-Abgeordneten Mierscheid ausgedacht. Fortan tauchte Mierscheid mit der Regelmäßigkeit eines schottischen Schlossgespenstes öffentlich auf. Mal wurden verzweifelte Saaldiener des Bundestags aufgefordert, den Abgeordneten Mierscheid zu einer wichtigen Abstimmung ins Plenum zu rufen. Mal gab es Presseerklärungen - mit dem echten Briefkopf der SPD-Fraktion -, die mit "Mierscheid" in altdeutscher Schrift abgezeichnet waren.
Da gab es zum Beispiel das Verlangen, die Spaltung der Gesellschaft in Raucher und Nichtraucher zu überwinden. Dies mündete in die Forderung: "Verbrennt allen Tabak!" Aufsehen erregte auch der Mierscheid-Vorschlag, "Ulla Schmidt" zum "Unwort des Jahres" zu wählen. Wie sehr sein Fanclub inzwischen angewachsen ist, zeigte die Initiative der SPD-Fraktion aus dem Vorjahr, eine Spreebrücke im Regierungsviertel nach Mierscheid zu benennen. Die feierliche Enthüllung der Bronzetafel musste allerdings im letzten Augenblick abgesagt werden: "Bei der Befestigung haben sich unerwartete Probleme ergeben. Die vorhandenen Bolzen erwiesen sich als Nieten."
Übrigens: Wer bei "Google" nach Mierscheid sucht, stößt auf mehr als 36 000 Seiten. So viel schafft nicht mal das Gros der echten Parlamentarier.
zur Abwechslung von all den unerfreulichen Nachrichten der letzten Zeit, hier mal etwas was mich hoffen lässt, dass es auch noch so etwas wie Humor und Phantasie im Lande gibt...
Kölner Stadtanzeiger 13.7.05:
NEUES VOM FIKTIVEN BUNDESTAGSABGEORDNETEN
Mierscheid und die SPD
VON JOCHEN LORECK
Jeder kennt Münchhausens Lügengeschichten oder das Un- geheuer von Loch Ness. Doch nicht jeder kennt Jakob Maria Mierscheid - das Abgeordneten-Phantom im Deutschen Bundestag. Gestern ließen sich zwei Nachrichtenagenturen von einem unbekannten Scherzbold foppen, der eine "Pressemitteilung" des Inhalts verschickte: Der Bundestagsabgeordnete Mierscheid (72) erklärt seinen sofortigen Austritt aus der SPD. Stunden später meldete sich der Spaßvogel erneut - mit einem "Dementi": Er bleibe "selbstverständlich" in der SPD. Da hatten die beiden Agenturen allerdings längst gemerkt, dass sie jemandem auf den Leim gegangen waren.
Wer den Parlamentsbetrieb länger kennt, hätte den Jux sofort durchschaut. Tatsächlich hat sich der SPD-Abgeordnete Dietrich Sperling Ende 1979 in der Bonner Kneipe "Provinz" den Phantom-Abgeordneten Mierscheid ausgedacht. Fortan tauchte Mierscheid mit der Regelmäßigkeit eines schottischen Schlossgespenstes öffentlich auf. Mal wurden verzweifelte Saaldiener des Bundestags aufgefordert, den Abgeordneten Mierscheid zu einer wichtigen Abstimmung ins Plenum zu rufen. Mal gab es Presseerklärungen - mit dem echten Briefkopf der SPD-Fraktion -, die mit "Mierscheid" in altdeutscher Schrift abgezeichnet waren.
Da gab es zum Beispiel das Verlangen, die Spaltung der Gesellschaft in Raucher und Nichtraucher zu überwinden. Dies mündete in die Forderung: "Verbrennt allen Tabak!" Aufsehen erregte auch der Mierscheid-Vorschlag, "Ulla Schmidt" zum "Unwort des Jahres" zu wählen. Wie sehr sein Fanclub inzwischen angewachsen ist, zeigte die Initiative der SPD-Fraktion aus dem Vorjahr, eine Spreebrücke im Regierungsviertel nach Mierscheid zu benennen. Die feierliche Enthüllung der Bronzetafel musste allerdings im letzten Augenblick abgesagt werden: "Bei der Befestigung haben sich unerwartete Probleme ergeben. Die vorhandenen Bolzen erwiesen sich als Nieten."
Übrigens: Wer bei "Google" nach Mierscheid sucht, stößt auf mehr als 36 000 Seiten. So viel schafft nicht mal das Gros der echten Parlamentarier.