Vierzeiler

[Joachim Stiller]

Dichterlied

Ich sitz vor einem leeren Blatt,
Doch mir fällt nichts ein;
Kein einz’ger Witz geht heute glatt,
Nicht einmal der kleinste Reim.

 

[Joachim Stiller]

Junggesellenleben

Ich hab im Haus die Hosen an,
Sie rutschen mir auf’s Knie;
Leider lebe ich allen,
Ja, was hier fehlt, ist „Sie“.

 

[Joachim Stiller]

Eine philosophische Frage

Vor mir steht ein halbes Glas,
Und ich komm schwer ins Grübeln;
Bin ich nun Opti- oder Pessimist,
Ich find die Frage übel.

 

[Joachim Stiller]

Weltenschmerz

Ich trinke mir ein Täschen Tee,
Denn meine Seele tut noch weh;
Gestern brach mir fast das Herz,
Denn ich fühlte Weltenschmerz.

 

[Joachim Stiller]

Versprechen

Leider bin ich noch kein Arzt,
Doch will ich einer werden;
Ich heile dann die kranke Welt,
Und linder die Beschwerden.

 

[Joachim Stiller]

Trichotomie

Körper, Geist und Seele,
Sind des Menschen Lauf;
Körper, Geist und Seele,
Ist der Mensch zu Hauf.

 

[Joachim Stiller]

Bücherehe

Ich ging eine Ehe ein,
Mit meinen Bücherwänden;
Jetzt zeug ich kleine Bücherlein,
Sag mir, wo soll das enden.

 

[Joachim Stiller]

Die bösen Geister

Die bösen Geister
Sind die guten meistens auch,
Doch treten sie immer,
Zum falschen Zeitpunkt auf.

 

[Joachim Stiller]

Echnaton

Ulrike sprach einmal zu mir:
Ich hebe ab, und telerier;
Ich nehme dann mein Bullrichphon,
Und rufe an bei Echnaton.

 

[Joachim Stiller]

Stein der Weisen (für Wolf Biermann)

Den Stein der Weisen, Genosse, gib zu,
Den gibt’s ja, doch, Genosse auch Du,
Den gibt’s ja doch, Genosse auch Du,
Du hast ihn längst gefunden.