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Der Walfang ist ein schlechtes Beispiel, weil er mit Europa und dem Welthandel rein gar nichts zu tun hat, es ist mehr die Marotte weniger Länder. Es scheint jedoch, dass der Bestand durch Schutzmassnahmen relativ stabil ist. Die wenigen Walfangschiffe haben selbst für die Länder, die Walfang betreiben, kaum wirtschaftliche Bedeutung. Es ist ein Artenschutzproblem, das unter guter Beobachtung steht.

Wenn Du den Kapitalismus nur auf die Basis der Geldgier stellst, begehst Du einen Gedankenfehler. Ab einem bestimmten Eigenvermögen hat Geld keine praktische Bedeutung mehr, es ist nur mehr das Synonym für erfolgreiches Handeln, der Erfolgsbarometer, an dem sich eine betriebliche Entscheidung misst.

Auch der grösste Kapitalist hat kein Interesse an einer verarmten Bevölkerung, ganz im Gegenteil. Nur wer Geld hat, kann seine Produkte kaufen. In dem Punkt sind die Interessen deckungsgleich. Das Problem liegt in den Ramenbedingungen, die der Staat vorgibt. Durch den Wegfall von Zöllen und die Öffnung der EU in Richtung Osten wird der Unternehmer gezwungen, mit Ländern in Konkurrenz zu treten, die eine völlig andere Lohn- und sozialstruktur haben. Ein Automobilarbeiter bei Ford in Polen kostet incl. Nebenkosten dem Betrieb 480 EUR, eine Sekretärin in Tschechien, zweisprachig mit guter Ausbildung 26 Jahre alt, 420 EUR. Alleine die Lohnnebenkosten in Deutschland sind bereits so hoch. Dazu kommen die Billigimporte aus China, wobei ab 1.1.05. die Mengenbeschränkungen für Textilien wegfallen. Ich kenne einen Betrieb, der Kfz.-teile als Austauschteile erneuert. Da kostet z.B. der Anlasser für einen Golf 24 EUR. Das gleiche Teil bietet China als Neuprodukt für den selben Preis an.

Die Firmen haben am Anfang versucht, durch Minderung des Personalbestands bei gleicher Leistung, also durch Mehrbelastung der restlichen Mitarbeiter, kosten zu sparen. Dadurch kam es zu der von Dir beklagten Mehrbelastung, die durchaus auch partiell zu einer Überbelastung führen konnte.

Je nach Betriebsstruktur und Produkt genügt auch das nicht, am Ende ist eine Betriebsverlagerung notwendig, um zu überleben.

Dazu kommt noch eine Zuwanderung aus der Türkei und Russland, die speziell im Niedriglohnsektor zu einem starken Verdrängungswettbewerb geführt hat. Auch der Sozialtransfer für diese Gruppe belastet die Arbeitskosten indirekt, dazu die extrem hohen Energiekosten und Bürokratie.

Wenn Du mir eine Lösung anbieten kannst, wie man bei einer derartigen Gemengelage höhere Löhne zahlen und die Mitarbeiter weniger beanspruchen soll, dabei aber wettbewerbsfähig bleibt, lass es mich wissen. Du hättest den Stein des Weisen gefunden.

Die Lösung wäre die Herstellung gleicher Lohn- und sozialstrukturen in allen EU-Ländern. Wie soll das jedoch ermöglicht werden, wenn jeder neue Beitritt im Hauruck-Verfahren ohne Rücksicht auf die eigene Wirtschaft abläuft. Hätten wir Osteuropa auf unser Niveau gehoben, kommt schon die Türkei.

Die Politiker haben durch die überstürzte Erweiterung der EU eine Wettbewerbssituation geschaffen, die in Folge jeden Mitarbeiter im Inland trifft. Der Kapitalismus ist nicht die Ursache. Er hat in den letzten 50 Jahren einen Wohlstand für die breite Bevölkerung geschaffen, wie es ihn noch nie in der Geschichte gab. Wenn jetzt davon etwas zurückgenommen wird, ist die Schuld bei einer falschen Politik zu suchen, die zusehr von weltfremdem Idealismus getragen wird und zu wenig Rücksicht auf die wirschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen nimmt.

Diese Politik ist zu ändern, nicht das System.


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