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Adrenalin stellt sich etwas vor.

Adrenalin

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23. August 2024
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27
Mit weht eine Duftwolke entgegen, es verschlägt mir förmlich den Atem. Dabei ist er noch nicht einmal aus seiner Karre ausgestiegen und das Fenster ist nur einen Spaltbreit geöffnet. Ohne Scheiß jetzt.
Bei der Begrüßung latscht er mir auf einen meiner Füße, merkt es aber augenblicklich. Sein ganzes Sein überfordert mich spontan. Er sieht so unfassbar gut aus, dass mir ganz schlecht wird. Und dann geht es auch schon los und wir auch. Eine Runde um den See. Es ist Herbst, allerdings erst seit zwei Tagen, und ich bin froh, dass ich nicht auch noch ins Schwitzen gerate.

Auf dem Marsch berühren sich immer wieder unsere Arme, das erscheint mir verdächtig, ich versuche Abstand zu schaffen, indem ich nach links ausweiche. Er zieht immer wieder nach. Na gut. Der halbe Wanderweg riecht inzwischen nach seinem Parfüm, mir scheint, als würden die Bäume zurückweichen, nicht die Bäume vielleicht, aber die Schwäne definitiv. Und ich beneide nicht die, die hinter uns gehen. Ich kann ja in mein Halstuch atmen.

Er redet von Hölzchen und Stöckchen und von sich. Als wir den See zur Hälfte umrundet haben, läuft er sich verbal erst warm. Ich befürchte ernsthafte Tinnitus Probleme, damit kenne ich mich aus. Es kostet mich jeden Tag eine Menge Selbstbeherrschung, das Getöse zu ignorieren, leider habe ich auch meine Grenzen, die gerade überschritten werden.
Seine Lebensgeschichten nehmen kein Ende, er ist in seiner Kindheit angekommen, die ja erst 55 Jahre zurückliegt, verständlich sie jetzt zu thematisieren, ist ja gerade erst gewesen. Ich glotze mir die Augen aus, suche das Ende dieser Reise, einen Anhaltspunkt, einen Strohhalm an den ich mich klammern kann, irgendetwas. Stille. Endlich erreichen wir eine Art Platz, um diesen herum drängen sich Gasthäuser, Kneipen, Biergärten. Er hält kurz inne, um mir mitzuteilen, dass wir hier irgendwo etwas trinken könnten. Ein Funke der Hoffnung bricht sich in mir Bahn, endlich hört diese elendige Latscherei auf; und vielleicht auch der Monolog, mit dem er versucht, sein Trauma zu pulverisieren.

Aber nein, er möchte noch weiter neben mir herschwadronieren, es gibt ja noch andere Runden, die wir drehen können, bevor einer das Handtuch wirft.
So langsam vergeht mir die Lust an dieser Exkursion, ich sacke innerlich ein bißchen zusammen, versuche aber Haltung zu bewahren. Er ist mittlerweile bei seinem sterbenden Vater angekommen und sitzt händchenhaltend an dessen Totenbett. Ich fühle mich selbst dem Tode nahe und halte nach sterbenden Schwänen Ausschau. Ich denke, dass es immer dasselbe ist mit mir und ziehe mein Halstuch über die Nase. Er bekommt davon nichts mit, verteilt wie selbstverständlich seine Duftwolke im Wald und bemüht sich um Armberührungen, die wie zufällig wirken sollen, und währenddessen arbeitet er sich an seiner Geschichte ab, die unbedingt erzählt werden muss. Wir stapfen jetzt eine Stunde oder so durch die Gegend, mein Hals ist dermaßen trocken, dass es sich anfühlt, als würde er zusammenkleben. Ich mutmaße, der Geruch, den ich unfreiwillig einatme, reizt meine Schleimhäute.

Wir kommen zum zweiten Mal am Marktplatz an, dieses Mal aus einer anderen Richtung. Ich bestelle einen Kräutertee, er Cappuccino mit Gesicht im Schaum. Als ich ihm gegenüber sitze, fällt mir wieder auf, wie gut er aussieht. In einem Porsche würde er nicht auffallen, auch nicht auf dem Golfplatz oder in einem Hochglanzmagazin. Als er an seinem Kaffe trinkt ergreife ich meine Chance und sage ihm, dass er nicht mein Typ ist. Das bringt ihn aus der Fassung. Er stellt mir tatsächlich eine Frage, aber als ich zu einer Antwort ansetze fällt er mir ins Wort und reißt das Gespräch an sich, gerade so, als hätte er Angst, ich wollte es in meinem Tee ertränken.
Er spricht von Menschen, die ich nicht kenne und, ich schwöre, auf gar keinen Fall kennenlernen werde. Mir ist so grausam langweilig, dass ich im Kopf ein Gedicht aufsage - Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland- , das Vater Unser bete und Lieder singe und dann denke ich an Berlin, an Kinos und Flohmärkte, an die U-Bahn und den Landwehrkanal, daran, dass die Spree rückwärts fließt, an Lavendel und Musik. Ich denke daran, dass mir nie langweilig war und ich den Eindruck hatte, am Leben zu sein.

Auf dem Weg zum Parkplatz hüpft er neben mir her, ausgelassen und auf mich wirkt er seltsam euphorisiert. Klar, er ist sein Zeug losgeworden, da kann man auch schon einmal neben einem fremden Menschen herumhüpfen, leicht wie eine Feder. Während ich mit Bleischuhen unterwegs bin, hör- und schluckgeschädigt versuche ich durchzuhalten und einen sicheren Hafen zu erreichen. Mein Auto. Er ist glücklich, sagt er und würde an Liebsten schreien. Ich teile nichts davon, mir fehlt die Energie zum Herumschreien, Innerlich krieche ich auf allen Vieren und schleppe mich nach Hause, um die Projektionen abduschen und endlich zu schlafen.
 
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Warum stellst Du hier, in meinen Vorstellungsthread, Musikvideos rein? Ich meine, was möchtest Du mir damit sagen? Dafür gibt es doch andere Möglichkeiten.
Naja, die "musikalische Verwandtschaft" von Peter Licht zu Klee hat mich spontan zu dieser Art "Begrüssung" angeregt. Viel "Glück" noch, im DEIN.:blume1:
 
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Der Sommer ist tot. Ich auch. Mein Ahorn wirft bereits mit toten Teilen um sich, die auf meinem geliehenen Rasen vergammeln. Und das Warten beginnt von Neuem, ein Hamsterrad der Jahreszeiten, aus dem ich nicht aussteigen kann.
Die beste Zeit ist im frühen Frühjahr, wenn alles noch hoffnungsvoll erscheint, die Idee einer blühenden Welt, in allen Farben und so satt. Die sich nie erfüllt und immer in einer grenzenlosen Enttäuschung mündet, wie die Wupper in den Rhein; der Sommer in den Herbst, obwohl da kein Sommer war. Seit Jahren nicht. Ich bin geübt im Warten, habe aber die Lust verloren.

Unterwegs auf meinem Fahrrad begegnen mir gewohnte Gedanken, die jedes Jahr zu dieser Zeit auftauchen und Wehmut, Trauer und Sehnsucht mitbringen. Vergangenes liegt in der Luft, ich kann nicht einfach das Atmen aufgeben und ertrage es. Ich denke an alles, das ich verpasst habe, vergeigt, verpeilt, verkackt und spiele mit diesen Gedanken: was wäre wenn… und weiß, ich kann nichts zurückholen.
Wann immer ich Gleise sehe, Züge, ICE‘s und der Fahrtwind mir in die Fresse schlägt, schlägt auch mein Herz.
Ich trage ein Shirt mit der Aufschrift Berlin. Es ist schwarz.
 
Der Sommer ist tot. Ich auch.
Vielleicht hast du die falsche Identifikation.
Vivaldi macht es anders, der beschreibt alle 4 Jahreszeiten als seine Zeit.
Die beste Zeit ist im frühen Frühjahr, wenn alles noch hoffnungsvoll erscheint, die Idee einer blühenden Welt, in allen Farben und so satt. Die sich nie erfüllt und immer in einer grenzenlosen Enttäuschung mündet.........
Wer verhindert die Entfaltung der Versprechen des Frühjahrs ????
Ich denke an alles, das ich verpasst habe, vergeigt, verpeilt, verkackt und spiele mit diesen Gedanken: was wäre wenn…
Mach weiter so, dann ist das weitere Verkacken garantiert.
und weiß, ich kann nichts zurückholen.
Stimmt, aber ein unverdrossener JETZT-Verweigerer, wird es immer wieder versuchen.
.........und der Fahrtwind der mir in die Fresse schlägt, schlägt auch mein Herz..........
Leute, die - vor sich - auf der Flucht sind, sind immer zu schnell unterwegs und haben mit Gegenwinden zu kämpfen.
Ich trage ein Shirt mit der Aufschrift Berlin. Es ist schwarz.
Für den Fall, dass du uns verarschen willst, sei die gesagt, ich kenne deine Eltern.
Wenn das nicht deine Absicht ist, dann soltest du dich um einen Therapeuten bemühen.
Wenn du dir - hier - Hilfe vesprichst, musst du die Hose weiter runter lassen. Zu ahnen, was dich bewegt, reicht nicht.
LG * Helmfried
 
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Als ich ankomme, sind alle Anderen schon da, sie scheinen gut gelaunt. Wir betreten als Gruppe diesen überdimensionierten Stahlkessel und versammeln uns vor dem Aufzug, der uns nach oben befördern soll. Nur kommt der nicht. Dann latschen wir eben vorher durch die Ausstellung und glotzen uns Bilder und Konstruktionen von Da Vinci an. Mir wirkt der Typ nicht ganz knusper, seine Portraits erinnern mich im besten Fall an Wachsfiguren, aber eigentlich an Tote. Ich glaube, er hat Tote porträtiert, ich meine, wem es gefällt. Vielleicht hatte er einen Fetisch. Auch lese ich, dass er an öffentlichen Sezierungen von Leichen teilgenommen hat, angeblich, um Körper besser zeichnen zu können.
Es ist eiskalt und es zieht wie Hechtsuppe durch den Laden, obwohl der Himmel blau ist und die Sonne alles gibt.

Beim zweiten Anlauf öffnet sich der Fahrstuhl, wir sitzen dann oben auf Holzbänken und warten, dass die Show beginnt. Immerhin dürfen wir auf Europas größte 360 Grad Leinwand glotzen. Im Kessel herrschen weiterhin Temperaturen wie in Grönland und der ganze Raum scheint sich zu drehen, alles Projektionen, natürlich. Überall liegen mit Styroporkugeln gefüllte Säcke herum, auf die man sich irgendwie drauflegen kann, um einen besseren Rundumblick zu haben. Ich empfinde das als unhygienisch, weiß ich denn, wer vorher darauf herumgelegen hat? Weil ich keine Wahl habe, ich kann ja schlecht stehenbleiben, schnappe ich mir auch so ein Teil.
Ja, und dann geht eine Lichtshow los, in die Leonardos Werke eingebaut sind, galoppierende Pferde und Konstruktionszeichnungen, alles dreht sich, auch in meinem Kopf. Ich befürchte einen epileptischen Anfall und mache die Augen zu. Das führt auch zu nichts. Wenn ich die Augen öffne, fällt mein Blick auf einen kleinen Raum, innerhalb der Kuppel, darüber ein Kran, also ein Eisenträger mit Streben. Wieso steht dieses Ding mitten in einem Kino? Es versperrt die Sicht, und offen gestanden sehe ich gar nichts Berauschendes. Die ganze Tortur dauert 36 Minuten, ich bin froh, als ich dem Liegesack entsteigen kann und bin nicht direkt enttäuscht, weil, mich enttäuscht eigentlich gar nichts mehr, aber desillusioniert vielleicht, obwohl es das auch nicht trifft. Eigentlich bin ich genervt und will nach Hause.

Stattdessen fahren wir mit unserem unzuverlässigen Vehikel aufs Kesseldach. Dort hat man einen Rundumblick und kann auch auf einem Skywalk flanieren und währenddessen in die Ferne oder wahlweise auch 70 Meter in die Tiefe blicken. Ich blicke ja grundsätzlich lieber tiefer, als ich falle.
 
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