AW: Nietzsche -asketische Ideale- HILFE!
Es geht um die asketischen Ideale. Ich (hoffe zumindest) habe nun zumindest schon begriffen, dass das soviel meint wie Selbstopferung für ein Ideal, das aber so oder so nicht zu erreichen ist. ...
Herr Nietzsche sieht darin nicht nur eine Manifestation persönlicher Märtyrerhaltung,
sondern spinnt den Faden dahingehend weiter, dass er beschreibt,
auf welche Art asketische Ideale als Machtinstrument hinsichtlich jener fungieren,
an denen sie 'ausgetobt' werden.
Also..2 Fragen!
1-Wie würdet Ihr den Satz "asketische Leistungsethik des Bürgertums" verstehen?
Das Bürgertum besteht aus eben diesen, an welchen 'ausgetobt' wird.
Es übernimmt die asketischen Ideale von denen,
die sie verbreiten und für 'richtig' befinden.
Und so, wie niemand die Sklaverei inbrünstiger verteidigt als ein zufriedener Sklave,
zementiert ein durch die 'Lehre' entsprechender 'Verteiler' infiltriertes Bürgertum das,
womit es krank und schwach gemacht und gehalten wird, zum normativen Bollwerk.
Ein Bedeutungsgefüge, das so eng ist, dass den darin Befindlichen
nur zwei Optionen bleiben: Das Bollwerk verlassen oder es als Absolutum befestigen.
Verlassen ist den meisten aus diversen Gründen unmöglich,
Befestigen dagegen ganz und gar nicht.
"Was bedeuten asketische Ideale? ..... bei physiologisch Verunglückten und Verstimmten (bei der Mehrzahl der Sterblichen) einen Versuch, sich »zu gut« für diese Welt vorzukommen, eine heilige Form der Ausschweifung, ihr Hauptmittel im Kampf mit dem langsamen Schmerz und der Langeweile; ..."
(Friedrich Nietzsche, Zur Genealogie der Moral, Dritte Abhandlung: Was bedeuten asketische Ideale)
2-Ich zitiere: "Johannes Friedemann, der seinen notgedrungenen Liebesverzicht durch ein bescheidenes Maß an Epikureismus zu kompensieren versucht, gehört letztlich zum Typ des Asketen im Sinne Nietzsches"
Auch hier - Wie genau ist das zu verstehen?
Ich verstehe es so:
Johannes Friedemann hat sich nicht aus freien Stücken
zu epikureischem Blick auf die Welt entschieden,
sondern weil er keinen anderen Weg sah,
zumindest ein bisschen Glück im ihm Möglichen zu finden.
Eben darum bleibt es beim 'bescheidenen Maß'.
Als er Gerda trifft, flackert Hoffnung auf,
die er längst schon begraben glaubte.
Auch hieran wird deutlich, dass seine bisherige Genügsamkeit
eher den Umständen als seiner Sehnsuchtswirklichkeit geschuldet ist.
Um den Bogen zu Nietzsches asketischen Idealen zu spannen:
Friedemanns Sehnsuchtswirklichkeit ist eine authentische Macht,
die ihm zwar Schmerzen bereitet, ihn aber allein für sich genommen
nicht knechten könnte. Tatsächlich könnte er Stärke aus ihr beziehen.
Dank eines normierenden Umfelds, welches ihn gegenläufig 'programmiert',
erkennt er dieses Potential nicht als solches,
sondern befindet es ausschließlich als schicksalhafte Schmerzquelle,
die er lediglich durch Askese in Schach zu halten vermag.
Als die Kraft sich schließlich stark und schmerzlich erneut in Erinnerung bringt,
hat er ihr nichts entgegenzusetzen als eine Übersteigerung eingeübter Askese,
nämlich seinen Selbstmord.
Nicht immer reichen zwei Zeilen .....