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In memoriam Robert Gernhardt

Weils so schön war


Paulus schrieb an die Apatchen:
Ihr sollt nicht nach der Predigt klatschen.

Paulus schrieb an die Komantschen:
Erst kommt die Taufe, dann das Plantschen.

Paulus schrieb den Irokesen:
Euch schreib ich nichts, lernt erst mal lesen.

 
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und noch einer .....

Das Gleichnis

Wie, wenn da einer, und er hielte
ein frühgereiftes Kind, das schielte,
hoch in den Himmel und er bäte:
„Du hörst jetzt auf den Namen Käthe!“ –
Wär’ dieser nicht dem Elch vergleichbar,
der tief im Sumpf und unerreichbar
nach Wurzeln, Halmen, Stauden sucht
und dabei stumm den Tag verflucht,
an dem er dieser Erde Licht.....
Nein? Nicht vergleichbar? Na dann nicht!​
 
...und weil heute der 14 Juli ist:

Paris ojaja

Oja! Auch ich war in Parih
Oja! Ich sah den Luver
Oja! Ich hörte an der Sehn
die Wifdegohle-Rufer

Oja! Ich kenn' die Tüllerien
Oja! Das Schöhdepohme
Oja! Ich ging von Notterdam
a pjeh zum Plahs Wangdohme

Oja! Ich war in Sackerköhr
Oja! Auf dem Mongmatter
Oja! Ich traf am Mongparnass
den Dichter Schang Poll Satter

Oja! Ich kenne mein Parih.
Mäh wie!​
 
AW: In memoriam Robert Gernhardt

Zum Erscheinen post mortem des letzten Gedichtsbandes von Robert Gernhardt: "Später Spagat"


"Von viel zu viel"

Ich bin viel krank.
Ich lieg viel wach.
Ich hab viel Furcht.
Ich denk viel nach:

Tu nur viel klug!
Bringt nicht viel ein.
Warst einst viel groß.
Bist jetzt viel klein.

War einst viel Glück.
Ist jetzt viel Not.
Bist jetzt viel schwach.
Wirst bald viel tot.

Robert Gernhardt​
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: In memoriam Robert Gernhardt: 13.12.37 - 30.06.06



Trägst den Tod in dir?
Trägst schwer.
Tod ist nicht irgendwer:
Wiegt.
Stirbst wie nur je ein Tier?
Nimms leicht.
Tod wird durch nichts erweicht:
Siegt.​


Heute vor einem Jahr starb Robert Gernhardt. Das oben zitierte Gedicht gehört zur Serie seiner letzten Gedichte in denen er sich mit dem Tod auseinandersetzte, seinen letzten Kampf gekämpft hat gegen seine Krebserkrankung.

Sein Gedichtband "Später Spagat" dem ich das oben zitierte Gedicht entnehme, erschien posthum – kleiner Trost für all die die ihn so sehr geliebt haben. Ja, nicht nur sein Werk, sondern auch den Menschen Robert Gernhardt, den großzügigen, humorvollen, sanften Dichter, der aber oft mit einer spitzen Feder schrieb.
Ich denke, dass wir ihn deswegen auch lieben. Wegen dieser Gabe ständig zwischen "Standbein und Spielbein, Ernstbein und Spaßbein, Verschlüsselbein und Entschlüsselbein" zu wechseln.

Außer des posthumen Gedichtbandes das ich oben erwähnte, hat Gernhardt uns noch ein Prosawerk hinterlassen, seine wunderschönen Erzählungen: Denken wir uns.

Ich zitiere hier noch ein Gedicht von Gernhardt, aus dem Gedichtsband: Im Glück und anderswo (2001):


Rede vom Glück

Wie übers Glück reden?
Wenn das einmal glückte:
Wäre das nicht Glück?

Mir glückte es nie,
das Glück zu beschwören
ohne Unglücksgrundierung.

Als ob das Glück,
um zu glücken, bedürfte
der Folie des Unglücks.

Braucht nicht das Unglück
vielmehr das Glück,
das Mißglücken das Glücken?

Der Wortstamm ist: Glücken.
Mißglücken, Nichtglücken:
Verunglückte Zweige,

Glücklose Triebe
auf glückhaft wurzelndem
Grundglück.

Vor allem Unglück
war Glück. Vor allem
Mißglücken glückte es.

Ihr glücklichen Tage!
Nur wen ihr beglückt,
der kennt glücklose Nächte.

Wir glücklichen Menschen!
Vor unserem Glück erst
erstrahlt hell euer Unglück.


 
AW: In memoriam Robert Gernhardt

Weh mir - mich traf ein Pfeil !

Apropos Pfeil -
Wissen Sie, warum Pfeil Pfeil heißt?

Pfeil er mich traf !​

Aus "Achterbahn"

Danke, Miriam, dass du daran erinnerst. Ich mag ihn sehr.
 
AW: In memoriam Robert Gernhardt

Dreissigwortegedicht

Siebzehn Worte schreibe ich
auf dies leere Blatt,
acht hab' ich bereits vertan,
jetzt schon sechzehn und
es hat jetzt längst mehr keinen Sinn,
ich schreibe lieber dreissig hin:
Dreissig.​
 
AW: In memoriam Robert Gernhardt

(aus Achterbahn 1990)
Nachdem er durch Metzingen
gegangen war.


Dich will ich loben: Hässliches
du hast so was Verlässliches.

Das Schöne schwindet, scheidet, flieht -
fast tut es weh, wenn man es sieht.

Wer Schönes anschaut, spürt die Zeit,
und Zeit mein stets: Bald ist's soweit.

Das Schöne gibt uns Grund zur Trauer.
Das Hässliche erfreut auf Dauer.​
 
AW: In memoriam Robert Gernhardt

(aus Achterbahn 1990)
Nachdem er durch Metzingen
gegangen war.


Dich will ich loben: Hässliches
du hast so was Verlässliches.

Das Schöne schwindet, scheidet, flieht -
fast tut es weh, wenn man es sieht.

Wer Schönes anschaut, spürt die Zeit,
und Zeit mein stets: Bald ist's soweit.

Das Schöne gibt uns Grund zur Trauer.
Das Hässliche erfreut auf Dauer.​

Aus seinem Nachlass:
So manche Frau im Taxi
die trägt ganz gerne Maxi,
trüg Mini sie, so wär das schön,
da könnt ich ihre Beine sehn
und gar des Strumpfes Ränder,
vielleicht gar Strumpesbänder,
die man auch gern nennt "Strapse",
gehör ich in die Klapse?
 
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(aus Achterbahn 1990)
Testament

Wo ist die Kasse?
Wo ist der Stift?
Wo ist die Tasse?
Wo ist das Gift?

Da liegt ja die Kasse!
Da steckt ja der Stift!
Da steht ja die Tasse!
Da ist ja das Gift!"

Sie kriegt die Kasse.
Er kriegt den Stift.
Du kriegst die Tasse.
Ich nehm das Gift.​
 
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