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Thomas von Aquin

Secundus1

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26. Februar 2013
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Thomas von Aquin (* um 1225 auf Schloss Roccasecca bei Aquino in Italien; † 7. März 1274 in Fossanova; auch Thomas Aquinas oder der Aquinat; it. Tommaso d'Aquino) war Dominikaner und einer der einflussreichsten Philosophen und Theologen der Geschichte. Er gehört zu den bedeutendsten der 35 katholischen Kirchenlehrer und ist als solcher unter verschiedenen Beinamen wie etwa Doctor Angelicus[1] bekannt. Seiner Wirkungsgeschichte in der Philosophie des hohen Mittelalters nach zählt er zu den Hauptvertretern der Scholastik. Er hinterließ ein sehr umfangreiches Werk, das etwa im Neuthomismus und der Neuscholastik bis in die heutige Zeit nachwirkt. In der römisch-katholischen Kirche wird er als Heiliger verehrt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_von_Aquin

Was haltet ihr von T. v. Aquin und seinen Gottesbeweisen: "quinque viae ad Deum"???
Was von seiner Ethik?

In seiner Ethik verbindet Thomas von Aquin die Werte Aristoteles und des Kirchenvaters Augustinus. Tugend definiert er dementsprechend als ein rechtes Maß bzw. dem Ausgleich zu vernunftswidrigen Taten. Ethisches Verhalten entspricht also dem vernünftigen Verhalten und damit dem Einhalten des göttlichen Gesetzes. Dennoch ist seine Ethik keine rein natürliche Ethik (wenn sich eine solche auch aus seinem theologischen Werk erschließen lässt). Vielmehr vertritt Thomas - auch darin für seine Zeit originell - die These, dass nicht nur die drei göttlichen Tugenden, sondern auch die Kardinaltugenden "eingegossene Tugenden" sind, d.h. wir empfangen sie geschenkweise, aus Gnade von Gott selbst. Denn: "Keiner wäre besser, würde er nicht mehr von Gott geliebt."
http://www.kathpedia.com/index.php?title=Thomas_von_Aquin
 
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AW: Thomas von Aquin

De ente et essentia:

http://de.wikipedia.org/wiki/De_ente_et_essentia

Thomas erklärt hier die Motivation seiner Abhandlung. „Seiendes“ und „Wesen“ werden von der Vernunft zuerst erfasst. Weil aber „ein kleiner Irrtum am Anfang am Ende ein großer ist“, müssen diese beiden Begriffe und ihr Verhältnis zu den „logischen Begriffen“ Gattung (genus), Art (species) und Unterschied (differentia) zuerst geklärt werden. Hinsichtlich der Methode muss die Untersuchung vom Zusammengesetzten, dem Seienden, zum Einfachen, dem Wesen fortschreiten.
 
AW: Thomas von Aquin

Thomas von Aquin
Über das Seiende und das Wesen
(De ente et essentia)


Einleitung
Weil ein kleiner Irrtum am Anfang am Ende ein großer ist nach dem Philosophen im 1. Buch von »Der Himmel und die Erde«, Seiendes und Wesen aber die sind, die zuerst von der Vernunft erfaßt werden, wie Avicenna am Anfang seiner »Metaphysik« sagt, muß man daher, damit nicht aus der Unkenntnis jener ein Fehler entsteht, zur Behebung der von ihnen ausgehenden Schwierigkeit sagen, was mit dem Wort »Wesen« und »Seiendes« bezeichnet wird und wie Wesen in verschiedenen Dingen vorgefunden wird und wie es sich zu den logischen Begriffen, nämlich Gattung, Art und Unterschied verhält.

Weil wir aber die Erkenntnis des Einfachen aus dem Zusammengesetzten gewinnen und vom Späteren zum Früheren gelangen müssen, muß man daher, damit das Verfahren, wenn wir mit dem Leichteren beginnen, angemessener wird, von der Bedeutung des Seienden zu der Bedeutung des Wesens fortschreiten.

Kapitel 1
Man muß nun wissen, daß, wie der Philosoph im 5.Buch der »Metaphysik« sagt, das Seiende als solches auf zweifache Weise ausgesagt wird: auf eine Weise so, daß es in zehn Kategorien eingeteilt wird, auf eine andere Weise so, daß es die Wahrheit der Aussagen bezeichnet. Der Unterschied dazwischen aber ist, daß auf die zweite Weise all jenes, worüber eine bejahende Aussage gebildet werden kann, Seiendes genannt werden kann, auch wenn jenes nichts in der Wirklichkeit meint; auf diese Weise werden Ermangelungen und negative Bestimmungen Seiendes genannt: wir sagen nämlich, daß die Bejahung der Verneinung entgegengesetzt »ist« und daß die Blindheit im Auge »ist«. Aber auf die erste Weise kann nur das, was etwas in der Wirklichkeit meint. Seiendes genannt werden. Daher sind Blindheit und dergleichen kein Seiendes auf die erste Weise.

Das Wort »Wesen« nun wird nicht von dem auf die zweite Weise ausgesagten Seienden hergenommen, auf diese Weise wird nämlich manches, was kein Wesen hat, Seiendes genannt, wie im Falle der Ermangelungen offenbar ist, sondern Wesen wird von dem auf die erste Weise ausgesagten Seienden hergenommen. Daher sagt der Kommentator zu derselben Stelle, daß das auf die erste Weise ausgesagte Seiende das ist, was das Wesen eines Dinges bezeichnet. Und weil, wie gesagt, das auf die erste Weise ausgesagte Seiende in zehn Kategorien eingeteilt wird, muß Wesen für alle Naturen, aufgrund deren verschiedenes Seiendes unter verschiedene Gattungen und Arten gebracht wird, etwas Gemeinsames bezeichnen, so wie Menschhaftigkeit das Wesen des Menschen ist, und so hinsichtlich des übrigen.

Und weil jenes, aufgrund dessen ein Ding in seine Gattung oder Art eingeordnet wird, das ist, was durch die Definition, die angibt, was das Ding ist, bezeichnet wird, daher kommt es, daß das Wort »Wesen« von den Philosophen in das Wort »Washeit« umgeändert wird. Und diese ist auch das, was der Philosoph häufig nennt das - was war es? - Sein, das ist das, wodurch etwas Was-Sein hat. Wesen wird auch Form genannt, insofern durch die Form die genaue Bestimmtheit eines jeden Dinges bezeichnet wird, wie Avicenna im 2. Buch seiner »Metaphysik« sagt. Wesen wird mit einem anderen Wort auch Natur genannt, Natur verstanden nach der ersten Weise jener vier, die Boëthius in der Schrift »Die zwei Naturen« angibt: danach wird nämlich all jenes Natur genannt, was mit der Vernunft auf irgendeine Weise erfaßt werden kann, kein Ding ist nämlich erkennbar außer durch seine Definition und sein Wesen. Und so sagt auch der Philosoph im 5. Buch der »Metaphysik«, daß jede Substanz eine Natur ist. Jedoch scheint das Wort »Natur«, auf diese Weise verstanden, das Wesen eines Dinges zu bezeichnen, insofern es (das Wort »Natur«) sich auf die eigentümliche Tätigkeit des Dinges bezieht, da kein Ding der eigentümlichen Tätigkeit ermangelt. Das Wort »Washeit« aber wird davon hergenommen, was durch die Definition bezeichnet wird. Aber Wesen heißt es, insofern durch es und in ihm ein Seiendes Sein hat.

Aber weil Seiendes ohne Einschränkung und in erster Linie von Substanzen, in zweiter Linie und gleichsam in gewisser Hinsicht von Eigenschaften ausgesagt wird, daher kommt es, daß auch Wesen im eigentlichen Sinne und in Wahrheit in Substanzen ist, aber in Eigenschaften in gewisser Weise und gewisser Hinsicht ist. Von den Substanzen aber sind einige einfach und einige zusammengesetzt, und in beiden ist Wesen, aber in den einfachen in wahrerer und vorzüglicherer Weise, insofern sie auch vorzüglicheres Sein haben: sie sind nämlich die Ursache dessen, was zusammengesetzt ist, wenigstens die erste einfache Substanz, die Gott ist. Aber weil die Wesen jener (einfachen) Substanzen für uns verborgener sind, daher muß man mit den Wesen der zusammengesetzten Substanzen beginnen, damit das Verfahren vom Leichteren her angemessener wird.

Kapitel 2
Im Falle der zusammengesetzten Substanzen nun sind Form und Materie bekannt, wie im Falle des Menschen Seele und Körper. Man kann aber nicht sagen, daß bloß eines dieser beiden Wesen sein soll. Daß nämlich die Materie eines Dinges allein nicht das Wesen ist, ist klar, weil ein Ding aufgrund seines Wesens sowohl erkennbar ist als auch in eine Art oder Gattung eingeordnet wird. Aber die Materie ist weder Prinzip (Grund) der Erkenntnis noch wird nach ihr etwas in eine Gattung oder Art verwiesen, sondern nach dem, was etwas aktuell ist. Aber auch nicht bloß die Form kann Wesen einer zusammengesetzten Substanz genannt werden, obwohl einige dies zu behaupten versuchen. Aus dem nämlich, was gesagt worden ist, ist offenbar, daß das Wesen das ist, was durch die Definition eines Dinges bezeichnet wird. Die Definition der physischen Substanzen aber enthält nicht nur die Form, sondern auch die Materie; sonst würden sich nämlich die physischen Definitionen und die mathematischen nicht unterscheiden.

Man kann aber nicht sagen, daß die Materie in der Definition einer physischen Substanz angeführt wird so wie ein Zusatz zum Wesen dieser Substanz oder ein Seiendes außerhalb des Wesens dieser Substanz, weil diese Art und Weise der Definitionen den Eigenschaften eigentümlich ist, die kein vollständiges Wesen haben; daher müssen die Eigenschaften in ihre Definition einen Träger aufnehmen, der außerhalb ihrer Gattung steht. Also ist offenbar, daß das Wesen sowohl Materie als auch Form umfaßt. Man kann aber nicht sagen, daß das Wesen ein Verhältnis, das zwischen Materie und Form besteht, oder etwas zu ihnen noch Hinzugefügtes bezeichnet, weil dies (beides) notwendigerweise eine Eigenschaft und etwas Äußerliches eines Dinges wäre und aufgrund dieses Wesens ein Ding nicht erkannt würde: was alles zum Wesen hinzukommt. Durch die Form nämlich, die die Aktualität der Materie ist, wird die Materie zu einem aktuell Seienden und zu diesem Etwas gemacht. Daher verleiht jenes, was noch hinzukommt, der Materie nicht das schlechthin aktuelle Sein, sondern ein so und so beschaffenes aktuelles Sein, so wie es auch die Eigenschaften tun, wie die Weiße aktuell weiß macht. Daher auch heißt es, wenn eine solche Form dazuerworben wird, nicht Werden schlechthin, sondern Werden in gewisser Hinsicht.

Es bleibt also übrig, daß das Wort »Wesen« im Falle der zusammengesetzten Substanzen das, was aus Materie und Form zusammengesetzt ist, bezeichnet. Und damit stimmt die Bemerkung des Boëthius im Kommentar zu den »Kategorien« überein, wo er sagt, daß Usia (Substanz) das Zusammengesetzte bezeichnet. Usia ist nämlich bei den Griechen dasselbe, was bei uns Wesen ist, wie Boëthius selbst in der Schrift »Die zwei Naturen« sagt. Auch Avicenna sagt, daß die Washeit der zusammengesetzten Substanzen eben die Zusammensetzung von Form und Materie ist. Auch der Kommentator sagt zum 7. Buch der »Metaphysik«: »Die Natur, die die Arten im Falle der entstehbaren Dinge haben, ist ein Mittleres, das heißt, ein aus Materie und Form Zusammengesetztes. Damit stimmt auch die Auffassung überein, daß das Sein der zusammengesetzten Substanz nicht nur zu der Form und auch nicht nur zu der Materie, sondern eben zu dem Zusammengesetzten gehört; Wesen ist aber das, gemäß dem von einem Ding gesagt wird, daß es ist: daher darf das Wesen, aufgrund dessen ein Ding ein Seiendes genannt wird, nicht nur die Form und auch nicht nur die Materie sein, sondern das Wesen muß beides sein, obwohl die Form allein auf ihre Weise Ursache eines derartigen Seins ist. So sehen wir nämlich bei anderem, das sich aus mehreren Prinzipien (Bestandteilen) zusammensetzt, daß das Ding nicht nur nach einem jener beiden Prinzipien benannt wird, sondern nach dem, was beide Prinzipien umfaßt, wie im Falle der Geschmäcke offenbar ist, daß durch die Tätigkeit des Warmen, das das Feuchte auflöst, die Süße verursacht wird und, obwohl die Wärme auf diese Weise Ursache der Süße ist, dennoch nicht ein Körper aufgrund der Wärme süß genannt wird, sondern aufgrund des Geschmacks, der das Warme und das Feuchte umfaßt.«

Aber weil die Materie das Prinzip (die Ursache) der Individuation ist, könnte es vielleicht so aussehen, als folge daraus, daß das Wesen, das ebensosehr die Materie als die Form in sich begreift, nur ein besonderes und nicht ein allgemeines ist. Daraus würde folgen, daß das Allgemeine keine Definition hätte, wenn das Wesen das ist, was durch die Definition bezeichnet wird. Und daher muß man wissen, daß nicht auf jede beliebige Weise verstandene Materie das Prinzip der Individuation ist, sondern nur die bezeichnete Materie. Und ich nenne die Materie eine bezeichnete, die unter bestimmten Dimensionen betrachtet wird. Diese Materie wird aber in der Definition, die zum Menschen gehört, insoweit er Mensch ist, nicht angeführt, jedoch würde sie in der Definition des Sokrates angeführt, wenn Sokrates eine Definition hätte. In der Definition des Menschen wird aber die nicht bezeichnete Materie angeführt: in der Definition des Menschen wird nämlich nicht dieser Knochen und dieses Fleisch angeführt, sondern Knochen und Fleisch im allgemeinen, die die nicht bezeichnete Materie des Menschen sind.

So also ist offenbar, daß das Wesen des Menschen und das Wesen des Sokrates sich nicht unterscheiden außer nach bezeichnet und nicht bezeichnet. Daher sagt der Kommentator zum 7. Buch der »Metaphysik«: »Sokrates ist nichts anderes als Sinnenwesen- und Vernunfthaftigkeit, die seine Washeit sind.« So unterscheiden sich auch das Wesen der Gattung und das Wesen der Art nach bezeichnet und nicht bezeichnet, obwohl in beiden Fällen eine andere Art der Bezeichnung vorliegt: denn die Bezeichnung des Individuums gegenüber der Art geschieht durch die Materie, die durch Dimensionen bestimmt ist, die Bezeichnung der Art aber gegenüber der Gattung durch den konstitutiven Unterschied, der von der Form des Dinges hergenommen wird.

Die Bestimmung oder Bezeichnung aber, die im Falle der Art gegenüber der Gattung vorliegt, geschieht nicht durch etwas im Wesen der Art Existierendes, das in keiner Weise im Wesen der Gattung ist. Im Gegenteil, was auch immer in der Art ist, ist auch in der Gattung, als nicht Bestimmtes. Wenn nämlich Sinnenwesen nicht das Ganze wäre, was der Mensch ist, sondern ein Teil von ihm, würde es nicht von ihm ausgesagt, da kein integrierender Teil von seinem Ganzen ausgesagt wird.

Wie dies aber kommt, wird man sehen können, wenn man untersucht, wie Körper, insofern er als Teil des Sinnenwesens aufgefaßt wird, und Körper, insofern er als Gattung aufgefaßt wird, sich unterscheiden. Er kann nämlich nicht auf die Art und Weise eine Gattung sein, auf die er ein integrierender Teil ist. Das Wort »Körper« kann nun auf verschiedenartige Weise verstanden werden. Körper nämlich, insofern er unter die Gattung der Substanz fällt, wird etwas genannt aufgrund der Tatsache, daß es eine solche Natur hat, daß in ihm drei Dimensionen bezeichnet werden können; eben nämlich drei bezeichnete Dimensionen sind Körper, der unter die Kategorie der Quantität fällt. Es kommt aber unter den Dingen vor, daß etwas, das eine Vollendung hat, auch zu einer weiteren Vollendung gelangt, so wie es offenbar im Falle des Menschen ist, der eine mit (fünf) Sinnen ausgestattete Natur hat und ferner eine vernunfthafte. Ähnlich kann sogar auch außer der Vollendung, die eine solche Form hat, daß in ihr drei Dimensionen bezeichnet werden können, eine andere Vollendung hinzugefügt werden, wie Leben oder etwas dergleichen. Es kann also das Wort »Körper« eine Sache, die eine solche Form hat, aus der die Bezeichenbarkeit dreier Dimensionen in ihr folgt, unter Ausschluß bezeichnen, so daß nämlich aus jener Form keine weitere Vollendung folgt, sondern, wenn etwas anderes noch hinzugefügt wird, dies außerhalb der Bedeutung des so bezeichneten Körpers liegt. Und auf diese Art und Weise wird Körper ein integrierender und materialer Teil des Sinnenwesens sein: denn so wird die Seele außerhalb dessen sein, was mit dem Wort »Körper« bezeichnet worden ist, und etwas eben zu Körper Hinzukommendes sein, dergestalt, daß eben aus beiden, nämlich aus Seele und Körper, so wie aus Teilen das Sinnenwesen zusammengesetzt werden wird. Es kann auch das Wort »Körper« in dieser Weise verstanden werden, daß es eine Sache bezeichnet, die eine solche Form hat, aufgrund deren drei Dimensionen in jener bezeichnet werden können, was für eine Form jene auch sein mag, sei es, daß aus ihr eine weitere Vollendung hervorgehen kann, oder nicht. Und auf diese Art und Weise wird Körper Gattung von Sinnenwesen sein, weil in Sinnenwesen nichts anzunehmen ist, was nicht implizite in Körper enthalten ist. Seele ist nämlich nicht eine andere Form als jene, durch die in jenem Ding drei Dimensionen bezeichnet werden konnten. Und daher wurde, wenn es hieß, »Körper ist, was eine solche Form hat, aufgrund deren drei Dimensionen in ihm bezeichnet werden können«, verstanden, was für eine Form es auch sein mochte, sei es Seele oder Steinhaftigkeit oder was für eine andere Form auch immer. Und so ist die Form des Sinnenwesens implizite in der Form des Körpers enthalten, insoweit Körper Gattung von Sinnenwesen ist.

Und so beschaffen ist auch das Verhältnis von Sinnenwesen zu Mensch. Wenn man nämlich unter Ausschluß einer anderen Vollendung Sinnenwesen nur ein Ding nennen würde, das eine solche Vollendung hat, daß es aufgrund eines in ihm, existierenden Prinzips (Kraft) sinnlich wahrnehmen und sich bewegen kann, dann würde, was für eine andere Vollendung als weitere auch hinzukäme, diese sich zu Sinnenwesen nach Art eines Teilstücks verhalten und nicht so wie eine implizite im Begriff des Sinnenwesens enthaltene Vollendung, und auf diese Weise wäre Sinnenwesen nicht Gattung. Aber es ist Gattung, insofern es ein Ding bezeichnet, aus dessen Form Sinneswahrnehmung und Bewegung hervorgehen kann, was für eine Form jene auch sein mag, sei es, daß es nur die mit (fünf) Sinnen ausgestattete Seele ist, oder die mit (fünf) Sinnen ausgestattete und vernunfthafte zugleich.

So also bezeichnet die Gattung auf unbestimmte Art und Weise das Ganze, was in der Art ist, sie bezeichnet nämlich nicht nur die Materie. Ähnlich bezeichnet sogar auch der Unterschied das Ganze und er bezeichnet nicht nur die Form, und auch die Definition bezeichnet das Ganze, oder auch die Art. Aber jedoch auf verschiedene Art und Weise: denn die Gattung bezeichnet das Ganze wie eine Benennung, die das bestimmt, was das Materiale in einem Ding ist ohne Bestimmung der eigentümlichen Form. Daher wird die Gattung von der Materie hergenommen - obwohl sie nicht Materie ist -, wie offenbar ist, daß Körper nach dem genannt wird, was eine solche Vollendung hat, daß in ihm drei Dimensionen bezeichnet werden können, welche Vollendung gewiß sich wie Materie zu einer weiteren Vollendung verhält. Dagegen aber ist der Unterschied so wie eine von einer bestimmten Form hergenommene Benennung, abgesehen von dem, was seiner ersten Bedeutung nach die bestimmte Materie ist, wie offenbar ist, wenn man »beseelt« sagt, nämlich das, was Seele hat. Es wird nämlich nicht bestimmt, was es ist, ob Körper oder etwas anderes. Daher sagt Avicenna, daß die Gattung im Falle des Unterschieds nicht so wie ein Teil dessen Wesens verstanden wird, sondern nur so wie ein Seiendes außerhalb des Wesens, so wie es auch der Träger hinsichtlich der Bedeutung der Eigenschaften ist. Und daher wird auch die Gattung vom Unterschied nicht ausgesagt durch eine eigentliche Aussage, wie der Philosoph im 3. Buch der »Metaphysik« und im 4. Buch der »Topik« sagt, außer vielleicht so wie der Träger von der Eigenschaft ausgesagt wird. Aber die Definition oder die Art umfassen beides, nämlich die bestimmte Materie, die das Wort »Gattung« bezeichnet, und die bestimmte Form, die das Wort »Unterschied« bezeichnet.

Und daraus ist der Grund offenbar, weshalb Gattung, Art und Unterschied der Materie, der Form und dem Zusammengesetzten in der Natur entsprechen, obwohl sie nicht dasselbe sind wie diese: denn weder ist die Gattung Materie, sondern von der Materie hergenommen wie etwas, was das Ganze bezeichnet, noch der Unterschied Form, sondern von der Form hergenommen wie etwas, was das Ganze bezeichnet. Daher sagen wir, der Mensch ist ein vernunfthaftes Sinnenwesen, und nicht, er ist aus Sinnenwesen und Vernunfthaftem, so wie wir sagen, er ist aus Seele und Körper. Aus Seele und Körper nämlich soll der Mensch sein, so wie ein aus zwei Dingen zusammengesetztes drittes Ding, das keines von jenen beiden ist. Der Mensen ist nämlich weder Seele noch Körper. Aber wenn etwa der Mensch auf irgendeine Art und Weise aus Sinnenwesen und Vernunfthaftem sein soll, wird er nicht sein so wie ein drittes Ding aus zwei Dingen, sondern so wie eine dritte Bedeutung aus zwei Bedeutungen. Die Bedeutung »Sinnenwesen« ist nämlich ohne Bestimmung der Form der Art, sie drückt die Natur des Dinges aus von dem her, was das Materiale gegenüber der letzten Vollendung ist. Die Bedeutung des Unterschieds »vernunfthaft« aber besteht in der Bestimmung der Form der Art. Aus diesen beiden Bedeutungen wird die Bedeutung der Art oder der Definition zusammengesetzt. Und daher, so wie ein aus irgendwelchen Dingen zusammengesetztes Ding nicht die Aussage der Dinge aufnimmt, aus denen jenes zusammengesetzt wird, so nimmt auch nicht eine Bedeutung die Aussage der Bedeutungen auf, aus denen sie zusammengesetzt wird. Wir sagen nämlich nicht, daß die Definition Gattung oder Unterschied ist.

Obwohl die Gattung aber das ganze Wesen der Art bezeichnet, muß dennoch nicht zu den verschiedenen Arten, zu denen dieselbe Gattung gehört, ein und dasselbe Wesen gehören, weil die Einheit der Gattung eben aus der Unbestimmtheit oder Nichtunterschiedenheit hervorgeht, aber nicht so, daß jenes, was durch die Gattung bezeichnet wird, der Zahl nach nur eine Natur in den verschiedenen Arten ist, zu der ein anderes Ding hinzukommt, das der Unterschied ist, welcher die Gattung bestimmt, so wie die Form die Materie, die der Zahl nach nur eine ist, bestimmt, sondern weil die Gattung eine Form bezeichnet - jedoch nicht auf bestimmte Art und Weise diese oder jene -, die auf bestimmte Art und Weise der Unterschied ausdrückt und die keine andere Form ist als jene, die auf unbestimmte Art und Weise durch die Gattung bezeichnet wurde. Und daher sagt der Kommentator zum 11. Buch der »Metaphysik«, daß die erste Materie eine genannt wird aufgrund der Beseitigung aller Formen, aber die Gattung eine genannt wird aufgrund der Gemeinsamkeit der bestimmten Form. Daher ist offenbar, daß, wenn durch Hinzufügung des Unterschieds jene Unbestimmtheit, die der Grund der Einheit der Gattung war, beseitigt worden ist, die aufgrund des Wesens verschiedenen Arten zurückbleiben. Und weil, wie gesagt, die Natur der Art unbestimmt ist gegenüber dem Individuum, so wie die Natur der Gattung gegenüber der Art, daher kommt es, daß, so wie das, was Gattung ist, insoweit es von der Art ausgesagt wurde, in seiner Bedeutung, obwohl auf unbestimmte Art und Weise, das Ganze, was auf bestimmte Art und Weise in der Art ist, einschloß, so sogar auch das, was Art ist, insofern es von dem Individuum ausgesagt wird, das Ganze, was wesentlich indem Individuum ist, bezeichnen muß, wenn auch auf unbestimmte Art und Weise. Und auf diese Art und Weise wird das Wesen der Art durch das Wort »Mensch« bezeichnet, weshalb Mensch von Sokrates ausgesagt wird. Wenn aber die Natur der Art unter Ausschluß der bezeichneten Materie, die das Prinzip (Ursache) der Individuation ist, bezeichnet wird, so wird sie sich nach Art eines Teils verhalten. Und auf diese Art und Weise wird die Natur der Art durch das Wort »Menschhaftigkeit« bezeichnet; Menschhaftigkeit bezeichnet nämlich das, weshalb der Mensch Mensch ist. Die bezeichnete Materie aber ist nicht das, weshalb der Mensch Mensch ist; und daher ist die bezeichnete Materie in keiner Weise unter jenem enthalten, woher der Mensch hat, daß er Mensch ist. Da also Menschhaftigkeit in ihre Bedeutung nur das einschließt, woher der Mensch hat, daß er Mensch ist, ist offenbar, daß die bezeichnete Materie von der Bedeutung »Menschhaftigkeit« ausgeschlossen oder ausgenommen ist. Und weil der Teil nicht vom Ganzen ausgesagt wird, daher kommt es, daß Menschhaftigkeit weder von Mensch noch von Sokrates ausgesagt wird. Daher sagt Avicenna, daß die Washeit des Zusammengesetzten nicht das Zusammengesetzte selbst ist, dessen Washeit sie ist, obwohl auch die Washeit selbst zusammengesetzt ist, so wie Menschhaftigkeit, wenn sie auch zusammengesetzt ist, nicht Mensch ist, im Gegenteil, sie muß in etwas, was bezeichnete Materie ist, aufgenommen sein.
http://www.anthroposophie.net/bibliothek/philosophie/thomas/aquin_sein_und_wesen.htm
 
AW: Thomas von Aquin

http://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_von_Aquin

Was haltet ihr von T. v. Aquin und seinen Gottesbeweisen: "quinque viae ad Deum"???
Was von seiner Ethik?


http://www.kathpedia.com/index.php?title=Thomas_von_Aquin

Das Denken geht weiter. :winken3: Da lese ich lieber von Detlef B. Linke Das Gehirn - - Schlüssel zur Unendlichkeit :winken3:

Der Schlüssel zur Unendlichkeit liegt im Gehirn. Man wird den Schlüssel schon finden, denke ich. :rollen: Die Hauptsache wir bleiben für Neues offen. Aber man sollte schon einen Überblick zum Gesamtdenken behalten. :blume2:
 
AW: Thomas von Aquin

Was ist typisch für 13. Jahrhundert? Philosophieren?:winken3:

Vielleicht, das metaphysische Denkenvon Meister ARISTOTELES mit dem katholischen Glauben in eine scholastische Theorie zu bringen, die dem institutionalisierten Katholizis-mus als Ideologie/Gewissheit zu dienen vermag ...:dontknow:
 
AW: Thomas von Aquin

Das Denken geht weiter. :winken3: Da lese ich lieber von Detlef B. Linke Das Gehirn - - Schlüssel zur Unendlichkeit :winken3:

Der Schlüssel zur Unendlichkeit liegt im Gehirn. Man wird den Schlüssel schon finden, denke ich. :rollen: Die Hauptsache wir bleiben für Neues offen. Aber man sollte schon einen Überblick zum Gesamtdenken behalten. :blume2:

Ich mag diese Bildsprache nicht. Sie verdummt.

Schlüssel und Schlösser sind leicht verständliche, von Menschen gemachte Apparate. Was ist dagegen die Unendlichkeit?

Schlüssel zur Unendlichkeit suggeriert, daß die Unendlichkeit ein Ding sei, das mit dem richtigen Schlüssel von Menschen ... ja, was? ... aufgeschlossen werden könnte.

"Offen für Neues bleiben", o.k. Aber aufpassen: Wer für alles offen ist, der/die kann nicht ganz dicht sein. ;)
 
AW: Thomas von Aquin

secundus,
hast Du den von Dir zitierten Text gelesen?

sollen wir den Text für Dich lesen
oder interpretieren?
 
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AW: Thomas von Aquin

Ich mag diese Bildsprache nicht. Sie verdummt.

Schlüssel und Schlösser sind leicht verständliche, von Menschen gemachte Apparate. Was ist dagegen die Unendlichkeit?

Schlüssel zur Unendlichkeit suggeriert, daß die Unendlichkeit ein Ding sei, das mit dem richtigen Schlüssel von Menschen ... ja, was? ... aufgeschlossen werden könnte.

"Offen für Neues bleiben", o.k. Aber aufpassen: Wer für alles offen ist, der/die kann nicht ganz dicht sein. ;)

Bildersprache liebe ich. :D Hab das Buch vor Jahren gelesen. Habe keine Lust es zu wiederholen, weil du sicherlich nicht daran wirklich ineteressiert bist. :dontknow: Türen brauchen Schlüssel und dann kann man sehen, ob die Schüssel einen Sprung hat. :lachen::lachen::lachen:
 
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