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Mikroökonomie

Schmeichler, Du hast ganz recht: Lektion 6 und Lektion 7 sind die Schlüssellektionen zum Verständnis der an sich falschen Ideologie der Angeborsfunktion... Leider durchaue ich den ganzen Spuk noch nicht... Ich weiß einfach nicht, wo hier genau der oder die Fehler ist oder sind... Dass es komplett irrational, ist klar, aber wo genau muss man hier den Hebel ansetzten? Ich kann es noch nicht sagen... Und eigentlich hab eich auch keine Lust mehr auf das Thema... Es "nötigt" mich zu sehr...
 
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Leider durchaue ich den ganzen Spuk noch nicht... Ich weiß einfach nicht, wo hier genau der oder die Fehler ist oder sind...
Ihr Kardinalsfehler liegt in falschen Vorannahmen Ihrer noch immer unverstandenen Öko-Moral.

Eine gesunde Naturideologie will in ihren Grundwerten erst einmal markttechnisch verstanden werden.

Es bedarf hierzu einer zielökonomischen Vorerkenntnis, dass Mikro-und Makroökonomie im gemeinsamen Denken und Handeln von einer faktisch sehr ernüchternden Schnittstellenökonomie ausgehen müssen, in welcher die Akteure der Dienstleistungsmärkte längst vorrangig die Weltumsätze und ihr Verteilsystem über die Produktmärkte bestimmen - und dennoch gerade diese Schnittstellenökonomie sich in ganz neuartigen "Gedanken-Schnittblumenmärkten von neuartigen Gedanken-Schnittmengen" allmählich gerade dabei sind sich wie eine zarte Pflanze zu entwickeln, aus einem mikroökonomisch sich selbst erkennenden Kleinklima heraus.

Wer aber so wie Sie die mathematische Logik vergöttlicht und überproportional erhöht, dabei aber gleichzeitig die philosophische Weisheit verteufelt und erniedrigt wird es schwer im Leben haben eigene Erfolge in einem "falschen" System verbuchen zu können, insbesondere erst recht, wenn man seinem eigenen Geist eine irrige kapitale Ausbeutungsfunktion zuweist, die mit universeller und universaler Ökonomie weder im Denken noch im Handeln glaubhaft zu vereinbaren wäre, so wie Sie sich hier als lernresistenter Tölpel in Schuldzuweisungsmechanismen - eigentlich unmöglich - aufzuspielen gedenken:

Kapitalisten beuten die Märkte aus, und damit die Konsumenten...

Wo bleibt Ihr Anstand in der überzeugenden Antwort einer schon heute kleinräumig praktizierbaren Mikroökonomie, wie diese zum Beispiel im größten südamerikanischen indutriellen Ballungsraum von Sao Paulo - in hoffnungsvollen Insellösungen - für landwirtschaftliche Produktmärkte bereits erfolgreich praktiziert wird?

Bernies Sage (Bernhard Layer)
 
Kapitalisten beuten die Märkte aus, und damit die Konsumenten...

Im Gegensatz dazu beuten die Märkte die Kapitalisten und die Konsumenten aus und die Konsumenten die Märkte und die Kapitalisten. Die Frage ist nun, wie man in dieser Dynamik ein Fließgleichgewicht erzeugen kann. Das ist aber reine Physik und daran scheitern die marktgängigen Schwätzer.

Schalom!
 
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Na gut, ich will mal nicht so sein...

ACHTER VORTRAG Dornach, 31.Juli 1922
Dreigliederung - GA 340 Nationalökonomischer Kurs
#G340-1965-SE110 – Nationalökonomischer Kurs
#TI
ACHTER VORTRAG
Dornach, 31.Juli 1922
#TX
Wir werden uns heute noch damit zu beschäftigen haben, einige Begriffe zu korrigieren, die vorhanden sind, und die einfach stören denjenigen, der eine sachgemäße, eine wirklichkeitsgemiße volkswirtschaftliche Betrachtung anstellen und sich dann mit einer solchen Betrachtung auch hineinstellen will in den Gang des volkswirtschaftlichen Lebens. Es hat ja eigentlich eine Volkswirtschaftswissenschaft, die nicht auch das praktische Leben befruchten kann, nicht einen eigentlichen Wert. Und Begriffe, die aus einer solchen nur betrachtenden Volkswirtschaftswissenschaft heraus gewonnen sind, die müssen eigentlich immer zu einer gewissen Unzukömmlichkeit führen.
Da wir ja vielleicht bereits eingesehen haben, daß innerhalb der volkswirtschaftlichen Betrachtung das wichtigste die Preisfrage ist, so handelt es sich darum, nun den Preis in dem Sinn, wie ich es gezeigt habe, anzusehen: daß er uns eigentlich angibt, je nachdem er steigend oder fallend oder stabil ist oder nach einer gewissen Empfindung für gewisse Produkte zu hoch oder zu niedrig ist, daß er uns angibt, ob die Dinge im volkswirtschaftlichen Organismus in Ordnung sind oder nicht. Denn das ist, was den Assoziationen zufallen muß: nach dem Barometer der Preisstände das herauszufinden, was im übrigen volkswirtschaftlichen Leben zu tun ist.
Nun wissen Sie ja, daß eine viele Kreise beherrschende Ansicht die ist, daß sich eigentlich bezüglich der Preisfrage praktisch nichts anderes machen läßt als dasjenige, was sich von selbst ergibt unter der Wirkung des sogenannten Angebots und der Nachfrage. Unter dem Zwang, nicht der volkswirtschaftlichen Tatsachen, sondern mehr unter dem Zwang der in der neueren Zeit immer mehr und mehr auftretenden sozialen Aspirationen ist allerdings erschüttert worden diese Ansicht, die nicht nur Adam Smith, sondern sehr viele aufstellten: daß eigentlich der Preis von selbst sich reguliert im volkswirtschaftlichen Leben unter dem Einfluß von Angebot und Nachfrage. Es wird ja da einfach behauptet, daß, wenn ein zu starkes Angebot da ist, dann wird dieses
#SE340-111
Angebot dazu führen müssen, daß man es verringert, daß man es nicht auf derselben Höhe erhält. Und damit wird von selbst eine Regulierung der Preise eintreten. Ebenso wenn die Nachfrage eine zu große oder zu kleine ist, dann wird müssen eine Regulierung eintreten der Produzierenden, um nicht zuwenig oder zuviel zu produzieren. Und damit meint man, daß sich gewissermaßen automatisch unter dem Einfluß von Angebot und Nachfrage auf dem Markt der Preis einem gewissen stabilen Zustand nähert.
Nun handelt es sich darum, ob man mit einer solchen Anschauung sich bloß bewegt im Theoretischen, im Begriffssystem, oder ob man mit einer solchen Anschauung hineinsteigt in die Wirklichkeit. Mit dieser Anschauung tut man es zweifellos nicht; denn sobald Sie diesen Begriffen Angebot und Nachfrage zu Leibe gehen, dann werden Sie gleich sehen, daß es überhaupt unmöglich ist, sie im volkswirtschaftlichen Sinne auch nur aufzustellen. Im Sinne der kontemplativen Betrachter der Volkswirtschaft können Sie sie aufstellen. Sie können die Leute auf den Markt schicken und beobachten lassen, wie wirken Angebot und Nachfrage; aber es frägt sich, ob man mit dem, was man da beobachtet, so tief hineingreift in den Gang der volkswirtschaftlichen Prozesse, daß man irgend etwas in der Hand hat mit solchen Begriffen. Und Sie haben eben in der Wirklichkeit nichts in der Hand mit solchen Begriffen, weil Sie überall das weglassen, was hinter den Vorgängen steht, die Sie mit diesen Begriffen treffen wollen. Sie sehen auf dem Markt, daß sich abspielt das Angebot und das, was man Nachfrage nennt; aber das umfaßt nun nicht dasjenige, was hinter dem liegt, was da als Angebot mir entgegentritt, und was wiederum vor dem liegen wird, was als Nachfrage auftritt. Da liegen erst die wirklichen volkswirtschaftlichen Prozesse, die sich nur zusammenschoppen auf dem Markt -, möchte ich sagen. Und das sehen Sie am besten daran, daß ja diese Begriffe höchst brüchig sind.
Wollen wir uns ordentliche Begriffe bilden, so können und so müssen diese Begriffe beweglich sein gegenüber dem Leben. Wir müssen einen solchen Begriff haben können, ihn gewissermaßen von Wirklichkeitsgebiet zu Wirklichkeitsgebiet tragen können, und er muß sich verändern; aber der Begriff darf nicht so sein, daß er sich selbst in die
#SE340-112
Luft sprengt. Und der Begriff von Angebot ebenso wie der von Nachfrage sprengt sich in die Luft. Denn nehmen wir an, irgend etwas ist ein Angebot: Es ist ein Angebot, wenn einer auf den Markt Waren bringt und sie für einen gewissen Preis ausbietet. Das ist ein Angebot. Das kann jeder behaupten. Ich behaupte aber: Nein, das ist eine Nachfrage. - Wenn einer Waren auf den Markt bringt und sie verkaufrn will, so ist das bei ihm eine Nachfrage nach Geld. Es ist nämlich, sobald man nicht weiter eingeht auf den volkswirtschaftlichen Zusammenhang, gar kein Unterschied, ob ich Angebot habe in Waren und Nachfrage in Geld, oder ob ich im groben Sinn mit der Nachfrage komme. Wenn ich Nachfrage entwickeln will, so brauche ich Angebot in Geld.
Also Angebot in Waren ist Nachfrage in Geld, und Angebot in Geld ist Nachfrage in Waren. Das sind volkswirtschaftliche Realitäten. Denn es kann sich der volkswirtschaftliche Prozeß, insofern er Tausch oder Handel ist, gar nicht vollziehen anders, als daß, sowohl bei Käufer wie bei Verkäufer, Angebot und Nachfrage da ist; denn dasjenige, was der Käufer hat als sein Geldangebot, das muß auch erst hinter seinem Rücken oder hinter dem Rücken der Nachfrage im volkswirtschaftlichen Prozeß entwickelt werden, genauso wie die Ware entwickelt werden muß, die als Angebot auftritt.
Also wir haben keine realen Begriffe vor uns, wenn wir glauben, der Preis entwickelt sich aus dem Wechselverhältnis von dem, was wir gewöhnlich Angebot und Nachfrage nennen:

P =f (a n)

Er entwickelt sich nämlich gar nicht in der Weise, wie man es da definiert, wenn man die Betrachtung so anstellt; denn es entwickelt sich durchaus auch der Preis unter dem Einfluß dessen, ob der Nach-fragende ein Anbietender in Geld werden kann, oder ob er es gemäß des volkswirtschaftlichen Prozesses zum Beispiel in irgendeiner Zeit in bezug auf ein Produkt nicht werden kann. Es handelt sich nämlich nicht bloß darum im volkswirtschaftlichen Prozeß, daß eine gewisse Anzahl von Waren als Angebot da sind, sondern daß auch eine Anzahl von Leuten da sind, die das Angebot Geld gerade für diese Waren entwickeln
#SE340-113
können. Das ist etwas, was Ihnen sogleich zeigen wird, daß man von einem Wechselspiel von Angebot und Nachfrage gar nicht sprechen kann.
Und dennoch, wenn man jetzt nicht auf die Begriffe sieht, die ja falsch gebildet werden können, sondern wenn man auf die Tatsachen sieht, auf die Tatsache des Marktes oder selbst auf die Tatsache des marktlosen Waren- und Geldaustausches, so ist es doch wiederum ohne Frage, daß sich zwischen dem Angebot und der Nachfrage - aber auf beiden Seiten - der Preis entwickelt. Das ist doch wiederum det Fall; der reinen Tatsache nach ist es doch wiederum der Fall.
Nur sind Angebot und Nachfrage und Preis drei Faktoren, die alle primär sind. Es ist nicht so, daß wir aufschreiben Preis = Funktion von Angebot und Nachfrage, so daß wir behandeln, wenn ich mathematisch spreche: a und n als veränderliche Größen und das p, den Preis, als eine Größe, die sich aus den beiden Veränderlichen ergibt, sondern in gleicher Weise müssen wir a und n, Angebot und Nachfrage, und p, Preis, als voneinander unabhängige Veränderliche betrachten und müssen uns irgendeiner Größe x - Sie sehen, wir nähern uns einer Formel -, wir müssen uns einer Größe x nähern. Wir müssen nicht glauben, daß wir es mit unabhängigen Veränderlichen nur in a und n zu tun haben und mit dem Preis als einerFunktion von beiden, sondern mit drei voneinander Unabhängigen, die miteinander in ein Wechselspiel treten und die eben ein Neues geben. Der Preis ist da zwischen Angebot und Nachfrage; aber er ist auf eine ganz eigentümliche Weise da.

x = f (a n p)

Wir müssen nämlich die ganze Betrachtungsweise von einer anderen Ecke aus beginnen. Wenn wir irgendwo sehen auf dem Markt, daß Angebot und Nachfrage gerade für dieses Gebiet in dem Zusammenhang stehen, in dem sie zum Beispiel Adam Smith gesehen hat, dann ist das ungefähr der Fall - auch nicht ganz - für die Warenzirkulation vom Händlerstandpunkt aus. Es ist aber ganz und gar nicht der Fall für den Standpunkt des Konsumenten und nicht für den Standpunkt des Produzenten. Für den Standpunkt des Konsumenten gilt nämlich etwas ganz anderes. Der Standpunkt des Konsumenten wird bewirkt
#SE340-114
durch das, was er hat. Und zwischen dem, was er hat, und dem, was er gibt, entwickelt sich ein ähnliches Verhältnis, wie es sich für den Händier entwickelt zwischen Angebot und Nachfrage: Der Konsument hat eine Wechselwirkung zwischen Preis und Nachfrage. Er fragt weniger nach, wenn ihm für seine Taschenverhältnisse der Preis zu hoch ist, und er fragt mehr nach, wenn ihm für seine Taschenverhältnisse der Preis niedrig genug ist. Er hat überhaupt als Konsument nur im Auge Preis und Nachfrage.
So daß wir sagen: Beim Konsumenten haben wir mehr zu sehen auf das Wechselspiel zwischen Preis und Nachfrage. Beim Händler haben wir mehr zu sehen auf das Wechselspiel zwischen Angebot und Nachfrage. Und beim Produzenten handelt es sich darum, daß wir jetzt bei ihm zu sehen haben auf das Wechselspiel zwischen Angebot und Preis. Er richtet sich nämlich zunächst ein in bezug auf das Angebot nach den Preisen, die möglich sind im ganzen volkswirtschaftlichen Prozeß. So daß wir die erste Gleichung, p =f(a n), nennen können die Händlergleichung. Adam Smith hat sie geltend gemacht für die gesamte Volkswirtschaft; für die gesamte Volkswirtschaft ist sie falsch. Wir können nämiich auch die Gleichung bilden: das Angebot, a, können wir ansehen als Funktion von Preis und Nachfrage; und die Nachfrage können wir ansehen als Funktion von Angebot und Preis. Dann haben wir in dieser Gleichung n = f (a p), n = Funktion von Angebot und Preis, die Produzentengleichung. Und in der dritten Gleichung - das Angebot ist eine Funktion von Preis und Nachfrage a = f (p n) - haben wir die Konsumentengleichung. Noch immer aber haben wir diese Gleichungen dadurch qualitativ verschieden gemacht, daß hier das a beim Konsumenten ein Angebot in Geld ist, beim Produzenten ist es ein Angebot in Waren, und beim Händler haben wir es zu tun mit etwas, was eigentlich zwischen Geld und Ware drinnen liegt.

P = f (a n) = Händlergleichung
x = f (a n p)
a = f (p n) = Konsumentengleichung
n = f (a p) = Produzentengleichung
#SE340-115
Aber jedenfalls sehen Sie, wieviel komplizierter der volkswirtschaftliche Gang betrachtet werden muß, als man es gewöhnlich tut. Deshalb, weil man, ich möchte sagen, die Begriffe so schnell abfangen will, gibt es im Grunde genommen heute gar keine ordentliche Volkswirtschaftslehre. Nun handelt es sich aber darum, daß wir, um in die Realität, in die Wirklichkeit hineinzukommen, uns zu fragen haben: Ja, was lebt denn eigentlich alles in diesem volkswirtschaftlichen Gang, was lebt denn da drinnen eigentlich alles?
Wir können sagen: Es geht ja dasjenige, was ich für meine Bedürfnisse erwerbe, zunächst über in diesen meinen Bereich - ich will erst später von Besitz und Eigentum reden, will mich jetzt möglichst unbestimmt ausdrücken, weil es trotzdem die Sache deckt -, es geht über in meinen Bereich unter den Verhältnissen, in denen wir heute leben. -Nun, ich gebe Geld, oder etwas, was ich für Geld produziert habe -so geschehen ja die Dinge in der Regel -, aber, haben wir damit eigentlich für den volkswirtschaftlichen Gang die volle Wirklichkeit erschöpft? Ich könnte ja auch auf andere Weise, als daß ich für Geld eine Ware hingebe oder für eine Ware Geld hingebe, Geld und Ware erwerben. Nehmen wir an, ich stehle es. Ich stehle: da würde ich auch etwas erworben haben. Und wenn ich das Stehlen im Großen betreiben könnte, wie es ja manchmal durch Jahrzehnte die alten Räuberhauptmänner betrieben haben, so würde man für so etwas eine ganz andere Volkswirtschaftswissenschaft begründen müssen als diejenige, die für unsere Sittenlehre im allgemeinen begründet werden muß. Nun könnte es Ihnen als ein sehr groteskes Beispiel vorkommen, daß ich sage: Ja, ich stehle. - Aber was heißt denn eigentlich Stehlen? Stehlen heißt: Jemandem etwas wegnehmen, ohne daß er imstande ist, sich dagegen zu wehren, und ohne daß derjenige, der stiehlt, es nützlich findet, das Ding zu nehmen gegen Entgelt, gegen Vergütung. - Nun vergleichen Sie jetzt zum Beispiel diesen unnobel gewordenen Begril des Stehlens mit demjenigen, den man im Deutschen mit einem Fremdwort bezeichnet, mit dem Worte requirieren. Unter gewissen Verhältnissen requiriert man, man nimmt den Leuten etwas weg und gibt ihnen kein Entgelt dafür. Und es kommt sonst auch im volkswirtschaftlichen Prozeß vor, daß den Leuten etwas weggenommen wird,
#SE340-116
und sie bekommen kein Entgelt dafür. Das sind Dinge, auf die man ja nur hinzudeuten braucht, sonst glauben die Leute, man wolle agitieren. Ich will aber hier nur Wissenschaft treiben, nicht agitieren. Nun nehmen Sie einmal an, ich würde irgendwo eine soziale Ordnung, ein kleineres Gebiet sozialer Ordnung einrichten, da das Geld abschaffen, indem ich einfach organisieren würde, daß Ausfälle gemacht werden mit den nötigen Waffengewalten; und die Leute, die etwas haben, werden niedergeschlagen und dann werden ihnen die Sachen abgenommen. Nun, nicht wahr, was ist dagegen, daß das geschieht? Dagegen ist, daß vielleicht die anderen sich wehren würden, dann müssen sie die Mittel haben, sich dagegen zu wehren, oder aber, daß ich es nicht nützlich finden würde. Wenn mein Gebiet nicht groß wäre, würde ich es nicht nützlich finden.
Da muß etwas anderes in den volkswirtschaftlichen Prozeß herein-spielen. Ich kann nicht ohne weiteres jemand anderem etwas abnehmen. Warum denn nicht? Weil es in einer gewissen Weise von meinen Mitmenschen anerkannt werden muß, daß ich das behalten darf. Und es wird auf keine Weise anerkannt, daß ich das behalten darf, was ich dadurch erworben habe, daß ich meine Mitmenschen in der Umgegend erschlagen habe. Was spielt denn da hinein? Da spielt nämlich hinein das Recht. Und Sie können den volkswirtschaftlichen Prozeß gar nicht betrachten, ohne daß Sie überall das Recht hinein-spielend haben. Das läßt sich gar nicht volkswirtschaftlich durchdenken, auch nicht volkswirtschaftlich realisieren, was geschehen soll, ohne daß in die Volkswirtschaft das Recht hineinspielt. Und wenn Sie statt des Tauschhandels den durch Geld geförderten Handel nehmen, so sehen Sie ja unmittelbar, daß in die Volkswirtschaft das Recht hineinspielt. Denn auf welche Weise sollte es sich denn überhaupt sonst ermöglichen lassen, daß ich nun nicht für ein Paar Schuhe einen Zylinderhut hingebe, sondern, sagen wir meinetwillen zwanzig Mark, was es halt ist - so daß ich habe meine Schuhe, er hat aber zwanzig Mark -, wenn diese zwanzig Mark, auch wenn sie in Gold sind, von niemand anerkannt werden würden als ein Wert, für den man wiederum etwas bekommt? Wenn die nicht in der rechten Form hineingegossen würden in den volkswirtschaftlichen Prozeß, so könnte man ja noch so viel
#SE340-117
angesammelt haben davon, man würde ja niemals etwas davon haben, Also in dem Augenblick, wo das Geld auftritt im volkswirtschaftlichen Verkehr, sehen wir ganz anschaulich das Auftreten der Rechtsfaktoren. Das ist außerordentlich wichtig, daß wir dieses ins Auge fassen; denn hier sehen Sie, daß sich tatsächlich zunächst der gesamte soziale Organismus nur betrachten laßt, wenn wir allmählich überführen das bloß wirtschaftlich Geschehende in dasjenige, was unter dem Einfluß des Rechtes geschieht.
Nun aber nehmen wir an, ich habe von dem Schuhmacher also erworben ein Paar Schuhe, habe ihm zwanzig Mark gegeben. Dieser Schuhmacher, der könnte ja jetzt gerade, just nachdem er mir seine Schuhe verkauft hat, sich darauf besinnen, daß Schuster schon manchmal in der Welt noch etwas anderes gewesen sind als Schuster - Hans Sachs, Jakob Böhme; und er könnte jetzt, nachdem er die zwanzig Mark bekommen hat, daran denken, daß er etwas ganz anderes tut damit, als ein Paar neue Stiefel machen. Er könnte irgend etwas machen damit, wo hinein er sein Ingenium legt, so daß diese zwanzig Mark für ihn plötzlich einen ganz anderen Wert hätten als den Wert von ein Paar Schuhen. In dem Augenblick, wo wir nämlich die Ware in Geld verwandelt haben, also eigentlich in Recht, läßt sich entweder das Recht halten - ich kaufe mir mit den zwanzig Mark etwas, was gleichwertig ist mit den Paar Schuhen -, oder aber ich mache durch mein Ingenium mit dem Gelde etwas, was ganz Neues hineinproduziert in den volkswirtschaftlichen Prozeß. Da kommen die menschlichen Fähigkeiten hinein, diese menschlichen Fähigkeiten, die eben unter den Menschen frei wachsen, die sich in einer ebensolchen Weise ein-gliedern in dasjenige, was ich mit dem Geld als Recht erworben habe, wie sich das Geld als die - nun in diesem Sinn - Verwirklichung des Rechtes draußen in der Ware verkörpert. Aber damit haben wir in dasjenige, was wir bisher vorläufig im organischen Prozeß so betrachtet haben, daß wir sagten: Natur, bearbeitete Natur, dann Arbeit, durch den Geist gegliedert - damit haben wir in diesen ganzen Prozeß hineingestellt das Recht und die Fähigkeiten des Menschen.
Wir haben also innerhalb des volkswirtschaftlichen Prozesses selber eine Gliederung gefunden, die eine Dreigliederung ist. Nur wird es
#SE340-118
sich darum handein, über diese Dreigliederung dann in der richtigen Art zu denken.
Nun aber, wenn wir die Volkswirtschaft betrachten, so sehen wir ja, daß gerade dadurch, daß das Tatsachen sind, was ich eben jetzt charakterisiert habe, daß gerade dadurch innerhalb der Volkswirtschaft gewisse reale Unmöglichkeiten auftreten. Denn, zu einem Recht kann man eben auch kommen durch Eroberung und dergleichen, indem man die Macht hat, das Recht zu nehmen. Zu einem Recht kommt man nicht immer durch bloßen Tausch, sondern auch dadurch, daß man die Möglichkeit, die Macht hat, sich das Recht zu nehmen. Dann aber haben wir in dem Rechte etwas, was sich ja, insoferne es da ist, gar nicht vergleichen läßt mit der Ware. Es ist kein Berührungspunkt mit der Ware, zwischen Ware und Recht. Aber in unserem volkswirtschaftlichen Prozeß werden fortwährend ausgetauscht Waren, oder der Geld-wert für die Waren, mit Rechten. Gerade wenn wir, sagen wir, den Boden bezahlen, ja, wenn wir nur mit unserer Miete den Bodenwert mitbezahlen, wie er ihn heute hat, so bezahlen wir ein Recht durch eine Ware, beziehungsweise durch das Geld, das wir für eine Ware bekommen haben, also jedenfalls Rechtswert bezahlen wir mit Waren-wert. Und wenn wir einen Schullehrer anstellen, dem wir einen gewissen Lohn geben, so bezahlen wir geistige Fähigkeiten unter Umständen mit einem Warenwert, mit dem Wert einer Ware, oder dem entsprechenden Geldwerte. So daß im volkswirtschaftlichen Prozeß fortwährend auftreten Austausche zwischen Rechten und Waren, zwischen Fähigkeiten und Waren und auch wiederum zwischen Fähigkeiten und Rechten.
Dinge, die gar nicht miteinander vergleichbar sind, werden im volkswirtschaftlichen Prozeß ausgetauscht. Denken Sie sich doch nur, wenn sich jemand eine Erfindung bezahlen läßt, ein Patent nimmt: er läßt sich zunächst einen rein geistigen Wert in Warenwert ausbezahlen. Es ist gar nicht irgendwie etwas, was da als Vergleichsmoment figurieren könnte. Da berühren wir eben ein Element, wo erst recht Leben hineinkommt in den volkswirtschaftlichen Prozeß. Und besonders kompliziert wird die Sache, wenn wir den Begriff der Arbeit hineinbringen.
#SE340-119
Nun habe ich schon davon gesprochen, daß eigentlich der Lohnarbeiter in Wirklichkeit ja nicht das bekommt, was man unter dem Begriff des Lohnes gewöhnlich versteht, sondern daß er eigentlich das Ergebnis seiner Arbeit auf Heller und Pfennig verkauft an den Unternehmer und auch bezahlt bekommt, und der Unternehmer erst durch die Konjunktur demjenigen, was er dem Arbeiter abgekauft hat, nun den richtigen Wert, einen höheren Wert verleiht. Der Gewinn wird da nicht, volkswirtschaftlich betrachtet, als Mehrwert aus der Arbeit geholt. Man kann nicht auf volkswirtschaftlichem Weg zu einem solchen Urteil kommen, kann höchstens durch ein moralisches Urteil dazu kommen. Der Gewinn wird dadurch geholt, daß der Arbeiter in einer ungünstigeren sozialen Situation ist, und daß daher die Ergebnisse seiner Arbeit, die er verkauft, an der Stelle, wo er sie verkauft, weniger Wert haben, als wenn der Unternehmer, der in einer anderen Position ist, sie weiterverkauft. Der kennt einfach die Verhältnisse besser, kann besser verkaufen. Es gilt dasselbe für das Verhältnis zwischen Arbeiter und Unternehmer wie für denjenigen, der auf den Markt geht und da für irgendeinen Preis irgendeine Ware kauft. Er muß sie dort kaufen. Warum? Aus dem einfachen Grunde, weil seine Verhältnisse nicht gestatten, sagen wir, sie sich irgendwo anders zu kaufen. Ein anderer kann sie irgendwo anders viel billiger kaufen. Es ist gar kein Unterschied. Es ist einfach das, was zwischen dem Unternehmer und dem Lohnarbeiter ist, eine Art Markt, volkswirtschaftlich angesehen.
Nun aber ist tatsächlich ein gewisser Unterschied, ob ich mir voll-bewußt bin, daß das der Fall ist, oder ob ich glaube, daß ich dem Arbeiter die Arbeit bezahle. Sie könnten das vielleicht für einen bloßen theoretischen Unterschied ansehen; aber lassen Sie einmal solch eine Anschauung oder zwei solche Anschauungen, lassen Sie diese, die eine und die andere, real werden, dann werden Sie sehen, wie sich die realen volkswirtschaftlichen Verhältnisse unter der einen und der anderen Anschauung verändern; denn dasjenige, was vorgeht unter Menschen, ist eben auch das Ergebnis der Anschauungen. Es verändern die Anschauungen dasjenige, was vorgeht, je nachdem sie selbst anders werden. Heute baut das ganze Proletariat seine Agitation darauf auf, daß
#SE340-120
die Arbeit entsprechend bezahlt werden muß; aber nirgends wird Arbeit bezahlt, sondern immer werden nur die Ergebnisse der Arbeit bezahlt. Und das würde, wenn man es verstehen würde im rechten Sinn, auch in der Wirklichkeit der Preise zum Ausdruck kommen. Man kann nicht sagen: Es ist gleichgültig, ob man etwas Warenpreis oder Lohn nennt; denn in dem Augenblick, wo man vom Lohn spricht, glaubt man, daß man Arbeit in Wirklichkeit bezahlt. Und dann kommt man auf all diejenigen weiteren sekundären Begriffe, welche die Arbeit als solche zusammenbringen mit anderen volkswirtschaftlichen Prozessen, die werterzeugend sind, und es entstehen die sozialen Wirren in einer falschen Weise. Es entstehen die sozialen Wirren insofern richtig, als sie aus Empfindungen, aus Gefühlen heraus entstehen. Gefühle und Empfindungen haben immer in einer gewissen Weise recht; aber man kann nicht korrigieren, was man korrigieren soll, wenn man nicht die richtigen Begriffe hat. Und das ist im sozialen Leben das Fatale, daß auf eine ganz richtige Weise oftmals die Diskrepanzen entstehen, die Korrekturen sich aber unter falschen Begriffen vollziehen. Und im allereinzeinsten entwickeln die Menschen solche falschen Begriffe, die dann auch hinausgetragen werden in die ganze volkswirtschaftliche Anschauung und dann eben Verheerendes anrichten.
Nehmen Sie einmal ein sehr einfaches Beispiel an: Ein Herr - ich möchte dieses Beispiel aus dem Leben erzählen - sagte mir einmal: Ja, ich liebe es sehr, Ansichtskarten für meine Freunde zu schreiben, recht viele Ansichtspostkarten. - Ich sagte: Ich liebe gar nicht, Ansichtspostkarten zu schreiben, und zwar - es war das noch in einer Zeit, wo ich noch nicht so viel zu tun hatte wie jetzt -, und zwar, sagte ich, aus volkswirtschaftlichen Gründen. - Warum? - fragte er. Ich sagte: Ich muß mir unwillkürlich denken bei jeder Ansichtspostkarte, die ich schreibe, es läuft vielleicht ein Briefträger hinauf bis zum vierten Stock. Kurz, ich verursache eine Umlagerung des volkswirtschaftlichen Prozesses. Nicht auf die Arbeit des Briefträgers kommt es an, aber beim Briefträger ist schwer zu unterscheiden die Leistung von der Arbeit. Und die Leistung muß taxiert werden. Ich vermehre also in unökono-mischer Weise die Leistungen, die die Briefträger zu vollführen haben, wenn ich es liebe, viele Ansichtspostkarten an meine Freunde zu
#SE340-121
schreiben. - Er sagte: Das ist nicht volkswirtschaftlich gedacht; denn wenn man stipuliert: ein Briefträger braucht nur so und so viel zu leisten, dann werden ja für die vielen Ansichtspostkarten, die die vielen Leute schreiben, eben viele neue Briefträger angestellt, und es bekommen so und so viele Briefträger ihr Gehalt, ihre Entlohnung. Ich bin also eigentlich, sagte er, ein Wohltäter der Leute, die angestellt werden. - Ich konnte nur erwidern: Ja, bringen Sie aber nun auch das alles hervor, was diese Leute essen, die da angestellt werden? Sie vermehren ja nicht die Konsumtionsmittel; Sie machen nur eine Umlagerung. Dadurch, daß mehr Briefträger angestellt werden, vermehrt man ja nicht die Konsumtionsmittel.
Das ist es, was im einzelnen Fall oftmals die allerkrassesten Irrtümer hervorruft. Denn wenn irgendeine Versammlung solcher Herren irgendwo ein Stadtrat ist - das kann es ja auch geben, es könnten solche Herren sogar Minister werden, dann könnte es ein Ministerrat werden -, dann würde man einfach sagen: Es sind so und so viele Arbeitslose da, also man führt neue Bauten auf und so etwas, dann sind die Leute untergebracht. Ja, für die nächsten fünf Schritte hat man das Problem los, aber man hat doch nichts Neues produziert. Alle Arbeiter zusammen haben nicht mehr zu essen, als sie früher zu essen hatten. Wenn ich auf der einen Seite die Waagschale sinken lasse, muß sie auf der anderen Seite steigen. Es muß also, indem ich nicht durch einen zusammenhängenden volkswirtschaftlichen Prozeß, sondern durch eine bloße einzelne Maßregel irgend etwas veranlaßt habe, auf der anderen Seite eine volkswirtschaftliche Kalamität eingetreten sein. Und man würde, wenn man zu beobachten verstünde, sich ausrechnen können: wenn ich in dieser Weise soziale Reform treibe, daß ich einfach die brotlosen Leute dadurch, daß ich Neubauten aufführen lasse, in Brot setze, verteure ich diese oder jene Artikel für eine andere Anzahl von Leuten. So daß es gerade auf wirtschaftlichem Gebiete eben ersichtlich ist, wie man nicht kurz denken darf, sondern alles im Zusammenhang denken muß. Und so muß man sich eben sagen: Es kommt schon darauf an, daß die Dinge eben im Zusammenhang gedacht werden.
Das ist etwas, was absolut nicht so leicht ist im volkswirtschaftlichen
#SE340-122
Prozeß, die Dinge im Zusammenhang zu denken, einfach aus dem Grunde, weil der volkswirtschaftliche Prozeß etwas anderes ist als ein wissenschaftliches System. Das wissenschaftliche System kann in seiner Totalität im einzelnen Menschen gegeben sein - vielleicht ist es nur skizzenhaft gegeben, aber es kann im einzelnen Menschen gegeben sein -, der volkswirtschaftliche Prozeß kann niemals in seiner Totalität im einzelnen Menschen sich vollziehen, sondern lediglich da kann er sich spiegeln, wo zusammenwirken die Urteile aus den Menschen, die in den verschiedensten Gebieten drinnenstehen.
Über dasjenige, was ich Ihnen jetzt angeführt habe, gibt es überhaupt keine andere Möglichkeit, zu einem realen Urteil zu kommen, als auf assoziative Art - nicht zu einem theoretischen Urteil, sondern zu einem realen Urteil. Mit anderen Worten: Wenn Sie diese drei Gleichungen haben (siehe Seite 114), so wird derjenige, der ganz und gar nur die Usancen des Händlers kennt, immer die erste Gleichung im Kopfe haben, wird unter dem Einfluß dieser Gleichung handeln und wird also wissen können, was unter dem Einfluß dieser Gleichung steht. Ebensogut wird der Konsument, der mit Verstand den Konsum verfolgt, alles wissen, was unter dem Einfluß der zweiten Gleichung steht. Und der Produzent wird alles wissen, was unter dem Einfluß der dritten Gleichung steht. Aber Sie werden sagen: Die Menschen sind doch nicht so dumm, daß sie nicht auch über ihren Horizont hinausdenken könnten; es kann doch einer, der bloß Konsument oder bloß Händler ist, auch über seinen Horizont hinausdenken - wir sind doch keine Kirchturmsmenschen, so wenig wir Kirchturmspolitiker sind. - Das soll man sogar, soweit es auf die Weltanschauung ankommt. Aber es gibt keinen Weg, über, sagen wir dasjenige, was im Handel vorgeht, etwas Maßgebliches zu wissen, als im Handel drinnenzustehen und zu handeln. Es gibt keinen anderen Weg. Darüber gibt es keine Theorien. Die Theorien können interessant sein - aber es handelt sich nicht darum, daß Sie wissen, wie gehandelt wird im all-gemeinen, sondern darum, daß Sie wissen, wie in Basel und seiner Umgebung die Produkte hin- und hergehen. Und wenn Sie das wissen, so wissen Sie damit noch nicht, wie in Lugano die Produkte hin- und hergehen. Also, es handelt sich nicht darum, im allgemeinen über die
#SE340-123
Sache etwas zu wissen, sondern auf einem bestiminten Gebiet etwas zu wissen. Und ebenso wissen Sie noch lange nicht, wenn Sie sich ein maßgebendes Urteil darüber bilden können, unter welchem höhe-ren oder niedrigeren Preis man Sensen oder andere landwirtschaftliche Maschinen fabrizieren kann, unter welchen Preisen man nun meinethalben Schrauben fabrizieren kann oder dergleichen.
Das Urteil, das im wirtschaftlichen Leben gebildet werden muß, muß aus der unmittelbaren Konkretheit gebildet werden. Und das kann auf keine andere Weise geschehen, als daß für bestimmte Gebiete, deren Größe sich - wie wir gesehen haben - aus dem volkswirtschaftlichen Prozeß heraus ergibt, die Assoziationen gebildet werden, in denen eben gleichmäßig aus den verschiedensten Zweigen heraus alle drei Vertretungen sitzen desjenigen, was im wirtschaftlichen Leben vorkommt: der Produktion, der Konsumtion und der Zirkulation.
Es ist schon eigentlich, möchte ich sagen, außerordentlich traurig, daß sich in unserer Zeit für etwas im Grunde genommen so Einfaches und so Sachgemäßes kein Verständnis findet. Denn in dem Augenblick, wo sich wirklich Verständnis findet, kann ja die Sache, nicht etwa erst bis übermorgen, sondern schon bis morgen geschaffen sein. Denn es handelt sich ja nicht darum, radikale Umgestaltungen zu machen, sondern im einzelnen den assoziativen Zusammenschluß zu suchen. Dazu braucht man nur den Willen aufzubringen und das Verständnis dahin zu bringen. Das ist es, was in der Tat einen so schmerzlich berührt, wo in der Tat das volkswirtschaftliche Denken mit dem moralischen und, ich möchte sagen, mit dem religiösen in einer gewissen Weise zusammenfällt; denn es ist mir zum Beispiel ganz unbegreiflich, wie hat vorübergehen können eine solche volkswirtschaftliche Betrachtung, sagen wir an denjenigen, die ofliziell sorgen für die religiösen Bedürfnisse der Welt. Denn es ist doch zweifellos, daß es sich im Laufe der neueren Zeit eben herausgestellt hat, daß unsere volkswirtschaftlichen Verhältnisse nicht mehr bewältigt worden sind, daß die Tatsachen hinausgeschritten sind über dasjenige, was Menschen bewältigen konnten, so daß wir vor allen Dingen vor der Frage stehen: Wie kann das bewältigt werden? - Es muß aber durch Menschen bewältigt werden und durch Menschen in Assoziationen bewältigt werden.
#SE340-124
Ich möchte nicht einen Witz machen am Ende einer verhältnismäßig recht ernsthaften Betrachtung, sondern möchte sagen: Es hat sich unsere Volkswirtschaftswissenschaft so entwickelt, daß sie nicht mitgemacht hat in ihren Anschauungen dasjenige, was sich vollzogen hat von der Tauschwirtschaft zu der Geldwirtschaft und zu der Fähigkeitenwirtschaft. Sie bandelt in ihren Begriffen immer noch herum in der Tauschwirtschaft und betrachtet immer das Geld noch so, als ob es nur eine Art von Stellvertreter wäre für den Tausch. Die Leute geben das nicht zu; aber in den wirklichen Theorien steckt das drinnen. Und so kommt es, daß in älteren Wirtschaftssystemen, wenn uns diese heute auch nicht mehr sympathisch sein können, man getauscht hat, dann ist das Geld gekommen, und da - ich möchte, wie gesagt, keinen Witz machen, der Sprachgenius wirkt da -, da ist aus dem Tauschen bloß der Umlaut entstanden, da ist alles undeutlich geworden: wir täuschen uns heute in allen möglichen volkswirtschaftlichen Prozessen. Aus dem Tauschen ist ein Täuschen geworden. Nicht ein absichtliches Betrügen, sondern ein Undeutlichwerden der ganzen Prozesse. Und wir mussen erst wiederum dahinterkommen, wie sich die volkswirtschaftlichen Prozesse im Innern abspielen.
 
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