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Theorie der Unbildung

scilla

Well-Known Member
Registriert
19. April 2003
Beiträge
6.927
es geht um den Untergang der universitären Bildungsidee
und um Professoren,
die zu dumm sind,
sich dagegen* zu wehren

* das ist der Inhalt von neun Kapiteln
1) im Fernsehen wird zusammenhangloses Wissen verbreitet
2) die Industrie möchte industriell verwertbares Wissen
3) in den Schulen wird gleichgeschaltet
4) Schielen auf Ranglisten
5) Betriebswirtschaft der Institute verhindert Originalität der Forschung
6) europaweit einheitlicher Studienaufbau
(EIGENE ANMERKUNG: trotz fehlender einheitlicher Lehrbücher!)
7) Eliten betreiben die Gegenaufklärung der Bevölkerung
8) Wissen gegen Geld
9) zu viele Reformen in letzter Zeit​

man kann Konrad Paul Liessmann vorwerfen,
das Thema nicht systematisch abgearbeitet zu haben

unterm Strich fand ich aber das Buch sehr lehrreich
 
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AW: Theorie der Unbildung

Ach,Blaustern,hier handelt es sich um ein Buch??? Das solltest du aber etwas deutlicher machen...:)
 
AW: Theorie der Unbildung

Du, scilla, spannend ..

aber so, als Inhaltsangabe - können diese Thesen leicht den Eindruck des " kulturpessimistischen Meckerns" ( Motschkern für uns Ösis hier) bekommen.


Viellecht wird eine anschließende Diskussion mich eines Besseren" belehren.

7) Eliten betreiben die Gegenaufklärung der Bevölkerung
Das tät mich sehr interessieren ....

das WE naht - und mein Lappi schaltet sich in OÖ dauernd aus -- eklig, das aonProgramm tut das, laut Fachwerkstätte in ländlichen Gebieten oft -- kurz: ich werde weniger Zeit haben, " am Ball" zu bleiben.
 
AW: Theorie der Unbildung

Konrad Paul Liessmann (2006): Theorie der Unbildung
(Professor am Institut für Philosophie in Wien)

7 Elitenbildung und Gegenaufklärung

wenn alles gut geht, wird es in wenigen Jahren in Europa von wissenschaftlichen Eliteeinrichtungen, Exzellenz-Clustern, Institutes of Technology, Spitzenforschungsstätten und Weltklasseuniversitäten nur so wimmeln ...

was an der neuen Konzentration von Exzellenz-, Schwerpunkt- und Elitenbildung sostört, ist vorab weniger die Idee, daß ausgezeichnete Leistungen in der Wisenschaft angestrebt werden und nach bestem Wissen und Gewissen unterstützt werden sollen, sondern ein dahinter stehender Ungeist, der letztlich nicht Forschungsförderung betreibt, sondern Wissenschaftsplanung ...

während die traditionellen Universitäten zu mehr oder weniger berufsqualifizierenden Ausbildungsgängen mit knappen Ressourcen heruntergewirtschaftet werden, rettet sich die halbierte humanistische Universitätsidee in die aus neoliberalen Geist des Wettbewerbs geborene Elitekonzeption ...

am Ende werden genau jene drei oder vier Prozent der Studierenden in den Genuss einer fundierten wissenschaftlichen Ausbildung kommen, die vor den Reformen die damals noch funkionierenden Universitäten besuchten. Die hohen Akademikerraten, die durch eine Inflation an Masters aller Art noch einmal geschönt werden, stellen so das größte bildungspolitische Täuschungsmanöver der Neuzeit dar ...

daß nun auch in nicht angelsächsischen Ländern immer mehr gehobene Studiengänge in Englisch angeboten werden, ... enthält die Gefahr, daß für entscheidende Bereiche aus den Wissenschaften, der Technik, der Ökonomie und zunehmend auch der Politik und des Rechts in der eigenen Sprache schlicht die Begrifflichkeiten fehlen ...

bislang war die Dominanz gehobener Verkehrssprachen immer verbunden gewesen mit der Dominanz gesellschaftlicher Gruppen, die sich diese Sprache als Herrschaftsinstrument und Distinktionsmerkmal zugelegt haben ...

die nahezu widerstandslose Akzeptanz des Englischen als Kongress- und Verkehrssprache auch der Geisteswissenschaften deutet an, daß der Zusammenhang zwischen Sprache, Kultur, Geschichtsbewusstsein und Reflexionsvermögen ... seine Gültigkeit verloren hat ...

Finanzwissenschaftler, die sich im Business English über jene Steuern austauschen, die sie einer Bevölkerung aufzubrummen gedenken, die sich schon deshalb nicht mehr wehren kann, weil sie eine andere Sprache spricht, etablieren sich in der Tat als eine Elite, der es nicht mehr darum geht, den Dialog und die Auseinandersetzung mit jenen zu suchen, die letztlich der eigentliche Adressat ihrer Arbeits sind...

die Kritik an hermetisch organisierten wissenschaftlichen Fachsprachen, die in den Wissenschaften notwendig, aber dort verfehlt sind, wo eine interessierte Öffentlichkeit auf einem angemessenen Niveau informiert werden soll, behält ihre Triftigkeit auch dort, wo irritierte Bürger von Experten mit Anglizismen zugedeckt und beruhigt werden ...

der Begriff der Aufklärung war seiner Idee nach prinzipiell offen gedacht, er sollte der Motor der Emanzipation sein.Voraussetzung für den Ausgang der Menschen aus einer wie auch immer verschuldeteten Unmündigkeit
 
AW: Theorie der Unbildung

Kann du konkret sagen, welche neue Erkenntnis für dich, du aus dem Buch gezogen hast?

fussel

1) Professoren,
die sich organisieren,
sind in der Lage,
jeden Politiker im eigenen Land,
egal wie beliebt oder mächtig,
aus seinem Amt zu kippen

die Mehrheit der Professoren ist offensichtlich zu blöd dazu

2) da ich nicht mehr an der Uni weile,
war ich über LIESMANNS Aufzählung und Bewertung der bildungspolitischen Maßnahmen erfreut

3) es gibt von mir nur ein paar lose Text-Bausteine zum Thema
ich fand den Vergleich mit LIESMANNs Buch interessant
 
AW: Theorie der Unbildung

Ach,Blaustern,hier handelt es sich um ein Buch??? Das solltest du aber etwas deutlicher machen...

nicht alle Männer zeigen,
wenn sie einen Erguß haben

war meine Erektion zu klein?
oh Gott!
 
AW: Theorie der Unbildung

Scilla, Danke...

Bin heute kaum am PC, werde mir aber die Information genau durchdenken.. Schon beim Überfliegen fand ich einiges von meinen zum Thema passenden Befürchtungen bestätigt.

bb = bis bald

Marianne
 
AW: Theorie der Unbildung

es geht um den Untergang der universitären Bildungsidee
und um Professoren,
die zu dumm sind,
sich dagegen* zu wehren

* das ist der Inhalt von neun Kapiteln
1) im Fernsehen wird zusammenhangloses Wissen verbreitet
2) die Industrie möchte industriell verwertbares Wissen
3) in den Schulen wird gleichgeschaltet
4) Schielen auf Ranglisten
5) Betriebswirtschaft der Institute verhindert Originalität der Forschung
6) europaweit einheitlicher Studienaufbau
(EIGENE ANMERKUNG: trotz fehlender einheitlicher Lehrbücher!)
7) Eliten betreiben die Gegenaufklärung der Bevölkerung
8) Wissen gegen Geld
9) zu viele Reformen in letzter Zeit​

man kann Konrad Paul Liessmann vorwerfen,
das Thema nicht systematisch abgearbeitet zu haben

unterm Strich fand ich aber das Buch sehr lehrreich

Hallo scilla,

du beklagst hier den Untergang der universitären Bildungsidee. Universität, das impliziert ja universelle Bildung. Und so wurden diese Bildungseinrichtungen ursprünglich (im späten Mittelalter) auch konzipiert. Damals waren die Wissenschaften aber in ihrem Anfangsstadium. Bis ins 17. vielleicht auch 18. Jahrhundert gab es Universalgelehrte (Beispiel Leibniz).

Etwa seit Beginn des 20. Jahrhunderts gibt es zwei Tendenzen der Wissenschaftsentwicklung, die Spezialisierung und die Integration. Gegenwärtig dominiert die Tendenz zur Spezialisierung, die der universellen Idee entgegensteht. Aber es gibt doch auch Tendenzen der Integration, die sich in solchen Wissenszweigen äussern wie z. B. der physikalischen Chemie, der Biophysik, der Biochemie etc. Freilich ist die Integration unter den Naturwissenschaften stärker vorangeschritten als etwa die Integration von Natur- und Geisteswissenschaften.

Zu den Thesen des Herrn Liessmann:

1) im Fernsehen wird zusammenhangloses Wissen verbreitet

Das ist auch meine Meinung. Aber woran liegt das? Hat man einfach nicht genügend kompetente Wissenschaftsjournalisten? Oder liegt dem gar eine Absicht zugrunde?

Ich meine, dass sich ein Zusammenhang des Wissens erst aufgrund einer Weltanschauung resp. Philosophie ergibt. Da unsere Gesellschaft aber pluralistisch aufgebaut ist, möchte man keiner Weltanschauung den Vorzug geben. Das Resultat ist, dass Fakten zusammenhangslos präsentiert werden. Jeder soll gefälligst selbst den berühmten "roten Faden" finden.

2) die Industrie möchte industriell verwertbares Wissen

Das erscheint mir grundsätzlich gerechtfertigt: "Theoria cum praxi". Allerdings sind die Überlegungen der Industrie meist auf kurzfristig verwertbares, profitables Wissen aus. Eine solche Ausrichtung greift gewiss zu kurz. Da würde man Leute wie A. Einstein gar nicht einstellen ....

Die weiteren Thesen sind mir aber zu knapp formuliert, als dass ich darauf sinnvoll antworten könnte.

Gruss
Hartmut
 
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AW: Theorie der Unbildung

1) Professoren,
die sich organisieren,
sind in der Lage,
jeden Politiker im eigenen Land,
egal wie beliebt oder mächtig,
aus seinem Amt zu kippen

die Mehrheit der Professoren ist offensichtlich zu blöd dazu

Hallo scilla,

die Intelligenz, gleichwohl ob sie organisiert ist oder nicht, war noch nie in der Lage, "jeden Politiker im eigenen Land aus seinem Amt zu kippen". Du überschätzt die Rolle der Intelligenz.

Selbst die wohl grösste politische Aktion der westdeutschen Intellektuellen, der Appell der 18 Göttinger Physik-Professoren gegen die atomare Aufrüstung der Bundeswehr (16.4.1957), blieb ohne grosse Folgen. Adenauer wurde nicht gekippt!

Nicht die Professoren sind zu blöd, es sind die Politiker.

Gruss
Hartmut
 
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