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Mein Modell einer idealen Schule

AW: Mein Modell einer idealen Schule

Hallo Benjamin,

Als jemand, der mit dem österreichischen Schulsystem sehr unglücklich war, habe ich mir über Jahre hinweg immer wieder Gedanken gemacht, wie man die Schule verbessern könnte, und zwar im Sinne für Schüler, Lehrer und der Gesellschaft.

Das ist sehr löblich und ich teile auch Deine Ansicht darüber, dass das Schulsystem (wobei ich hier nur für das in Baden-Wuerttemberg sprechen kann) antiquiert ist und moderne pädagogische Ansätze darin allenfalls ansatzweise und nicht konsequent genug gestützt und repräsentiert werden.

Aber: bist Du bei Deinen Grübeleien auch schon auf die Idee gekommen, dass Du nicht alleine bist? Es gibt ja unlängst etliche Schulmodelle und auch Bildungssysteme, die viele der von Dir erwähnten Ideen unlängst erfolgreich in die Tat umgesetzt haben: nehmen wir Schweden als Beispiel.

Daher meine erste Forderung, die eine ideale Schule von heute erfüllen müsste: Schule darf nicht zu lange dauern. Die effizienteste Art zu lernen, geschieht ohnehin beim Umsetzen von erlerntem.

Hier muss ich Dir widersprechen. Die bloße Dauer der Schulzeit ist kein Qualitätskriterium, der Ansatz aber, dass das Lernen praxisorientiert stattfinden sollte, durchaus. Aber auch und gerade für diesen - in dieser Form sehr allgemein gehaltenen - Lernansatz benötigt man genügend Zeit, es ist also nicht gesagt, dass damit die Schulzeit insgesamt deutlich zu verkürzen wäre.

Der Schulbeginn ist mit ungefähr 6 Jahren meines Erachtens richtig gesetzt. Von 6 bis ca 12 Jahren wäre ich für eine Gesamtschule. Hier soll der Lehrstoff nicht wesentlich vom heutigen abweichen. [...]
Ab 12 Jahren fordere ich jedoch eine völlig neue Schule, die den Ansprüchen der Menschen gerechter wird, als es die heutige Schule tut.

Auch hierzu muss ich anmerken, dass dieses Konzept so wohl nicht sinnvoll ist. Wie bspw. das Schwedische Schulsystem gezeigt hat, ist es gerade wichtig, dass schon in der Vorschule damit begonnen wird, die Kinder zu einem selbständigen und eigenkreativen Lernen zu bewegen. In Schweden besuchen über 90% der Kinder eine Vorschule (bei uns heißt das Kindergarten) und lernen dort bereits auf sehr kindgerechte und also spielerische Art das Lesen. Die Erzieher in Schweden sind übrigens keine reinen Betreuer, sondern ausgebildete Pädagogen.

Wenn hingegen erst mit 12 Jahren damit begonnen wird, die Kinder mit einem alternativen Lernansatz/Bildungsplan zu konfrontieren, dann ist der Reformpädagogikzug - bildlich gesprochen - bereits abgefahren.

In Schweden ist es übrigens so, dass die Kinder mit zunehmendem Alter immer weniger von pädagogischer Seite unterstützt werden, einfach aus dem Grund, weil sie das selbständige Arbeiten, das sie von klein auf lernen, immer effektiver umsetzen können. Das heißt, dass die Gymnasieskola billiger ist als bspw. die Deutsche Oberstufe, dafür jedoch die Grundskola teurer. Insgesamt betragen die Bildungsausgaben in Schweden um die 7% des Bruttoinlandsprodukts (vgl. Deutschland ca. 6%).

Ich denke als Fundament wäre dafür ein Kurssystem angebracht. Das in meinen Augen unnötige Wiederholen von ganzen Schuljahren wäre damit hinfällig. Außerdem bin ich der Meinung, dass ein nationaler Schulplan, nach dem die Lehrer strickt vorgehen müssen, unangebracht ist. Schulen sollen viel mehr die Möglichkeit haben, selbst zu gestalten, und damit effektiver mit der Wirtschaft zusammenarbeiten können. Ich denke, dass man - will man ein System verbessern - den Mensch im System die Möglichkeit geben sollte, es selbst zu tun. Das absolute Diktat von oben ist in meinen Augen hinderlich. Es soll außerdem dem Schüler nicht vorgeschrieben werden, welche Kurse er belegen muss. Damit soll ihm die Möglichkeit gegeben sein, seine eigenen Stärken selbst zu fördern. Eine allgemeine Bildung, wie wir sie heute erleben, ist nicht nur uneffizient, sondern auch unnütz. Es macht keinen Sinn, dass man jedem Schüler eine zweite Fremdsprache oder die Kenntnisse von Differential- und Integralrechnung aufzwingt. Freilich sollten aber dennoch bis zumindest 15 Jahren gewissen Kurse vorgeschrieben werden, die Wissen vermitteln, dass man von einem Menschen in der Gesellschaft als notwendig erachtet. Dazu gehören z.B. das Lösen von einfachen mathematischen Problemen oder das ordentliche Verfassen eines Briefes.

Ich empfehle Dir wirklich, Dich einmal mit den Skandinavischen Bildungssystemen zu befassen. Dort wirst Du die Punkte, welche bei Dir sehr allgemein und nur ansatzweise erwähnt sind, in einem konkreten praktischen Konzept größtenteils vorfinden.

Ich hätte noch viele andere Ideen dazu, wie man Schule besser machen könnte. Das würde aber zu lange werden und den Rahmen einer Internetdiskussion sprengen. Also sei hier einmal Schluss.

Meinungen zu diesem Modell sind erwünscht!

Für mich ist das, was Du hier darstellst, eigentlich weniger ein 'Modell', sondern mehr - wie Du auch selbst schreibst - eine Idee, ein theoretischer Ansatz, ausgehend von einer Unzufriedenheit, die sich auf konkrete Grundlagen bezieht. Das Problem ist, dass Du zwar erwähnst, was alles künftig nicht mehr gemacht werden soll, dass dabei aber die möglichen Alternativen noch nicht genügend konkretisiert und systematisiert sind. Von einem Modell würde ich aber gerade dies einfordern.

Es grüßt Dich herzlich,

Philipp
 
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Hallo Benjamin,

Ich empfehle Dir wirklich, Dich einmal mit den Skandinavischen Bildungssystemen zu befassen. Dort wirst Du die Punkte, welche bei Dir sehr allgemein und nur ansatzweise erwähnt sind, in einem konkreten praktischen Konzept größtenteils vorfinden.

Philipp

Ich schließe mich der Empfehlung von Philipp an
(aus familiärer Erfahrung).

Samstagsgruß
Reinhard
 
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