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Vittorio Hösle - ein zeitgenössischer Philosoph

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AW: Vittorio Hösle - ein zeitgenössischer Philosoph

Zu 1.:
Aber ich vermute, dass beispielsweise die sog. "Goldene Regel" (ca. 3700 Jahre alt !) auch nicht widerlegt werden kann, da ein sprachlicher/diskursiver Widerlegungsversuch diese Regel bestätigen würde ...:dontknow:
Zu 2.:
Da Körpersprache wohl ein Teil der non-verbalen Kommunikation ausmacht, kann der Begriff Kommunikationsgemeinschaft aus meiner unmaßgeblichen Perspektive beibehalten werden!
Und dass Leben sich nur in Kontexten von Beziehungen/Kommunikationen zu entfalten/entwickeln vermag, wird inzwischen von allen Human- und Sozialwissenschaften bestätigt, sogar indirekt von der zeitgenössischen Biologie und Hirnforschung ...
In diesem Zusammenhang ist der Begriff des "Netzwerks" vielleicht hilfreich und die Frage ist nicht uninteressant, wie sich Kommunikations- und Beziehungserfahrungen in der frühen Kindheit beispielsweise auf die neuronalen Netzwerke im Gehirn von sich entwickelnden Kindern/Jugendlichen auswirken ...
Gruß, moebius

Zu 1.: Die goldene Regel kann nicht widerlegt werden, dennoch wird sie -sich- nicht oder nicht genügend zu EIGEN gemacht.
Zu 2.: Ich unterscheide deshalb zwischen Kommunikation und Beziehung , weil eine Kommunikation ohne Beziehung nicht über den Kommunizierenden hinaus weist, sondern lediglich ein Austauschen von Informationen ist.(?)
Gruß M.
 
AW: Vittorio Hösle - ein zeitgenössischer Philosoph

Das spricht für
Kannst Du bitte mal die philosophische Grundthese/Grundaussage, durch die er sich von den anderen Philosophen unterscheidet, kurz referieren...?
Ich habe momentan keine Zeit, mich mit Hösle zu beschäftigen!
Was unterscheidet ihn beispielsweise von APEL...?
Gruß, moebius


Ob das wirklich so gegensätzlich ist, lasse ich mal dahingestellt; m.E. sind es nur Nuancen, die Hösle anders als Apel betont. Hösle führt vieles von Apel zustimmend aus, um ein paar Varianten zu setzen oder weitergehende Fragen zu stellen. Außerdem "krankt" meine Hösle-Kenntnis noch an der fehlenden Lektüre seines Werkes "Moral und Politik" - ein über tausendseitiger Schinken, von dem ich nicht sagen kann, wann ich Zeit finde, ihn zu lesen...
Deshalb nur soviel:

“Die Transzendentalpragmatik begründet den Vorrang der Intersubjektivität mit dem Argument, ein einsames Subjekt könne keine Erkenntnis mit Wahrheitsanspruch haben. Dagegen scheint mir diese Behauptung die Autonomie der Vernunft zu zerstören; Wahrheit scheint mir eine subjektivitätslogische Kategorie zu sein.”

1. Das Natur-Problem (bzw. Erkennbarkeit des Objektiven)
Apel habe nur zwei Substrukturen des intersubjektiven Geistes ausgearbeitet, die der realen und idealen Kommunikationsgemeinschaft.
Er ignoriere das Problem der Natur, denn nach Meinung Hösles könne man mit der idealen Kommunikationsgemeinschaft, die ja dann auch zeitlose Entitäten oder Naturgesetze voraussetzen müsse, kaum erfassen, dass es eine reale Natur gebe, weil etwas vorausgesetzt würde, was noch erst begründet werden soll. Apel ignoriere nach Hösle das Problem der Natur. Hösle selbst greift an dieser Stelle auf Fichte zurück: “Die Natur muss daher, wie bei Fichte, ein Konstrukt des Geistes sein - wenn auch des intersubjektiven und nicht des subjektiven.” Oder: “Dass Natur erfahrbar ist, heißt, dass sie so strukturiert sein muss, dass sie Wesen hervorbringen kann, die sie erfahren können.”

2. Die Begründung der Ethik
Apel habe zwei regulative Prinzipien der Ethik entwickelt. “Erstens muss es in allem Tun und Lassen darum gehen, das Überleben der menschlichen Gattung als der realen Kommunikationsgemeinschaft sicherzustellen, zweitens darum, in der realen die ideale Kommunikationsgemeinschaft zu verwirklichen.”
Hösle gesteht auch zu, dass nur eine Philosophie, die sich um Letztbegründung bemühe, Aussichten habe, eine normative Theorie (wie eine Ethik) zu begründen. Auch sei die Theorie der Intersubjektität unabdingbar für eine solche Ethikbegründung.
“Zunächst wird letztbegründet, dass die Folgen und Nebenwirkungen, die sich aus der Befolgung einer gültigen Norm für die Befriedigung der Interessen jedes einzelnen voraussichtlich ergeben, von allen Betroffenen zwanglos akzeptiert werden können. Alsdann stellt sich im konkreten Diskurs heraus, was unbeschränkt konsensfähig ist.”

Hösle begründet seine Ethik-Auffassung aber mit einem “objektiven Idealismus”, d.h. er greift letztlich auf eine normative Instanz wie Religion zurück (ob man dies annehmen muss oder dem folgen will, lasse ich ebenfalls dahingestellt).
 
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AW: Vittorio Hösle - ein zeitgenössischer Philosoph

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1. Hösle gesteht auch zu, dass nur eine Philosophie, die sich um Letztbegründung bemühe, Aussichten habe, eine normative Theorie (wie eine Ethik) zu begründen. Auch sei die Theorie der Intersubjektität unabdingbar für eine solche Ethikbegründung.
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2. Hösle begründet seine Ethik-Auffassung aber mit einem “objektiven Idealismus”, d.h. er greift letztlich auf eine normative Instanz wie Religion zurück (ob man dies annehmen muss oder dem folgen will, lasse ich ebenfalls dahingestellt).

Zu 1.:
Das Bemühen um eine Letztbegründung ist eine durchaus ehrenwerte philosophische Bemühung!
Ich vermute allerdings, dass sie letztlich scheitern muss, denn jede theoretische Letztbegründung stößt an einen Punkt/eine Voraussetzung, die sie selbst nicht mehr begründen kann...
Deshalb konnte Kurt GÖDEL für die Mathematik auch sein berühmtes Unvollständigkeitstheorem formulieren, das schon für den Bereich von Formal-Systemen (Logik, Mathematik) bewies, dass auch diese letztlich unvollständig bleiben müssen - und keine endgültige Gewissheit/Letztbegründbarkeit erzeugen können.
Und noch etwas:
Eine Theorie der Intersubjektivität ist das eine - das Bemühen um gelingende Intersubjektivität (Komunikation, Verständigung) ist das andere...
Die spannende Grund-Frage der ETHIK ist für mich:
Warum gelingt Intersubjektivität/Kommunikation/Verständigung so selten, obwohl die tollsten, eindrucksvollsten Theorien/Regeln/Maximen seit mindestens 3700 Jahren auf dem theoretischen Tisch der Menschheit liegen ..., wobei ich beispielsweise an die Goldene Regel, den Kategorischen Imperativ, die Diskurs-Ethik denke...!?!???
Zu 2.:
Hat Hösle das Reflexions-Niveau der Religions-Kritik (Feuerbach, Marx, Nietzsche, Freud u.a.) zur Kenntnis genommen ???
Hat er sich mit der Ambivalenz der Religionen beschäftigt, die auch heute noch Ursache/Grund von Kriegen ist ???
Sunniten bekämpfen Schiiten, Moslems kämpfen gegen Juden, Christen und Hindus, Katholiken kämpf(t)en beispielsweise in Nordirland gegen Protestanten ??? Warum scheint ein Religionsfrieden, den Hans KÜNG als Voraussetzung für einen Weltfrieden gefordert hatte ("Projekt Weltethos"), in weiter Ferne zu sein...???
Langer Rede kurzer Sinn:
Eine Ethik-Begründung unter Rekurs auf den "objektiven Idealismus" bzw. die normative Instanz einer Religion halte ich im 21. Jahrhundert für nicht mehr plausibel durchführbar, aber das ist Hösles, und nicht mein Problem...
Gruß, moebius
 
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