Jesus lebte in einer Zeit hoher, fremdbestimmter Repression und großer wirtschaftlicher Krise. Eine Zeit ohne soziale Absicherung, es sei denn die der Familie, des Clans oder der jeweilige Gemeinde. Vieles, was wir in Deutschland und Europa an sozialer Absicherung erreicht haben, das würde ein Jesus, würde er heute erscheinen, als vorbildlich, ja selbst für ihn unvorstellbar halten.
Anderes würde er nicht vermutlich nicht für gut heissen, unser Umgang mit Sexualität und Partenerschaft etwa.
Als Protestant, Lutheraner, der ich bin, sehe ich sowieso vieles anders.
War Jesus der Sohn Gottes? Er selbst hat sich immer als der "Menschensohn" bezeichnet. Als Protestant bin ich aufgerufen, die heiligen Schriften selbst zu lesen - und mir meine eigene Meinung zu bilden. Der Protestantismus ging in Deutschland einher mit dem Buchdruck, der Schaffung der deutschen Hochsprache (Luther) und der Pflicht des Christen, sich selbst und seine Kinder zu bilden.
Nach Martin Luther erhält der Christ seine Erlösung nur vor Gott selbst. Er benötigt keinen Vermittler, keinen Pfaffen und erst Recht keinen Heiligen. Jesus vielleicht, aber er ist ja auch Teil Gottes, denn die Trinitätslehre lehnen auch Protestanten nicht ab.
Eine Grundlage des christlichen Glaubens oder letztlich jeder Religion.
Jesus Christus war Jude, es war nicht seine Absicht, eine neue Religion zu schaffen. Vielmehr wollte er seine eigene Religion reformieren - und genau das ist es dann, was dann passiert: Jemand erschafft dadurch eine neue Religion.
Bei Martin Luther genau dasselbe: Zwar erschuf er keine neue Religion, aber zumindest eine neue Konfession.
Jesus Christus begegnet einem Christen nur in einer anderen Person. Gestern hatte ich für einen Moment das Gefühl, ich sei ihm begegnet. Zum zweiten Mal in meinem Leben, und ich bin kein sonderlich gläubiger Mensch.