AW: Armut - Wann ist jemand arm?
"Armut" ist tatsächlich vor allem eine Geisteshaltung. "Arm" sind nicht etwa diejenigen Menschen, die in einer Überflussgesellschaft tagtäglich ums Überleben kämpfen oder zumindest ständig angestrengt darum bemüht sein müssen, irgendwie finanziell den Monat zu überstehen.
Nein, "arm" sind diejenigen darunter, die diesen Zustand wie eine Art "Schicksal" hinnehmen und gar nicht auf die Idee kommen, ob nicht genau diese, ihre Armut einem anderen Mitglied dieser Gesellschaft zum Vorteil gereicht. Ob diese Armut nicht sogar auf heimliche Weise von anderen gewollt ist.
Denn wenn sich dieser unerhörte Gedanke nicht nur bei einem selbst breit macht und somit zu einem von anderen Armen erhörten Gedanken wird, steigt die Gefahr der Enttarnung dieses Arm-Reich-Systems.
Es hat womöglich Methode, daß die Armen im Land stets vorgesagt bekommen, daß sie im Vergleich zu den noch Ärmeren doch noch recht gut dastehen. Es hat vielleicht Methode, den Armen im Lande die duftende Bratwurst vor die Nase zu halten, auf der die Werbebotschaft steht: strenge dich mehr an, dann kannst es auch du schaffen.
Schaffen? Was heißt Schaffen? Die meisten Armen sind längst geschafft. Aber vielleicht schaffen sie es, einmal in Ruhe nachzudenken. Sich einmal nichts von "Fachleuten", "Helfern" und den anderen "wohlmeinenden" vorsagen zu lassen. Vielleicht schaffen sie es, bis zu dem entsetzlichen Gedanken vorzustoßen, daß dieses Arm-Reich-System eine einzige, riesige Lüge ist.
Wie heißt es doch so schön, wenn du pleite bist: das Geld ist nicht weg, es hat nur ein anderer. So müsste es auch heißen: wenn du arm bist, dann bedeutet das nicht etwa fehlende Lebensfreude oder Chancen. Die hat doch dann ein anderer.
Wirklich "arm" ist jemand, der dieses System hinnimmt, wie es ist. Der es zulässt, daß die Reichen die Spielregeln festsetzen, die darüber bestimmen, wer noch "ärmer" und wer noch "reicher" wird. Wirklich "arm" ist, wer nicht erkennt, daß es nur für alle "besser" werden kann, oder für keinen.
Wirklich "arm" ist auch jemand, der das alles erkennt, aber keinerlei Risiko eingehen will. Denn nur beim Risiko lassen sich die notwendigen Mittel borgen, um der Macht der Systemerhalter mit der Macht der Systemabschaffer entgegen zu treten. Wirklich "arm" ist jemand, der glaubt, das Arm-Reich-System sei ein friedliches System.
Daher bedeutet es auch keinen Verlust an Frieden, diesem System ernsthaft entgegen zu treten. Schluss mit lustig. "Armieren" wir uns...