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Das Jahr der Entscheidung: Warum keine Gesamtschule?

HannesL

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16. Dezember 2009
Beiträge
551
Eine Reportage des ZDF v. 07.10.2009: Das Jahr der Entscheidung.
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beit...eitrag/video/852338/Das-Jahr-der-Entscheidung

Es werden dabei vier Schüler der 4. Klasse ein Jahr lang begleitet:

„Die vierte Klasse der Grundschule wird zur Bewährungsprobe. Da heißt es die letzten Kräfte mobilisieren, um die Weichen richtig zu stellen. Stress, Angst und Sorgen, die sich von den Eltern auf die Kinder übertragen. ‚Wir strengen uns an’, ‚wir wollen es auf das Gymnasium schaffen’, ‚wir wollen das Beste für unser Kind’ - die Eltern leiden und kämpfen mit um das Abitur oder den bestmöglichen Schulabschluss. Folter oder wirklich das Beste für das Kind?“
http://eltern.t-online.de/schule-das-jahr-der-entscheidung/id_20159664/index

Und weiter heißt es dort:

„Nicht für die Schule, nicht für das Leben, nein, für die Eltern lernen wir? Ist es so? Vor allem im vierten Schuljahr, wenn es um den Wechsel von der Grundschule zur weiterführenden Schule geht, wohl schon, so zeigt es die Reportage "Das Jahr der Entscheidung". Alina will aufs „Gymi“, weil alle Freundinnen dort hingehen, Noah weil sein Zwillingsbruder auf das Gymnasium wechselt und sich sehr leicht mit dem Lernen tut, Anna, weil ihre Mutter das unbedingt will, Jean-Pauls Ziel ist die Realschule. Die Kinder geben Gas, aber auf das Gas drücken tun die Eltern, die Lehrer, das System.“

In Ö. gibt es nach der Volksschule die Hauptschule, die Neue Mittelschule und das Gymnasium.
Nach diesem Film dneke ich mir erst recht wieder: Warum tut man sich so schwer mit einer Gesamtschule bis 14?

Wo noch dazu durch zahlreiche Forschungen und Statistiken längst nachgewiesen ist, wie sehr ERFOLG und LEISTUNG auch mit den Befindlichkeiten des Kindes, mit dessen Wohlgefühl zusammenhängt und dass übertriebener Stress ganz klar auch leistungshemmend ist!
Leistung und Wohlgefühl lässt sich verbinden, wenn auch nicht immer und nicht lückenlos.
 
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AW: Das Jahr der Entscheidung: Warum keine Gesamtschule?

... weil Bildung immer noch eine Klassenfrage ist - und da kämpfen die Oberen seit langem einen verdeckten aber leider erfolgreichen Kampf gegen jede Veränderung im Sinne wirklicher Gleichheit der Bildungschancen.

All die Sonntagsreden von dem Wert der Bildung sind nichts wert, solange man nicht endlich richtig Geld in die Hand nimmt und die Schule grundsätzlich reformiert, d.h. vereinheitlicht und - vor allem in D. - den unsäglichen Föderalismus aufgibt (Föderalismus heißt nämlich nur = 16 falsche Bildungssysteme!).
 
AW: Das Jahr der Entscheidung: Warum keine Gesamtschule?

Finnland investiert viel mehr Geld in das Bildungssystem als D oder Ö. An jeder finnischen Schule gibt es ein Expertenteam:
Eine Schulschwester ist zuständig für gesundheitliche Belange, persönliche Probleme im Schulalltag, Probleme mit Lehrern.
Eine Sozialpädagogin ist zuständig für Konflikte wie Mobbing oder Schuleschwänzen.
Eine Psychologin geht den Lernschwächen nach, die nicht sofort erkennbar sind.
Eine speziell ausgebildete Lehrerin gibt Nachhilfe bei Defiziten.
Der eigentliche Lehrer kann sich auf die Stoffvermittlung konzentrieren.
Noten sind bei einer solchen intensiven Betreuung weniger wichtig und sind erst ab der 5. Klasse möglich und ab der 7. verpflichtend.

Wenn sich schon die Zeiten geändert haben, die Eltern berufstätig sind und zugleich die Anforderungen höher werden, dann muss man sich die Bildung der Kinder (auch die Persönlichkeitsbildung!) etwas kosten lassen.
Der hohe Wert der Bildung gehört sonst wirklich nur zu den Sonntagsreden.
 
AW: Das Jahr der Entscheidung: Warum keine Gesamtschule?

Ja, die skandinavischen Länder werden uns immer wieder als leuchtendes Beispiel vorgehalten - und einiges ist auch erwägenswert.

Das Team der verschiedenen Berufe beispielsweise. Ein Lehrer ist nicht der Allroundfachmann, zu dem man ihn hier gerne machen möchte; er kann nicht alles Probleme der Kinder und Jugendlichen auffangen (vor allem nicht, wenn schon die Elternhäuser versagt haben - und deren Zahl steigt und steigt...).

Als Lehrer ist man im besten Falle Fachmann für die Vermittlung der Lerninhalte; man weiß, wie man etwas "an den Mann" bringt (an das Kind).

Man ist aber kein Psychologe, kein Sozialarbeiter o.ä. (Ich jedenfalls will das auch gar nicht sein).

ABER - es ließe sich auch hier etwas bewirken.

Grundvoraussetzung: Man muss, wenn man Bildung wirklich so hoch schätzt, viel mehr, viel viel mehr Geld dafür in die Hand nehmen. Und man sollte die elende Kleinstaaterei aufhören, d.h. Bildungspolitik gehört zentralisiert.
 
AW: Das Jahr der Entscheidung: Warum keine Gesamtschule?

Als Lehrer ist man im besten Falle Fachmann für die Vermittlung der Lerninhalte; man weiß, wie man etwas "an den Mann" bringt (an das Kind).

Man ist aber kein Psychologe, kein Sozialarbeiter o.ä. (Ich jedenfalls will das auch gar nicht sein).
Das finnische Beispiel hat mir eben deshalb imponiert. Schulpsychologen, soziale Betreuung usw. gibt es auch bei uns in Ö., aber nur bezirksweise bestenfalls, so viel ich weiß.
Praktische Umsetzung, damit das in jeder Schule möglich ist, wäre eine Zentralisierung, da stimme ich zu.
Dafür müssen aber auch andere Opfer gebracht werden, wie etwa das Schließen vieler ländliche Kleinschulen bzw. eine Entmachtung der Landesfürsten.
Bei uns ein riesiges Hindernis (Bürgermeister und Landeshauptleute).
 
AW: Das Jahr der Entscheidung: Warum keine Gesamtschule?

Ja leider, diese Form der "Hindernisse" gibt es in D ja auch - und deshalb wird nichts geschehen außer den wohl bekannten Sonntagsreden und dem alle Jahre wieder auftretenden (geheuchelten) Entsetzen, wie schlecht die Schulen hier sind...
 
AW: Das Jahr der Entscheidung: Warum keine Gesamtschule?

Als Vertreter der Oberschicht muss ich dazu allerdings sagen:

Was nutzt es euch, wenn ihr „viel mehr Geld in Bildung“ steckt und alle Abi und alle Diplöme haben und dann statt 200.000 arbeitslosen Akademikern einige Millionen Akademiker vorm Amt stehen. Dann nörgelt ihr doch auch wieder herum und verweigert euch dem Konsum.

Viele Grüße
Bildungsferne Schicht (Nachtschicht)
 
AW: Das Jahr der Entscheidung: Warum keine Gesamtschule?

Darum geht es gar nicht, alle zum Abitur zu verhelfen; aber es geht um Gerechtigkeit, Kindern, die das Zeug dazu haben, den Weg zu ebnen, denn allzuoft - gerade in D, internationale Untersuchungen belegen das seit Jahren - ist der Familienhintergrund entweder ein offenes Tor zu den Bildungsgängen (bei den Privilegierten) oder eine geschlossene Tür (bei den anderen). Und mehr Bildung für alle hat noch keiner Gesellschaft geschadet...
 
AW: Das Jahr der Entscheidung: Warum keine Gesamtschule?

Eine Gesamt-Schule soll die Chancengleichheit erhöhen. Wir brauchen auch gute Installateure (Klempner), und die brauchen auch eine möglichst gute Grundschul-Ausbildung (um die es bei der GS eigentlich geht).
Höherer Bildungsstandard wird ja von allen Seiten verlangt und auch die Erziehung fällt immer mehr der Schule zu. Der Umkehrschluss wäre fatal: Soll alles beim Alten bleiben, damit nicht zu viele kluge und selbstbewusste Köpfe eine höhere Bildung anstreben?
 
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AW: Das Jahr der Entscheidung: Warum keine Gesamtschule?

Eine Erg. noch zum finnischen Expertenmodell, das sich wahrscheinlich schwer oder gar nicht bei uns (Ö u. D) durchsetzen lässt (organisatorisch und finanziell):
Gesamtschule hängt nicht gezwungenermaßen von einem solchen Expertenteam ab!
Zur Zentralisierung: Das ist bei uns in Ö. momentan ein Thema, Unterrichtsministerin Schmied möchte in dieser Richtung reformieren (unabhängig von der Gesamtschule), die LH-Leute wehren sich strikt dagegen, weil sie zu viel Einfluss abgeben müssten.
 
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