• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Ein Sprachsystem zu "Sprache und Wahrheit"

Uffzach

Active Member
Registriert
29. April 2016
Beiträge
891
I. Einleitung
1. Nur weil es das Wort „Wahrheit“ gibt kann gedacht werden, dass es Wahrheit unabhängig von diesem Wort gäbe und nur deswegen kann über Wahrheit gesprochen oder geschrieben werden in der Form von Behauptungen, Erläuterungen, Definitionen o.ä.
II. Sprache
2. Der Begriff „Sprache“ dieses Modells meint gesprochene Sprache und Schriftsprache einer Landessprache als Nationalsprache (z.B. Englisch oder Deutsch), d.h. regionale Dialekte bleiben unberücksichtigt.
3. Sprache besteht aus Abfolgen von hörbaren elementaren Lauten/Geräuschen unterbrochen von lautlosen Pausen (gesprochene Sprache) oder Abfolgen von sichtbaren elementaren Zeichen (Buchstaben, Satzzeichen) unterbrochen von Leerstellen (Schriftsprache).
4. Der Vereinfachung wegen sei von sprachlichen „Zeichen(folgen)“ die Rede, wenn nicht zwischen gesprochener Sprache und Schriftsprache unterschieden werden soll und sowohl hörbare akustische als auch sichtbare schriftlichen Zeichen gemeint sein können.
5. Der Länge nach zunehmend können also folgende Komponenten als Zeichenfolgen >= 1 einer Sprache unterschieden werden: Zeichen, Worte (als Zeichenfolgen), Sätze (als Wortfolgen mit Satzzeichen), Satzmengen (als Menge von Sätzen wie z.B. in einem Vortrag oder einem Zeitungsartikel).
6. Der Begriff „Sprachsystem“ dieses Modells meint die Menge aller Worte und aller möglichen kontextabhängigen Sätze, d.h. Aussagen, die innerhalb einer Landessprache nur in einem bestimmten Anwendungsgebiet Anwendung finden wie z.B. Sprachsysteme professioneller Fachsprachen, Sprachsysteme philosophischer oder religiöser oder ideologischer Gedanken-/Ideensysteme.
7. „Sprachlicher Ausdruck“ steht für „sprachliche Zeichenfolge“, idR für Worte oder Sätze, die einen Gedanken/eine Idee ausdrücken, wobei in besonderen Fällen jedoch auch bereits ein Zeichen, ein Buchstabe oder Laut, einen sprachlichen Ausdruck darstellen kann, nämlich dann, wenn dieser Buchstabe oder Laut z.B. für eine Variable steht oder einen Gefühlsausdruck.
8. Der Sprachliche Ausdruck, den ein Individuum in einem bestimmten Kontext wählt, ist abhängig von seiner sprachlichen Ausdrucksfähigkeit, seinem Denkvermögen und von weiteren vielfältigen konditionierenden Einflüssen wie sozialer Umgang, beruflichen Tätigkeit, Bildung, philosophische und/oder religiöse und/oder ideologische Überzeugungen oder Beeinflussungen etc.
9. Ein sprachlicher Ausdruck ist zum einen als Ausdrucksmittel ein Effekt oder eine Wirkung eines Gedanken/einer Idee auf Seiten des Sprechers/Schreibers und zum anderen eine Ursache für einen Gedanken/einer Idee auf Seiten des Hörers/Lesers.
10. Ein sprachlicher Ausdruck ist als solcher frei von Bedeutung, weil er weder die Idee/der Gedanke ist, die/den ein Sprecher/Schreiber damit ausdrückt, noch die Idee/der Gedanke ist, die/den ein Hörer/Leser entwickelt in Folge des Hörens oder Sehens der bedeutungsfreien Zeichen.
11. Da Ideen/Gedanken von anderen Individuen notwendigerweise unbekannt sind, ist weder aus einer Übereinstimmung der sprachlichen Ausdrücke zweier Individuen valide ableitbar, dass auch ihre den sprachlichen Ausdrücken entsprechenden Ideen/Gedanken übereinstimmen, noch ist aus der Nicht-Übereinstimmung der sprachlichen Ausdrücke zweier Individuen valide ableitbar, dass auch ihre den sprachlichen Ausdrücken entsprechenden Ideen/Gedanken nicht übereinstimmen.
III. Ideen
12. In diesem Modell sind die Begriffe „Gedanke“, „Vorstellung“ und „Idee“ austauschbar und beziehen sich jeweils auf ein Bewußtseinsereignis.
13. Ideen werden unterteilt in Ideen, die auf Sinneseindrücken der fünf Sinne (Sehen, Hören, Riechen, Tasten, Schmecken) beruhen, und Ideen, die nicht auf Sinneseindrücken der fünf Sinne beruhen.
14. „Ideensysteme“ oder "Gedankensysteme" meint die Pendants zu bereits genannten Sprachsystemen.
IV. Sinneseindrücke
15. Sinneseindrücke werden konventionell den 5 Sinnen Sehen, Hören, Riechen, Tasten, Schmecken zugeordnet.
16. Wie sprachliche Zeichen, die spezielle Sinneseindrücke sind, so sind auch nicht-sprachliche Sinneseindrücke frei von jeglicher Bedeutung.
17. Wie sprachliche Zeichen, die spezielle Sinneseindrücke sind, so initiieren auch nicht-sprachliche Sinneseindrücke i.d.R. die Synthese von Ideen.
V. Fazit
18. Die Wahrheit eines sprachlichen Ausdruckes ist seine Repräsentation der Wirklichkeit (i.S.v. Wirksamkeiten) von Idee, kommunikativem Impuls und sprachlicher Konditionierung (s. a. Pkt 8 ).
19. Die Wahrheit eines sprachlichen Ausdruckes ist primär die Wahrheit des sich sprachlich ausdrückenden Individuums, welches den sprachlichen Ausdruck hervorbringt.
20. Sekundär kann ein sprachlicher Ausdruck zur Wahrheit eines Hörers oder Lesers werden, wenn dieser zu dem Schluss kommt, dass er selbst in dem Kontext, in dem ein Sprecher oder Schreiber diesen sprachlichen Ausdruck hervorgebracht hat, diesen sprachlichen Ausdruck verwenden würde, oder den sprachlichen Ausdruck in diesem Kontext als angemessen wahrnimmt (Verifizierung).
21. Die sich aus Pkt. 20 ergebene Übereinkunft hinsichtlich der Angemessenheit eines sprachlichen Ausdruckes zwischen n Individuen (n >= 2) wird Konvention, die Wahrheit des sprachlichen Ausdruckes aus der Perspektive dieser n Individuen wird konventionelle Wahrheit genannt.
22. Durch die Erhöhung der Anzahl von Individuen, die eine gemeinsame Konvention teilen, entstehen Glaubensgemeinschaften im weitesten Sinne (klassische Religionen, Wissenschaften, Philosophien, Ideologien, Moral/Ethiken), die sich auf ihre eigenen konventionellen Sprachsysteme beziehen, die ihren Gedankensystemen entsprechen. Solche Sprachsysteme enthalten Sprachregelungen, die regeln in welchem Kontext, welche sprachlichen Ausdrücke von der Glaubensgemeinschaft als angemessen bewertet werden und führen unter Umständen auch neue Begrifflichkeiten in die allgemeine Landes- bzw. Nationalsprache ein oder bilden aus bereits vorhandenen Worten neue Begriffe, indem sie diesen Worten eine außerhalb der Glaubensgemeinschaft unübliche Bedeutung zuweisen.
 
Werbung:

Worte oder Wörter ?

Uffzach schrieb:
[...]
Solche Sprachsysteme enthalten Sprachregelungen,
die regeln in welchem Kontext, welche sprachlichen Ausdrücke
von der Glaubensgemeinschaft als angemessen bewertet werden
und führen unter Umständen auch neue Begrifflichkeiten
in die allgemeine Landes- bzw. Nationalsprache ein
oder bilden aus bereits vorhandenen Worten neue Begriffe,
indem sie diesen Worten eine außerhalb der Glaubensgemeinschaft
unübliche Bedeutung zuweisen.

In diesem, wie auch in anderen Teilen dieses Textes,
wäre zu klären, ob in diesem Zusammenhang wirklich

Worte
gemeint sind, oder nicht vielmehr Wörter.

Ein schlampiger Umgang mit Sprache verträgt sich nicht gut
mit dem Anspruch, ein Sprachsystem erklären zu wollen.


> Das musste auch einmal in aller Klarheit gesagt werden. <

 
Worte oder Wörter ?



In diesem, wie auch in anderen Teilen dieses Textes,
wäre zu klären, ob in diesem Zusammenhang wirklich

Worte
gemeint sind, oder nicht vielmehr Wörter.

Ein schlampiger Umgang mit Sprache verträgt sich nicht gut
mit dem Anspruch, ein Sprachsystem erklären zu wollen.


> Das musste auch einmal in aller Klarheit gesagt werden. <
Von dem Wort Wort gibt es zwei Plurale: die Wörter und die Worte.
...
Und dann muss das zuvor Gesagte doch noch differenziert werden. Denn tatsächlich ist die Verteilung komplizierter, so nämlich, dass zwar für Wörter oft auch Worte gesagt werden kann, nicht aber umgekehrt für Worte Wörter.
...
https://www.deutscheakademie.de/de/aktivitaeten/projekte/sprachkritik/2010-11-15/worte-und-worter
 


Deutsche Akademie für Sprache schrieb:
Worte oder Wörter

[...]

Worte im Unterschied zu Wörtern sind
kurze Sätze, Aussprüche, denen die Tradition oder einfach
der sich auf sie Berufende eine gewisse Bedeutung zumisst.


Dergleichen meinen wir, wenn wir sagen, ‚das ist ein Wort von Jesus’
oder ‚ein Jesuswort'‚ oder ‚Thomas Mann zitiert da ein Wort von Goethe’
oder ‚dies meint das bekannte Wort von Brecht...’ oder‚
dazu gibt es ein schönes Wort von Shakespeare’.

Ein hier, für unsere Frage einschlägiges ‚Wort’ von Shakespeare
ist das, das er dem Hamlet in den Mund legt und zwar auf die Frage
des Polonius, der den lesenden Prinzen fragt:
„What do you read, my lord?“,
worauf Hamlet hochgradig ausweichend antwortet:
„Words, words, words“.

Die Übersetzung ins Deutsche kann hier nur
„Wörter, Wörter, Wörter“ sein,
denn Worte, Aussprüche,
meint Hamlet da sicher nicht.

Was ‚Jesusworte’ angeht, so darf man an
„Die sieben letzten Worte des Erlösers“ denken,
wie sie Joseph Haydn in Musik gesetzt hat:
da geht es um eine Zusammenstellung aus den vier Evangelien der ,Worte',
die Jesus zuletzt gesprochen hat.

Hier braucht man niemandem klarzumachen, dass
‚die sieben letzten Wörter des Erlösers’ etwas sehr anderes wären.

Man muss also voraussetzen, dass im Singular diese beiden Bedeutungen,
Einzelwort und kurzer Ausspruch, beieinander, also nicht formell
(man kann auch sagen materiell) unterschieden sind,
das Wort meint entweder das eine oder das andere,
dass aber im Plural beide Bedeutungen auf zwei verschiedene
materielle Formen, die also Verschiedenes meinen, verteilt sind.

Hast du jetzt sorgfältig geprüft,
ob überall dort, wo in deinem Text "Worte" steht,
auch tatsächlich "Worte" gemeint sind, und nicht vielmehr "Wörter"?


> Das musste auch einmal in aller Klarheit gefragt werden. <

 
Diesen Beitrag weiterführend:
Ein Objekt ist also immer ein Objekt sprachlichen Ausdruckes, welches nicht der sprachliche Ausdruck selbst ist, und auch der sprachlicher Ausdruck als Mittel des Ausdrucks eines Objektes ist ein Objekt, aber ein anderes. Ein Objekt ist also Ursache eines anderen Objektes, das sprachlicher Ausdruck ist. Dies beschreibt aber nur die Sprecherseite.
Auf der Hörerseite ist es umgekehrt, nämlich, dass der sprachliche Ausdruck als Objekt Ursache eines Objektes ist, welches notwendigerweise nicht das ausgedrückte Objekt des Sprechers ist, aber ihm mehr oder weniger ähnelt.
In jedem Falle aber ist alles, was Objekt ist, notwendigerweise Objekt des Bewußtseins, und alles, was Objekt des Bewußtseins ist, ist notwendigerweise ein Phänomen. "Objekt" und "Phänomen" können also synonym verwendet werden.
 
Werbung:
Zurück
Oben