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Zur Abwechslung mal: Frankreich

Roman70

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10. April 2008
Beiträge
71
Nachdem es in einigen anderen Threads offenbar eine gewisse Tendenz gibt, ein, ähm, germanozentrisches Weltbild zu errichten, möchte ich an dieser Stelle mal über ein anderes Land schreiben, nämlich über Frankreich. Die ursprüngliche Idee hatte ich schon vor ein paar Wochen, als Jérôme und ich uns über die "Krocha" unterhielten, einen derzeit superheißen Trend in der österreichischen Jugendkultur (oder ging der Trend womöglich vorige Woche schon zu Ende? oft passiert das ja sehr plötzlich, ich bin da nicht wirklich soooo am laufenden) und Jérôme mir anhand einiger (Video-)Beispiele zeigte, dass es das, was ich für etwas "Neues" hielt, in Frankreich offenbar schon länger gibt...

Ich werde nachfolgend also ganz unsystematisch ein paar Assoziationen niederschreiben, die ich zu Frankreich habe, und hoffe, dass einige von euch diesem Beispiel folgen!


Während meines Studiums wohnte ich ein paar Jahre in einem Studentenwohnheim, und dort residierte eine Zeitlang auch eine französische Germanistin, die hier in Wien an ihrer Dissertation über Thomas Bernhard arbeitete; und wie es der Zufall so will, hatte sie ihr Zimmer zwischen dem eines Thomas und dem eines Bernhard - was ihr zu Hause natürlich keiner geglaubt hat! :)

***

Als Cinephiler bin ich klarerweise ein Fan VIELER französischer Filme, und allein um endlich einmal alle Eric Rohmer-Filme im Original genießen zu können (bzw ohne dauernd soviel mitzulesen), sollte ich endlich einmal die Sprache lernen. Das habe ich nämlich nie getan!!! (Mon dieu!!! Je suis un kretin!!! ... oder so ähnlich.) So ziemlich der beste Film überhaupt, den ich heuer im Kino gesehen habe, und den ich hiermit allen ans Herz lege, ist "Schmetterling und Taucherglocke", nach dem Bestseller von Jean-Dominique Bauby - über einen Mann (famos: Mathieu Amalric, übrigens der Bösewicht des nächsten James Bond-Filmes), dessen Körper nach einem Schlaganfall vollständig gelähmt ist und der sich nur noch durch sein Augenblinzeln mit seiner Umwelt verständigen kann.

***

Ein sehr bewegender Moment war es für mich, als ich bei meinem ersten Paris-Besuch am Friedhof Montmartre am Grab des von mir sehr verehrten Francois Truffaut (http://de.wikipedia.org/wiki/Francois_Truffaut) stand - er liegt dort übrigens nicht weit entfernt von Heinrich Heine. Ich habe damals in Montmartre gewohnt, in unmittelbarer Nähe der weltberühmten "Zuckerbäckerkirche", wie Sacre Coeur bisweilen genannt wird; eine österreichische Bekannte von mir lebte damals für eine Weile dort, weil sie in der Modebranche arbeitet und sich dort bei einem kleinen Designer "weitergebildet" hat. (Jaja, die Franzosen und ihr Modebewusstsein! da ist offenbar echt was dran...)
Paris habe ich ungeheuer faszinierend gefunden (was denn sonst!!!), insbesondere in Erinnerung geblieben ist mir dabei auch, dass Ampeln dort offenbar eher zu ästhetischen als zu verkehrsregulierenden Zwecken hängen, zumindest hatte ich als Fußgänger nicht das Gefühl, dass ich beim Überqueren eines Zebrastreifens bei Grün davon ausgehen sollte, dass Autos dies als Signal zum Anhalten verstehen müssten. (Naja, ich war auch schon in anderen Großstädten, wo das Fahrverhalten der Menschen sowieso die Frage nahelegt, warum es bei diesen Völker noch nicht zu einer automobilen Selbstausrottung gekommen ist - die müssen enorme, kompensierende Geburtenraten haben!)

***

Jérôme, vielleicht kannst du mich/uns über etwas aufklären: ich habe schon öfter gehört, dass die Lebenserwartung in Frankreich insofern überraschend hoch ist, als viele französische "Angewohnheiten" (viel Wein, viel Käse, viel fette Saucen - und geraucht wird offenar auch relativ viel) eigentlich eher ungesund sind. Offenbar wird das "mental" ausgeglichen durch etwas, das ihr "Savoir vivre" nennt??? :)

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Und natürlich die Politik! Das Satiremagazin "Titanic" kommentierte Monsieur Sarkozys kolportierte enorme Ausgaben für Schönheitsprodukte folgendermaßen:
http://www.titanic-magazin.de/index...> | </A>&md5=d8ff747ccbf5ca8d1bdda82f34fe3146

Ach ja, Louis de Funes - ein Held meiner Kindheit!

***

So, für's erste wär's das mal - ich hoffe, ihr helft mir, diesen Thread weiterzuführen!
Bon soir (oder bon nuit),
Romain
 
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AW: Zur Abwechslung mal: Frankreich

Die Franzosen nehmen sich mehr Zeit zum Leben, sind darum entspannter und haben daher auch eine hohe Lebenserwartung :)

Ein gutes Beispiel: ich war mal ein paar Tage bei den Eltern eines Freundes in der Bretagne zu Besuch, unter der Woche. Der Vater kam mittags nach Haus und es gab Essen. Das hat schlappe 2 Stunden gedauert und es gab sage und schreibe 7 Gänge. No shit, sherlock!

Übrigens kann ich, wenn mal wer in der Bretagne verweilen sollte, Mont St. Michelle empfehlen, absolut beeindruckend.
 
AW: Zur Abwechslung mal: Frankreich

Sehr gute Idee, Roman.

Wenn man einer Versuchung nicht widerstehen kann…

Da meine Liebe zu Frankreich schon im Elternhaus angelegt wurde – ich aber hinter dem Eisernen Vorhang davon nur träumen konnte, führte mich eine meiner ersten Reisen als ich endlich im Westen lebte (damals in Lausanne), natürlich nach Paris.
Es war alles etwas anders als von mir erträumt, aber wunderschön.

Später bereiste ich wiederholt das Loire-Tal auf den Spuren der Vergangenheit – aber wenn ich jetzt darüber berichten würde, blockiere ich hier den Betrieb.
Also vielleicht in sehr kleinen Portionen ein anderes Mal.

Doch zurück nach Paris und eine meiner Reisen. Ich deutete es schon im Titel an, es geht um eine Versuchung der ich nicht widerstehen konnte.

Irgendwann fragte mich eine Bekannte ob ich sie nicht auf eine Paris Bus-Reise begleiten möchte, und ich antwortete spontan "ja".
Auch wenn ich diese Frau eigentlich gerne mag: während ich das kurze Wort aussprach, wusste ich schon, dass es ein Fehler gewesen ist.

Es erwies sich auch, dass diese Bekannte genau so gut zu irgendeinem Provinzstädtchen innerhalb Deutschlands hätte reisen können – ich hatte langsam den Verdacht, dass sie nur einfach Bus fahren wollte.

Irgendwann im Laufe der Reise war ein längerer Besuch der Innenstadt von Paris angesagt – dieser erfolgte im Bus. Plötzlich packte mich wieder meine Begeisterung für die Architektur des centre – und ich fing an meiner Bekannten diese zu erklären: der Stil des Architekten Haussmann, etc…etc…

Meine Bekannte schwieg – aber ich fand meine Schilderung so spannend, dass ich sie weiter für mich fortsetzte.
Plötzlich aber kommt Regung auf in meiner stummen Begleiterin, sie schaut nach draußen und dreht sich sogar nochmals um, scheint sich sehr für etwas zu interesssieren, tippt mir dann auf dem Arm und sagt:
"Hast du gesehn? Dort an der Ecke ist ein McDonalds!"


fig23.gif
 
AW: Zur Abwechslung mal: Frankreich

Ich wohne ja gleich an der Grenze zu Frankreich und auch zu Deutschland. Und Basel ist eine Stadt, in der einem sehr schnell klar wird, wie sehr sich die verschiedenen Mentalitäten vermischen und auch befruchten.
Viele Elsässer arbeiten hier und ich denke mir mal, ohne sie hätten wir bald ein sehr grosses Problem, die Stadt am funktionieren zu halten.

Auch die französische Sprache ist hier ganz selbstverständlich. Wir lernen sie ja alle in der Schule und ich beobachte immer wieder, wie die Leute ganz gerne ins Französisch wechseln, wenn sie sich mit Elsässern unterhalten. Und manchmal kann man auch seltsame Szenen beobachten, in denen Elsässer Deutsch oder elsässerdütsch sprechen und dann von ihrem Schweizer Gegenüber eine französische Antwort bekommen. Aber so oder so - Verständigungsprobleme gib es eher selten. :reden:

Paris finde ich eine sehr faszinierende Stadt.
Meine Lieblingslandschaft in Frankreich ist aber eindeutig die Bretagne.
Schade finde ich einzig, dass Frankreich ein Autofahrerland ist.
Der öffentliche Verkehr abseits der TGV Strecken fristet in meinen Augen ein klägliches Dasein. Als Nicht-Autofahrerin wird einem somit das Reisen nicht gerade leicht gemacht.

Ich erinnere mich lebhaft an Szenen, in denen wir stundenlang an irgendwelchen Bushaltestellen warteten, an denen die Fahrpläne Reisemöglichkeiten versprachen, die jedoch nie eingelöst wurden und schlussendlich nur lange Fussmärsche, Autostopp oder Taxis als Möglichkeit, da wieder wegzukommen, zu Verfügung standen.

Ach ja und noch was zur Sprache:
Als Tourist wir man ja oft automatisch auf englisch angesprochen. Da ich diese Spache zwar gut verstehe aber nur dürftig spreche, bat ich auch schon, das Gespräch doch auf Französisch weiterzuführen.
Die Reaktion war immer die selbe: Grosse Begeisterung und dann ein Wortschwall, so schnell, dass ich nur die Hälfte mitbekam.
Aber dann nachzufragen, wär irgendwie doch zu peinlich gewesen. :)
 
AW: Zur Abwechslung mal: Frankreich

Roman, alter Krochaner, ich danke Dir herzlichst!

Endlich fragt jemand wieder die Fragen, auf die ich schon immer Antworten in der Tasche hatte -grins. Es ging mir doch hier wie denen, die allerhand Lösungen haben und immer nur auf der Suche nach dem passenden Problem sind. Wobei hier natürlich die Forumsgemeinschaft eine Unmenge Probleme hatte und hat, als Zeichen der höheren Zivilisation, die die Anzahl der Probleme als 'Messlatte' für ihr Wohlstand ansieht, im Gegensatz zum einzigen Problem des Überlebenskampfes der Menschen einfacherer Kulturen. (Mein Beliebtheitsgrad steigt jetzt bestimmt ins Unermässliche -grins.)

Kulturunterschiede merkt man nur am Alltagsgeschehen, obwohl sie durch Geschichte oder Politik, das soz. Gefüge, das Umfeld etc. geprägt wurden; sie werden aber nicht als solche wahrgenommen, die Begründung wäre auch schwierig und langweilig, zu oft werden sie als Arroganz, Ignoranz und Unvermögen der anderen Seite ausgelegt -ich nehme mich da nicht aus- erst durch den direkten Kontakt merkt man, dass so manches, was uns seltsam vorkommt, die Normalität des Anderen bedeutet und als solche akzeptiert werden muss.

'Gespräche' wie diese helfen m.M.n. mehr Vorurteile abzubauen, als es die besten Absichten unserer Politiker in 100 Jahren verordneter Freundschaft schaffen könnten.

Jérôme, vielleicht kannst du mich/uns über etwas aufklären: ich habe schon öfter gehört, dass die Lebenserwartung in Frankreich insofern überraschend hoch ist, als viele französische "Angewohnheiten" (viel Wein, viel Käse, viel fette Saucen - und geraucht wird offenar auch relativ viel) eigentlich eher ungesund sind. Offenbar wird das "mental" ausgeglichen durch etwas, das ihr "Savoir vivre" nennt??? :)

Gemessen an der traditionellen österreichischen und deutschen Küche, leben wir geradezu asketisch -grins! (Ausnahme bildet lediglich die elsässische Küche, mach Dir aber keine Sorgen um mich, die bekomme ich höchstens im Restaurant serviert, zu Hause wird mediterran-gesund gegessen und rohes Grünzeug, wohin mein trauriges und der Kinder Augen reichen :rolleyes:.)

Xcrypto hat es schon angesprochen, wir verbrauchen zwar sehr viel Geschirr und lassen uns noch mehr Zeit dazu, essen aber vergleichsweise wenig und vor allem nicht so üppig. Es hat sich nämlich schon bis nach Frankreich herumgesprochen, dass die menschliche Leber, also auch unsere, die 'foie gras' nur als Leckerbissen akzeptiert. Die vorzüglichen cremigen Käse erlauben wir uns in Häppchen zum Dessert und kämen nie auf die Idee, uns vorher noch einen Teller Salzburger Nockerln zu genehmigen. Der 'normale' Franzose kennt diese schon gar nicht, weil er auch im Urlaub am liebsten im eigenen Lande bleibt.

Ich hatte mal das Vergnügen, und es war tatsächlich ein grosses Vergnügen, in Butzheim bei Rommerskirchen zu speisen.
Der bekannte deutsche Koch, Horst Lichter, bringt es auf den Punkt, wenn er sagt 'Sushi ist auch keine Lösung' und den Gästen Butter, Butter, Butter und Sahne, Sahne, Sahne auftragen lässt, das Problem ist, es genügt dem Ungeübten auch ein Flasche Wein nicht, um ein solches Essen unbeschadet zu verdauen, es braucht noch eine halbe Flasche Digestif und die Gesundheit ist im Eimer -grins. Ausserdem muss dann die Erinnerung an einen solchen schönen Abend von der Begleitung zuerst aufgefrischt werden.
An was ich mich aber sehr gut erinnern kann, ist, der Ort gehörte früher zum Kurfürstentum Köln oder auch der Mairie Nettesheim, Arrondissement Köln im Dép. de la Roer -grins, womit ich überhaupt nicht vom Thema 'Frankreich' abgewichen bin.

Ich hoffe, in Deinem Sinne geschrieben zu haben. Es war mir jedenfalls wirklich ein Vergnügen.


Chère Ela

Herzlichen Dank für Deine positive Schilderung der sprachmuffeligen Franzosen, ich werde es Dir niemals vergessen :blume1:. Wir fühlen uns Basel verbunden, sind häufig zu Besuch, u.a. auch zu AVO-Session - je nach Programm, desgleichen auch im Fauteuil oder Tabourettli.

Ich schätze, ohne Dich beleidigen zu wollen, Du gehörst eher zu den vorsichtigen Schweizerinnen und schlage Dir deshalb nicht vor, dem öffentlichen Verkehr in Frankreich mit einem Fahrrad ein Schnippchen zu schlagen. Es erfordert 'etwas' Mut, ist aber durchaus lohnend, die Gegenden so zu entdecken und zu erforschen; die meisten Waghalsigen werden dabei überhaupt nicht angefahren oder überfahren ;).

Liebe Grüsse :blume1:



Als kleiner Nachtrag nur: Mont Saint Michel liegt zwar direkt an der Grenze zu Bretagne, gehört aber noch zu Normandie; ist man schon in der Gegend und nicht gerade auf dem Weg nach Santiago de Compostela :rolleyes:, sollte man sich die Alabasterküste mit ihren Klippen nicht entgehen lassen. Wir haben dort im Spätherbst ein paar sehr schöne Tage verbracht. Étretat und Umgebung ist allen Verliebten, gesunden Melancholikern, Romantikern, Träumern etc. zu empfehlen, Ihr werdet nicht enttäuscht sein.

Ein schönes Wochenende wünscht
Jérôme
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Zur Abwechslung mal: Frankreich

Lieber Jérôme,

ja klar doch, das Elsass hab ich schon auch per Velo erkundet, als ich noch jung und sportlich war ;). Wunderbare Erinnerungen werden da wach und tatsächlich wurde ich auch nie überfahren.

Vielleicht sieht man sich ja mal im Fauteuil oder Tabourettli (oder irgendwo unterwegs auf einem Velosattel :))

Liebe Grüsse (auch an Céline)
Ela
 
AW: Zur Abwechslung mal: Frankreich

Hallo allseits,

zunächst einmal ein herzliches Danke an alle, die hier schon "eingestiegen" sind! :blume1:
Zitat von Jérôme
Kulturunterschiede merkt man nur am Alltagsgeschehen, obwohl sie durch Geschichte oder Politik, das soz. Gefüge, das Umfeld etc. geprägt wurden; sie werden aber nicht als solche wahrgenommen, die Begründung wäre auch schwierig und langweilig, zu oft werden sie als Arroganz, Ignoranz und Unvermögen der anderen Seite ausgelegt -ich nehme mich da nicht aus- erst durch den direkten Kontakt merkt man, dass so manches, was uns seltsam vorkommt, die Normalität des Anderen bedeutet und als solche akzeptiert werden muss.

'Gespräche' wie diese helfen m.M.n. mehr Vorurteile abzubauen, als es die besten Absichten unserer Politiker in 100 Jahren verordneter Freundschaft schaffen könnten.
Ich habe diesen Thread ja eher anekdotisch angelegt, aber einem solchen "Programm", wie du es formuliert hast, Jérôme, stimme ich ganz ausdrücklich zu!

Und stürze mich gleich auf das Essen! (Wie mehrere meiner geschätzten VorrednerInnen.) Der frankophile Engländer hat zwar völlig recht, wenn er sagt: "The best things in life are Brie!" :) Mein bereits erwähnter erster Besuch in Paris hat mich allerdings eher mit der eingebürgerten arabischen Küche vertraut gemacht. Wenn ich mich nicht sehr täusche, war die damals, vor etwa 15 Jahren, in Österreich noch nicht so verbreitet wie heute (vielleicht war ich aber auch einfach noch zu jung, sie zur Kenntnis zu nehmen). Insofern war ich (damals Vegetarier!) völlig begeistert von Taboulé und allerlei Couscous-Gerichten. Außerdem aß ich damals, irgendwo im Marais, mein erstes Fallafel - womit meine bis heute andauernde innige Liebesbeziehung mit dieser Speise begann. (Zu Hause in Österreich musste ich mich dann auf die hiesige Aussprache "FalÁffel" statt "FalaffÉl" umstellen.) - Obwohl ein "Mehlspeis-Tiger", wie man das hierzulande nennt, bin ich zu den französischen Desserts nie wirklich durchgedrungen (auf Créme Brulé, falls man das so schreibt, bekam ich dann erst Appetit, als ich sie in dem Film "Amelie" sah); da habe ich wenigstens etwas, auf das ich mich bei zukünftigen Aufenthalten freuen kann.
Ich selber bin zwar kein großer Koch vor dem Herrn, habe aber (peinlicherweise!) einen gewissen verwandtschaftlichen gastronomischen Background; ich sehe/sah deshalb, nicht immer freiwillig, manchmal auch Kochsendungen im Fernsehen, und eine der wenigen, die mir gefällt, ist die von "Arte" produzierte Serie, in der Sarah Wiener mit ihrem VW-Käfer durch Frankreich zuckelt, um diverse regionale Köstlichkeiten kennenzulernen:
http://kundendienst.orf.at/programm/fernsehen/orf2/wiener/11.html
http://www.arte.tv/de/spiele-und-mehr/Spiele---mehr/Wissenschaft---Entdeckung/1428626.html
Sarah Wiener sagt in einem Interview u.a. folgendes:
ARTE: Auch die zweite Staffel Ihrer ARTE-Reihe der „kulinarischen Abenteuer“ spielt in Frankreich. Essen die Franzosen bewusster als die Deutschen?
Sarah Wiener: Frankreich ist länger ein Bauernstaat gewesen als Deutschland, da blieb vieles länger intakt. Die Franzosen haben eine andere Vegetation, verschiedene Klimazonen, von mediterran bis nördlich. Und ein ganz anderes Nationalbewusstsein, einen großen Stolz auf die eigenen Produkte, das kann eine Linsen- oder eine Senfsorte sein. Die ganze Region sagt: „Wir haben die schönste Bohne und darauf sind wir stolz.“ Wo gibt es so etwas in Deutschland? Frankreich hat nicht unbedingt die besseren Köche, aber die besseren Produkte.
(http://www.arte.tv/de/alles-ueber-ARTE/ARTE-Magazin/Archiv/Schwerpunkte-Juli-2007/1691876.html)​
Was mich in diesem kulinarischen Zusammenhang mal interessieren würde: woher kommt eigentlich die, ähm, liebevolle Bezeichnung "Froschfresser" für Franzosen? Werden jenseits des Rheins tatsächlich mehr Frösche verspeist als anderswo?! Ich selber habe ein einziges Mal in meinem Leben Frosch gegessen, nämlich als Kind, als ich bei meinen Großeltern zu Besuch war und wir von einem Waldspaziergang ein paar solche Tiere mitnahmen, mit dem ausdrücklichen Auftrag für Oma, daraus ein Mahl zu bereiten. (NEIN, das war nicht in der Nachkriegszeit mit ihren Lebensmittelrationierungen - so alt bin ich nicht.) Ich habe leider nur mehr in Erinnerung, dass das ganze extrem stark nach Zitrone geschmeckt hat - meine Großmutter hat wohl dem Eigengeschmack der Tiere nichts zugetraut. (Oder wusste, wie ekelhaft das sonst gewesen wäre?) Habt ihr da mehr einschlägige "Erfahrungen"?

Ich nehme jedenfalls an, auch die Franzosen essen lieber Schein ("le oink") als Frosch ("le quaaaaaaak")... :)

So, genug für heute... demnächst an dieser Stelle vielleicht mehr über "french kissing" (so nennt man das doch, was Zidane im WM-Finale 2006 gemacht hat, oder?) :)

zidane_1.jpg


Grüße,
Romain
 
AW: Zur Abwechslung mal: Frankreich

Frankreich, die Franzosen aber auch Fussball sind nicht unbedingt die 'Bringer' hier, dafür habe ich zwar Verständins, aber es tut mir Leid für Deine Mühe, Roman.

Ich nehme mich, obwohl absolut ungeeignet, des Thema 'Fussball' an, weil hier die Euphorie früherer Tage fehlt. Alle denken angestrengt Wichtiges, logischerweise spielt keiner Fussball oder Fussball eine Rolle.

In Frankreich ist es ganz anders.
Kaum haben sich die Gemüter etwas beruhigt, weil Trezeguet nicht aufgeboten wurde, schon sorgte die Auslosung für heisse Köpfe. Frankreich und Italien zusammen in der Vorrunden-Hammergruppe und DAS ausgerechnet in der 'nach-Zidane-Ära'! Viel schlimmer noch als alle Abhörskandale der Welt.
Und weil ein Unglück selten alleine kommt, wurde jetzt auch noch der definitive Untergang der équipe tricolore bekannt gegeben. Les Bleus ohne Cissé. Ich kann zwar nicht beurteilen, wie schrecklich das ist, aber ich weiss, es ist!

Schrecklich ist auch, dass mir solche Volksfeste nicht ganz geheuer sind, sie können sogar unerträglich werden. Nicht nur in den Stadien, auch zu Hause.
Meine Mutter sammelt Spielerbilder und klebt sie in ein Album ein. Ich verzeihe ihr das grossherzig, schliesslich ist sie meine Mutter, ich liebe sie sehr und sie benimmt sich ausserhalb der Meisterschaften unauffällig und gefällig -grins. Aber sie wird dabei von meinem Sohn (5) assistiert, für den Fussball bis dato nur von marginaler Bedeutung war und auch gegenüber Massenveranstaltungen zeichnete er sich hauptsächlich durch stoische Zurückhaltung aus.

Ebendieser Sohn (ich habe nur diesen) kam gestern freudestrahlend von seiner Oma nach Hause und verkündete stolz und irgendwie auch vorwurfsvoll 'Ich sehe mir mit Oma Frankreich - Italien an! Mama kommt sicher auch mit und Léa sowieso! Du darfst mit Lee zu Hause bleiben...hat Oma gesagt!'
'So, so, hat Oma gesagt.' Verdammt, wieso fragt keiner mich, was ich davon halte?
Sie reisen natürlich nicht nach Bern, Basel oder Zürich, oder weiss der Teufel wohin, sie wollen es sich aber auch nicht am TV ansehen, wie ich annahm (ja, die Oma hat! -grins), nein, sie wollen es sich in der Stadt, irgendwo auf einer Grossleinwand ansehen.

Ich müsste an dieser Stelle Verantwortung übernehmen und mitgehen, für Wein, Wasser, Limo, Wurst, Crêpes, Kebab, Eis und Toilette anstehen und den Heimweg zwischen all den begeisterten oder betrübten Fans antreten. Stelle ich mir, bei aller Liebe, nicht gerade prickelnd vor.
Auch noch die hupenden oder brennenden Autos, betrunkene Anwohner oder sogar Hooligans, Chaos, Dreck, schlaflose Nächte, das alles geht mir durch den Kopf (Mensch, reiss dich zusammen!), und ich lamentiere also nur innerlich, denn schliesslich gehört zu einem solchen Anlass auch Freude und Begeisterung, Patriotismus etc., soll doch Fussball gar in manchen Gegenden als die schönste Nebensache der Welt gelten.

Ich also endlich voll begeistert, will heute in der Früh, nein, nicht Fähnchen!, frische Brötchen holen, um die Familie auf das Ereignis hin zu stärken und guten Willen zu zeigen; öffne den Schuhschrank und es grinsen mich aus demselbigen Willy Sagnol und Franck Ribéry an (zum Glück sind sie angeschrieben, ich hätte sie vielleicht nicht mal erkannt), darunter noch ein Bild aus besseren Tagen - Zinedine Zidane (den muss man nicht anschreiben, den kenne ich).

'Wer war das?' frage ich streng die hämisch grinsende Bande. Nur die Kleinste wagt mit einem ungewohnt dünnen Stimmlein ein 'Je n'en sais rien' und der Sohn doppelt etwas lauter nach 'moi non plus!'. Die restlichen Weiber grinsen weiter und lassen mich ziehen.
'Wartet nur', denke ich und muss, schon draussen vor der Tür, lachen. Die dort im Haus drin wissen nämlich noch gar nicht, dass die EURO ohne uns stattfindet. Denn wir werden schön entspannt im Heidekraut halbwilden Schafen zuschauen (der Vergleich war nicht gewollt!, die gibt es wirklich) und auch den über uns kreisenden Adlern in menschenleeren Weiten der schottischen Highlands.

Wenn mir jetzt jemand unterstellen möchte, dass dabei auch der Besuch einer oder zwei Destillen ansteht, dem antworte ich gelassen: 'Na, und? So viel Zeit muss sein.'
Oder soll ich bis Juli/August warten, um dann meine Familie durch Menschenmengen zu bugsieren wie bei den EURO-Übertragungen zu Hause? Wäre unlogisch, nicht wahr? So blöd bin ich nicht.

Vielleicht gelingt mir nach einem gemütlichen Pub-Besuch sogar ein besonders schön unscharfes Bild zu schiessen, mit dem in der 'Saure-Gurken-Zeit' der Presse über die Durststrecke helfen werde. Wenn also nächstens irgendwo Nessie auftaucht, denkt an mich.
Ihre Schwester oder Cousine lebt übrigens in Kanada in einem See namens Okanagan (nach Old Kan-He-Kan genannt), nördlich von Vancouver. Sie heisst Ogopogo und ist bedeutend älter als Nessie. Die Chinooks kannten sie als Na-ha-ha-itk -Schlange im See, noch bevor sie mit den Weissen Bekanntschaft machten. Aber das ist jetzt vermutlich eine unzulässige Ausweitung der Kampfzone und ich kein Cryptozoologe!

Wieso ich dabei auf die Ungeheur kam, kann ich nicht genau erklären, muss etwas mit Fussball zu tun haben. Der Grund, 'wieso ausgerechnet Schottland' ist viel einfacher. Es ist ein ausgesprochen schönes Land. Hinterher habe ich nachgeschaut und noch einen absolut plausiblen Grund allein für mich gefunden. Eine Fügung gar -grins.
Dort droht uns keine Gefahr, Schottland ist nicht dabei an der EURO und Frankreich nicht daran schuld. Wir wollten helfen(!) und haben 1 : 0 und 0 : 1 verloren.

Die Euro steht vor der Tür?
Ich habe (ab)geschlossen!
 
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AW: Zur Abwechslung mal: Frankreich

Nun, cher Jérôme, du bist nicht der Einzige Sohn oder Schwiegersohn der an den sportlichen Ausschweifungen der Familie leiden muss. Da wäre noch mein Schwiegersohn, Ulli. Der einzige in der Familie, der wirklich nichts am Hut hat mit der Tour de France – also auch der einzige Leidtragende.

Denn er musste die liebe Familie immer dorthin fahren wo die Tour anfing, man muss ja beim Prolog dabei gewesen sein - und das ist bekanntlich meistens Strasbourg. (À propos: wie ist der letzte Stand der Dinge? Ist das laut DF nun Deutschland oder Frankreich?). Egal. In der Zeit hatte meine Familie noch den unbetrübten Glauben sie fahren nach Frankreich.

Ich bekam dies alles nur berichtet, war nicht life dabei.
Doch mit der Zeit schloss sich der Gruppe die absolute Tourfanatikerin an, meine Enkelin Daniela, ich denke sie war bei ihrer ersten Tour sechs Jahre alt. Und da sie zu klein war um auch die Beine vom trainierenden Lance zu beobachten, saß sie natürlich auf den Schultern vom Onkel Ulli.
Als Belohnung erklärte sie ihm wie das alles läuft, mit der Zeit hielt sie ihn auf den Laufenden über die letzten Dopingaffären – denn als kleine Intrigantin war das natürlich viel spannender als alles andere.

Das stimmt so nicht ganz – erst machte sie eine regelrechte Krise durch, als die andere Fanatikerin, ihre geliebte Tante Catherine, ihr dies alles berichtete.

Und Ulli, mit dem Mädchen auf den Schultern lief seiner Frau nach, die immer wusste wo man sich gerade aufhalten sollte. So en passant rief sie ihren Mann z. B. zu: "Schau, dort steht Rudi Cerne!" Die Antwort kam im Form einer Gegenfrage: "Wer ist Rudi Cerne?"

Man reiste noch 2-3 Tage der Tour nach, dann durfte Ulli die glückliche Familie nachhause fahren.

Doch das alles geschah nur in der Zeit von Lance Armstrong. Danach verlor die Tour an Interesse.
Nur die Ankunft in Paris gehört noch zur Familientradition. Die wird vor dem Fernseher verbracht, ich koche für diese sportliche Familie ein nicht sehr für Sportler geeignetes Essen, und dann war’s wieder mal.

Und was geschieht in diesem Jahr? Jetzt gehört ja auch Mathias, zweieinhalb, zur Familie. Er ist der Adoptivsohn meiner Tochter und meines Schwiegersohnes. Und da er Vieles nachzuholen hat was er in der Isolation seiner ersten 16 Monate nicht erfahren hat, lassen wir ihn nicht Fernsehen gucken.
Ende der Vorstellung.

Salutations

Miriam

 
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