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War Lenin ein Held?

psbvbn1

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1. Oktober 2006
Beiträge
1.237
hallo, forianer!

einer der bekanntesten und prägendsten menschen des 20. jh. war wladimir iljitsch uljanow, lenin!

aber heißt das auch, dass der begründer er sowjetunion, der vollbringer der "großen sozialistischen oktoberrevolution", der errichter des ersten sozialistischen staates in der welt, ein guter führer war, sogar ein held?

vergessen wir nicht, unter seiner herrschaft starben millionen menschen im bürgerkrieg, am anfang war die wirtschaft russlands total zerrüttet. er errichtete eine diktatur im namen der neuen menschlichkeit, er verfremdete marx' theorien zur stützung einer avantgardistischen herrschaft.
doch trotzdem sahen ihn viele in der udssr früher durch propaganda und erziehung noch verstärkt als einen heldenhaften, menschenfreundlichen Revolutionär, der die russen einzigartig gemacht hat, ihnen macht, stärke und selbstvertrauen gegeben hat.

Was haltet ihr davon?
 
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AW: War Lenin ein Held?

Lieber psbvbn1!

Weißt, ich habe so meine Schwierigkeiten - immer schon gehabt - mit den Zuordnungen Held, Führer. Beide Bezeichnungen wecken sehr unangenehme Erinnerungen in mir.
Im 3. Reich waren die Helden, die für den Führer ( und , wie er in Anspruch nahm, sein Volk) starben: den Heldentod. Im Mittelalter waren diejenigen Kämpfer tapfere Degene/ heleden ( = Helden), die mehr Gegner um die Ecke brachten als der " Durchschnitt".

Aber, ich möchte Dir trotzdem zunächst einmal kurz antworten.

Wladimir Uljanow / Lenin war auf jeden Fall einer der führenden, auch ideologisch führenden Bolschewiki, die die Geschichte ihres Landes im 20 Jahrhundert entscheidend prägten und das mächtige noch fast autokratisch geführte Land ( die Duma gab es erst seit 1905 ) in die Neuzeit führten.

Ich bin überzeugt - na ja, eigentlich weiß ich es sogar -, dass er, im Gegensatz zum reinen Tyrannen Stalin ursprünglich sehr wohl Visionen von einem gerechteren Russland hatte und auch fähig war, "umzudenken" (NEP - als Beispiel).Nur; er war nicht fähig, diese auf demokratische Weise wenigsten ansatzweise zu verwirklichen.

Mal sehen, wie die anderen die "Sache" sehen?
 
AW: War Lenin ein Held?

es gibt Politiker,
die haben ihre Karriere geplant

die sind also früh in die Partei eingetreten,
standen dort die ganze Zeit über stramm
(krochen dort den Mächtigen in den Arsch)
bis es endlich (Intrige) so weit war​

es gibt Politiker,
die haben a und b zusammengezählt
und ihre Vison lautstark verkündet

weil sie dies zur rechten Zeit am rechten Ort getan haben,
fanden sie die Zustimmung vieler Mitmenschen​

LECH WALSESA gehört in letztere Kategorie
und an L. W. sieht man,
daß auch schlichte Visionäre in der Politik erfolgreich sein können,
was in der Kategorie 'intrigante Karrieristen' kaum möglich ist

von LENIN gibt es philosophische Schriften,
W. U. L. war also Visionär und nicht schlicht,
ansonsten weiss ich zuwenig von ihm
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: War Lenin ein Held?

Ich bin überzeugt - na ja, eigentlich weiß ich es sogar -, dass er, im Gegensatz zum reinen Tyrannen Stalin ursprünglich sehr wohl Visionen von einem gerechteren Russland hatte und auch fähig war, "umzudenken" (NEP - als Beispiel).Nur; er war nicht fähig, diese auf demokratische Weise wenigsten ansatzweise zu verwirklichen.

Mal sehen, wie die anderen die "Sache" sehen?

er war ein Held, ein Visonär, ein großer Staatsmann.

ein Held, weil er gegen eine welt von Feinden die Macht erstrebt und gewonnen hat,
ein visionär, weil er eine gerechte Gesellschaftsordnung nicht nur beschrieben, sondern den Grundstein dafür gelegt hat,
keine Gleichmacherei, wie sie viele spätere Steinzeitkommunisten angestrebt haben, sonder Chancengleichheit für alle, das war damals revolutionär.

ein großer Staatsmann, weil er schier unlösbare Aufgaben und Reformen angegangen ist
("Dekret über den Frieden"
"Dekret über den Boden",
seine ersten Amtshandlungen)

Der Held wurde nicht nur von seinen Feinden gehaßt und bekämpft,
(das Attentat)
er wurde schließlich von Stalin kaltgestellt, der sich als falscher Freund und Ursurpator erwies.

Claus
 
AW: War Lenin ein Held?

hallo, claus!

ich freue mich ehrlich, dass du den weg ins geschichtsunterforum gefunden hast:blume1:

du schreibst, lenin habe den grundstein für eine gerechtere gesellschaftsordnung gelegt. aber hat er das?
er hat marx theorien dem zeitalter des imperialismus angepasst, also interpretiert. er sah zur verwirklichung der kommunistischen revolution eine avantgarde des proletariats vor, im gegensatz zu marx und anderen deutschen sozialisten wie liebknecht und luxemburg, die die arbeiterschaft als ganzes moblisieren wollten!

aber ist das gerecht, wenn paar eliten, einmal an die macht gekommen, die andersdenkenden "umerziehen" wollen, auch mit gewalt?
ich glaube nein!

ich stimme dir allerdings zu, dass er mindestens zur zarenzeit noch ein visionär war, der aber nach der oktoberrevolution die wirklichen probleme russlands nicht lösen konnte, was natürlich auch an seiner kurzen regierungszeit lag.

dass er außerdem noch charisma besaß und ein findiger staatsmann war, beweist schon der fakt, dass er die erste sozialistische revolution in einem staat leitete.
 
AW: War Lenin ein Held?

hallo, claus!

ich freue mich ehrlich, dass du den weg ins geschichtsunterforum gefunden hast:blume1:

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aber ist das gerecht, wenn paar eliten, einmal an die macht gekommen, die andersdenkenden "umerziehen" wollen, auch mit gewalt?
ich glaube nein!

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Danke für die ehrlichen Blumen, psbybn. :)

jede Revolution in der geschichte hat bisher ihre Opfer gefordert, die haben die Ereignisse dann immer auch als ungerecht empfunden.

Rußland nach dem 1.Wk war ein zerrüttetes, zurückgebliebenes und von Feinden bedrohtes Land.

Eine Demokratie nach unseren Vorstellungen war gar nicht möglich,
Lenins These, daß zunächst die
"Diktatur des Proletariats"
das fundament des Staates bilden müsse, hatte seine Berechtigung.

Daß Lenins Erben dann den Kommunismus pervertiert haben,
Breshnev und seine Paladine ihn dann auch noch so gründlich zugrunde richteten, daß er ein für allemal keine chance mehr hat, das kann man Lenin nicht anlasten

meint claus
 
AW: War Lenin ein Held?

Danke für die ehrlichen Blumen, psbybn. :)

jede Revolution in der geschichte hat bisher ihre Opfer gefordert, die haben die Ereignisse dann immer auch als ungerecht empfunden.

Rußland nach dem 1.Wk war ein zerrüttetes, zurückgebliebenes und von Feinden bedrohtes Land.

Eine Demokratie nach unseren Vorstellungen war gar nicht möglich,
Lenins These, daß zunächst die
"Diktatur des Proletariats"
das fundament des Staates bilden müsse, hatte seine Berechtigung.

Daß Lenins Erben dann den Kommunismus pervertiert haben,
Breshnev und seine Paladine ihn dann auch noch so gründlich zugrunde richteten, daß er ein für allemal keine chance mehr hat, das kann man Lenin nicht anlasten

meint claus

hallo claus!

zum zeitpunkt der oktoberrevolution befand sich russland noch im 1.wk! erst lenin hatte ihn auch trotzki zum trotz mit dem von dir genannten dekret über den frieden beendet nach dem friedensschluss von brest-litowsk!

wenn russland bürgerlich geblieben wäre, hätten sie vielleicht im versailler vertrag noch reparationen von deutschland kriegen können, und wären international nicht so isoliert gewesen.

dass in russland eine demokratie nach westlichem verständnis gar nicht möglich ist, sieht man ja auch heute. in moskau ticken die uhren eben ein bisschen anders!

von stalin und breschnew und konsorten rede ich ja gar nicht!
 
AW: War Lenin ein Held?

dass in russland eine demokratie nach westlichem verständnis gar nicht möglich ist, sieht man ja auch heute. in moskau ticken die uhren eben ein bisschen anders!

Du musst mitbedenken, Freund psbvbn1, dass es ja erst nach der Revolution von 1905 eine konstitutionelle, auf Wahlen beruhende ( na ja - Wahlrechtprobleme/ Kurienwahlrecht) Regierungsform in Russland gab.

In dieser Revolution hatten die Petersburger einen Sowjet installiert ( Selbstverwaltungsorgan unter Führung der Sozialrevolutionäre) und es kam so, dass bis zum Februar 1917 diese Sowjets nicht nur in Petersburg, sondern in allen größeren Städten eine wichtige Rolle spielten. Wenn Du so willst: es gab eine legale bürgerliche Regierung und eine illegale proletarische. In der Februarrevolution von 1917 spielte diese "Schattenregierung" bereits eine sehr entscheidende Rolle ; die Provisorische Regierung war in ihrer Handlungsfähigkeit entscheidend durch die Sowjets gebremst.Am 2. März ( dem Amtsantritt dieser Regierung,) musste Zar Nikolaus II seine Abdankungsurkunde unterzeichnen - praktisch ein Bauernopfer, zu dem alle konservativen Parteiführer drängten.
Am 3. März wurde Russland Demokratie - Wahlrecht für alle. Zu spät, wie wir heute wissen.
Mit Lenins Ankunft auf dem Finnischen Bahnhof in Petersburg (3 -( 16.) April) begann der echte Untergang des demokratischen ( immer nur ansatzweise demokratisch) Russlands. Die deutsche Regierung hatte Lenin ja in einem versiegelten Zug erlaubt, aus der Schweiz in seine von Unruhen und Hungersnöten geschüttelte Heimat zurückzukehren, um die Lage dort weiter zu destabilisieren.Er war an sich auch unter seinen Mitexilierten, die großteils mitfuhren, ziemlich isoliert und als Fanatiker abgetan.
Aber: die Wut und die Not der in der Heimat gebliebenen Bolschewiki erlaubten seine Strategien, die er ja schon in seinen " Briefen aus der Ferne" skizziert hatte.
So - und da hast Du Recht - war er der Motor der offensiven Destruktionspolitik gegen die - noch von den bürgerlicheren Menschewiki dominierten - Regierung. Kamenjew und Stalin wurden dann seine stärksten Lokomotiven. Und Trotzki. Aber das ist dann eine andere Geschichte.


Russland hatt NIE eine demokratische Staatsform - das sieht man vor allem auch an der kurzen Zeit, in der es möglich gewesen wäre, sie zu installieren.
 
AW: War Lenin ein Held?

hallo, liebe marianne!

das mit der doppelherrschaft in russland kannte ich schon, also wie zwei regierungsmächte (sowjets mit bolschewiki und sozialrevolutionären, und die prov. regierung) zugleich bestimmten, ohne den anderen kontrollieren zu können.
es war bestimmt eine asymmetrische machtverteilung, denn die volksräte hatten doch die massen hinter sich, da zählte die legitimität der prov. regierung doch nicht so stark, oder? (korrigiere mich bitte marianne)

aber ich wusste noch nicht, dass lenin selbst bei anderen exilisten als fanatiker, als außenseiter gebrandmarkt wurde, schau an!
 
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AW: War Lenin ein Held?

aber ich wusste noch nicht, dass lenin selbst bei anderen exilisten als fanatiker, als außenseiter gebrandmarkt wurde, schau an!

weißt du, die Situation unter den linken revolutionären gruppen damals wird so gewesen sein wie heute unter den zerstrittenen Linksparteien,

mir ist neulich eine Zeitung der KPD (die Rote Fahne) vom Jahre 1999 in die Hände gefallen,
da ist wörtlich von den "Bluthunden der SPD" die Rede, die den Faschisten helfen, ein "Viertes Reich" zu errrichten,
Gorbatschow wird mit (ganz offenischtlich gefälschten ) Zitaten dargestellt, nach denen er schon 1988 vor Absolventen einer türkischen Militärakademie angekündigt hat, er wolle endlich "Schluß machen mit dem Kommunismus",

vergiß alles, was damal Exilisten und ideelle Konkurrenten über Lenin gesagt haben, in dieser Zeit war jeder Revolutionär, Revoluzzer und Anarchist des anderen teufel...

meint Claus
 
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