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Mehrheitswahlrecht und Frauenquote

Marianne

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9. September 2007
Beiträge
790
An sich bin ich heute beim Lesen folgenden Interviews in der PRESSE

Prammer: „Da wird sich die ÖVP kalte Füße holen“
http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/359182/index.do?_vl_backlink=/home/index.do

auf diese Fragestellung gekommen. In dem Interview geht es an sich um die Arbeit der Regierung, um das Missverhältnis zwischen tatsächlich geleisteter Arbeit und der PR dafür, na ja: halt um das übliche Hick-Hack , angemacht an der Tatsache, dass in der 2. Republik erstmals ein Präsident ein beschlossenes Gesetz nicht unterzeichnet hat ( ein rein formaler Fehler).

Im Laufe des Gespräches sagte Frau Minister Prammer folgendes:

Und ein Mehrheitswahlrecht wäre kein Ausweg?

Prammer: Man sollte keine Diskussion in einer Demokratie unterbinden. Ich bin aber eindeutig dagegen. Für mich ist das System undemokratisch und sehr stark frauenfeindlich. Überall dort, wo es ein Mehrheitswahlrecht gibt, hat man die schleißigste Frauenquote.

Beim Fighten im Wahlkreis gewinnen die Männer?

Prammer: Sie haben einfach bessere Ressourcen, bessere Einkommen und die Stammtischhoheit. Sicher gibt es Ausnahmen, aber da haben wir Frauen oft Probleme. Und ein anderes Wahlrecht ist nicht die Lösung, wenn man in der Regierung nicht weiterkommt.


meine Frage:

Widerspricht ein Mehrheitswahlrecht nicht an und für sich dem Gedanken der Demokratie ?

Unabhängig von dieser grundsätzlich demokratiepolitischen Frage hat das Mehrheitswahlrecht in der Praxis für die Hälfte der Wähler = die Frauen echte Nachteile.
 
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AW: Mehrheitswahlrecht und Frauenquote

Wieso sollte ein Mehrheitswahlrech undemokratisch sein? Die USA, Großbritannien und Frankreich haben alle das Mehrheitswahlrecht. Sind diese Staaten nun undemokratisch? Ich fänd ein Mehrheitswahlrecht angesichts immer öfterer GroKos nicht unsympathisch. Der Wahlgewinner könnte so unbesehen sein Wahlprogramm durchsetzen, ohne irgendwelche Komprisse eingehen zu müssen. Dabei könnte man eine Stichwahl durchführen, wenn ein Kandidat nicht gleich über 50% der Stimmen holt.

Ich finde nicht, dass ein Mehrheitswahlrecht Frauen unbedingt diskriminiert. Sowohl in Großbritannien als auch in Frankreich sind Frauen zu ca. 20% im Parlament vertreten.
 
AW: Mehrheitswahlrecht und Frauenquote

Ich will mich jetzt nicht über die verschiedenen Auslegungen des Begriffes Mehrheitswahlrecht auslassen.

Hier kann sich jede/r selbst genauer informieren.
http://de.wikipedia.org/wiki/Mehrheitswahl
Völlig unbestritten ist es absolut demokratisch, wenn wir an das Auswahlrecht nach Mehrheitsentscheid denken. Das können wir in vielen Basisentscheidungen auch im Alltag ( z.B. Vereinswahlen/Obmann/Obfrau) erleben. Aber auch bei unseren Präsidentenwahlen hier in Österreich, in der ein direktes Personenwahlrecht angewendet wird, haben wir Mehrheitswahlrecht.


Schwierig wird es schon eher für mich, lieber Daimos, wenn ich an das „der Gewinner bekommt alles“-Prinzip denke, das in den von Dir angesprochenen Ländern herrscht. Sicher: dieses Wahlrecht ist insofern demokratisch, als es ja von der Volksvertretung gesetzlich abgesegnet ist. Es ist legal.

Ohne jetzt ins Detail zu gehen: die meisten Mehreitswahlrechte führen aber zur Vernachlässigung der Minderheiten - und zwar größerer Minderheiten als es bei dem
repräsentativen Wahlrecht der Fall ist.

Wir müssen ja bedenken, dass beim Mehrheitswahlrecht und beim Verhältniswahlrecht die Stimmen ( Mandate) in den Wahlkreisen „ gesammelt“ werden.
Bei der Mehrheitswahl werde das Wahlgebiet in so viele Wahlkreise eingeteilt, wie Mandate zu vergeben sind. Gewählt ist der Kandidat/ die Kandidatin, der/die die meisten Stimmen erhält.
Bei der Verhältniswahl werde dagegen die Sitzverteilung so durchgeführt, dass jede Partei so viele Mandate bekommt, wie es ihrem Stimmenanteil im Wahlgebiet entspricht.

Das erscheint mir der Hauptunterschied. So können auch kleinere Parteien, die in einem Wahlkreis die erforderlichen prozentuellen Anteile erhalten, ihre Stimmen aus anderen Wahlkreisen sich auf die Parlaments(Bundestags)mandatszahl zurechnen.

Das entfällt beim reinen Mehrheitswahlrecht.



Ich bin - mit Ministerin Prammer - der Meinung, dass die meisten Parteien immer noch mehr Männer an die erste wählbare Stelle setzen ....

Gründe will ich hier gar nicht andenken .

Deshalb ist eben auch für mich das Mehrheitswahlrecht eher frauenfeindlich.
 
AW: Mehrheitswahlrecht und Frauenquote

Hallo Marianne,

das Mehrheitswahlrecht ist mir durchaus vertraut. Nur denke ich, ist es ein klarer Denkfehler, dem Wahlsystem die Schuld an zu wenig ParlamentarierINNEN zu geben. Ein Wahlsystem kann nicht frauenfeindlich sein, weil es nur den Wahlmodus beschreibt. Frauenfeindlich wäre es insofern nur, wenn es Frauen von der Wahl ausschlösse. Frauenfeindlich ist wenn schon die Politik bzw. die jeweiligen Parteien. Aber diesen Zustand zu ändern, ist nicht Aufgabe des Wahlsystems (auch wenn es das mitunter nebenbei tut), sondern vielmehr Aufgabe der politischen Parteien.

Ich weiß auch gar nicht, wo das Problem liegt: Wir hatten in Deutschland Heide Simonis als MinPräs von Schleswig-Holstein, wir könnten in Hessen Ypsilanti als neue MinPräs bekommen, wir haben Merkel als Kanzlerin, wir hätte 2004 sogar eine Frau als Bundespräsidentin haben können.
Aber die Entscheidung, ob Mann oder Frau, liegt doch im politischen Prozess und nicht im Wahlsystem.
 
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AW: Mehrheitswahlrecht und Frauenquote

Du hast Recht, Daimos, ein Recht als solches kann nie frauenfeindlich oder männerfreundlich sein - das haben Abstrakta ( Begriffe) so an sich.


Wenn Du aber bereit bist, meinen eigentlichen Nachdenkknackpunkt zu berücksichtigen ... wirst Du gar schnell merken, dass die Realität eben Frauen nicht " gleichbehandelt" ---- trotz der Frauenquoten hier in Österreich.
 
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