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Wiedersehen

L

lilith51

Guest
He, du! Ja du! Dich meine ich. Dich, der du dich so fragend umschaust, ob nicht jemand anderer gemeint sein könnte.
Nein, kein anderer ist gemeint. Du bist es. Genau du!

Was ich von dir will? Kennst du mich nicht mehr? Komm her, setz dich zu mir!

Schau mich an. Wirklich an! Nicht so halb an mir vorbei. Komm, schau mich an! Schau mir in die Augen, von mir aus auch auf meine Stirn und meine Nase, auf meinen Mund, wenn ich spreche. Aber schau auf mich!

Welche Farbe haben meine Augen? Kannst du das erkennen? Ach die Sonne! Gut, schau jetzt, wo ich mehr in den Schatten gerückt bin.

Siehst du die steile Falte zwischen meinen Augenbrauen?

Meine Wangen sind ein bisschen schwer geworden, ja das weiß ich. Ja, und gerötet sind sie auch. Du schaust ja wirklich genau.

Meine Augen sind blau-grau und ein bisschen grün, das ist wirklich gut, deine Augen sehen noch scharf, wenn du das durch meine Brille hindurch erkennst.

Ach, du erinnerst dich auch noch daran? Das hätte ich nicht erwartet. Ich habe nie bemerkt, dass du mich so genau angeschaut hast, um auch meine Augenfarbe zu erkennen.

Nein, reden wir nicht von damals. Jetzt ist jetzt, damals gibt es nicht mehr.

Die Falte zwischen den Augen ist tiefer geworden. Sehr aufmerksam. Und die Fältchen um die Augen kannst du jetzt auch sehen.
Meine Mundwinkel hängen eine bisschen nach unten und das sieht ein bisschen nach Trauer aus?

Komm, lassen wir das Interpretieren. Sie hängen, punkt.
Jetzt sitze ich da, du bist da, wie könnte ich traurig sein?

Mein Mund schaut noch genauso hungrig aus wie damals?

Ja ja, ich weiß, dass ich meine Haare längst wieder schneiden lassen sollte. Seit sie grau werden, lassen sie sich nicht mehr bändigen. Du hast das ja nicht nötig, oder lässt du dir deine Löckchen noch immer alle paar Wochen scheren?

Nein, wir schweifen ab. Du bist noch nicht fertig. Was siehst du noch?

Meine Hände? Gut, da, schau dir meine Hände an. Wieso meine Hände?
Nein, berühr sie bitte nicht, das ist zu nah. Nur anschauen.

Nein, ich will deine Hände nicht sehen. Das kann ich nicht ertragen. Ich werde hier keine Sentimentalitäten zulassen. Hände sind zu intim für eine kurze Begegnung.

Nun hast du mich doch berührt. Ich will das nicht, auch wenn es nur dein Finger auf meinem Handrücken ist.
Es brennt wie Feuer, es tut weh.

Streichle mich nicht, lass mich wieder los. Ich hab mir geschworen, nicht zu weinen. Ich hab oft genug geweint, weil du mich nicht berührt hast. Jetzt ist es zu spät.

Hast du gehört?
Lass mich los! Lass mich - - bitte - - los....

Siehst du, nun weine ich doch! Ich wollte doch nicht......


EM 11.01.05
 
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Einfach super, Lilith!!!

Ich hab mir beim Lesen vorgestellt, wie du zufällig auf diesen Freund aus vergangener Zeit triffst. Einen Bahnhof hab ich vor Augen.
Gespürt hab ich deine Freude ihn wiederzusehen, aber auch gleichzeitig die Angst davor, dass er dir zu nahe kommt, Gefühle von damals entfacht und dich wieder verletzen könnte.
Es kommt wie eine reale Szene rüber.

Liebe Grüße
Rhona :umarm:
 
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Rhona schrieb:
Einfach super, Lilith!!!

Ich hab mir beim Lesen vorgestellt, wie du zufällig auf diesen Freund aus vergangener Zeit triffst. Einen Bahnhof hab ich vor Augen.
Gespürt hab ich deine Freude ihn wiederzusehen, aber auch gleichzeitig die Angst davor, dass er dir zu nahe kommt, Gefühle von damals entfacht und dich wieder verletzen könnte.
Es kommt wie eine reale Szene rüber.

Liebe Grüße
Rhona :umarm:
Danke Rhona, ich freue mich, dass das wirklich so rüberkommt.
 
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