Doch ist es aus dem, was die sagen, die mehr Prinzipien als nur eines annehmen, keinesfalls möglich, dass Veränderung vor sich geht. Denn die Beschaffenheiten, bei denen wir sagen, dass dies passiere, sind die Unterschiede der Elemente, ich meine z.B. warm – kalt, hell – dunkel, trocken – nass, weich – hart und alle anderen, wie Empedokles es ja auch sagt: „die Sonne erblicke als weiß und überall warm, düster in allem hingegen und trostlos der Regenguss“ (ebenso trifft er eine Bestimmung auch bei den übrigen). So dass, wenn es nicht möglich ist, dass aus Feuer Wasser und aus Wasser Erde, dann auch nicht, dass aus hell dunkel und aus weich hart werde (dasselbe Argument aber gilt auch bei den übrigen), dies aber war gerade Veränderung. Dadurch ist klar, dass den Gegensätzen immer eine Materie zugrundelegen muss [hier also jetzt wieder Hylemorphismus], ob nun ein Wandel im Sinne des Ortes oder von Wachstum und Schwinden oder der Veränderung erfolgt. Im Übrigen ist es gleich notwendig, dass dies der Fall und dass Veränderung sei. Liegt nämlich Veränderung vor, so ist auch das Zugrundeliegende nur ein Element und die Materie eine für alles, was einen Wandle ineinander besitzt, und wenn das Zugrundeliegende eines ist, dann liegt Veränderung vor...
Bis hier her erst mal... Aristoteles argumentiert hier als Monist: Entweder es liegt die Substanz zu Grunde, an der sich Veränderung zeigt, oder aber es liegt Materie zugrunde, an der sich Veränderung zeigt... Das ist an sich ganz richtig, aber dies ist ja, ich sagte es bereits, ein Werk über die Elementenlehre, und da wäre Aristoteles ja eigentlich Pluralist, und müsste sich somit selbst widersprechen... Man darf gespannt sein, wie er den Konflikt löst, denn bei Empedokles gab es keine Veränderung, so Aristoteles, und das leuchtet uns auch ein, denn die Elemente bleiben sich immer gleich... Sie mischen sich höchstens ständig neue... Damit gibt es aber in der Tat keine Veränderung... Wie will Aristoteles den Widerspruch auflösen? Wir werden sehen...
Empedokles scheint nun sowohl den Phänomenen als auch sich selbst Widersprechendes zu behaupten. Denn zugleich sagt er, dass nicht irgendein andres aus einem anderen Element entstehe, sondern alles andere aus diesem; gleichzeitig aber lässt er, wenn er die ganze Natur außer der Zwietracht in Eins zusammengeführt hat, doch wiederum aus dem Einen ein jedes entstehen, so dass offenbar aus einem gewissen Ding entstanden ist, was doch durch bestimmte Unterschiede und Beschaffenheiten getrennt entstand: das Wasser au der einen, Feuer auf der anderen Seite, oder, wie er sagt, die Sonne, die hell und warm, dagegen die Erde, die schwer und hart ist. Wenn nun diese Unterschiede aufhebbar sind (denn aufhebbar sind sie, da sie geworden sind), so ist klar, dass sowohl Erde aus Wasser wie auch Wasser aus Erde werden muss und so auch jedes der anderen – nicht nur damals, sondern auch jetzt, indem es sich in seinen Beschaffenheiten wandelt. Und aus dem, was er gesagt hat, ist es der Fall, dass sie zu etwas werden und wieder getrennt werden können, zumal ja am Kampf gegeneinander auch noch Zweitracht und Liebe beteiligt sind, weswegen sie auch damals aus Einem erzeugt wurden; denn solange Feuer, Erde und Wasser Seiende sind, war das All keineswegs eins. Undeutlich ist aber auch, ob er als Prinzip das Eine oder das Viele setzen muss, ich meine Feuer, Erde und die in dieser Rubrik [also alle Elemente und die zwei Prinzipien]. Insofern nämlich, als Materie zugrunde liegt, woraus, im Zuge der Wandlung, durch die Bewegung Erde und Feuer werden, ist das Eine Element. Insofern dieses aber aus einer Zusammensetzung, zu der jene zusammengehen, entsteht, während jene durch diesen Auflösung, sind sie elementarer und der Natur nach früher.
Es wäre schon wichtig, dass Aristoteles diese Frage klärt, nicht zuletzt auch in Bezug auf seine eigenen Elementenlehre... Bei der zugrundeliegenden Materie oder bei der zugrundeliegenden Substanz war es ja klar: An ihr vollzieht sich je die Veränderung... Aber bei den Elementen scheint es nicht ganz klar zu sein... Wenn ich etwa sage, an der Substanz als dem Zugrundeliegenden vollzieht sich Veränderung als Wandel der Elemente (Aristoteles) oder als Mischung und Trennung der Elemente (Empedokles), so löst sich das Problem offensichtlich auf, aber eben für beide gleichermaßen... Und eben diese Einträchtigkeit scheint Aristoteles zu bestreiten...Heute wissen wir, dass der Atomismus recht hat, und wir nehmen heute nur noch „cheimische“ elemente an... Diese sind aber an sich unveränderlich, und dann gäbe es ja nach Aristoteles keine Veränderung... Dass sich die chemsichen Elements an sich nicht ändern, heißt aber eben „nicht“ dass es an sich keine Veränderung gibt... Es mischen und trenen sich die Elemente tatäschlich immer wieder aufs neue und gehen in andere aggregatzustände über... Auch das ist Veränderung... Und zwa rnicht wenig... Das bedeutet aber auch, dass auch Empedokles grundsätzlich Veräderung hätte annehmen können, nur eben keine der Elemente selbst... Vorm rein historischen Standpunkt ist Aristoteles da ber recht zu geben... Tatäschlich gehen die Elemente ineinander über, was sie übrigens schon bei Heraklit taten, nur dass sie bei ihm noch nicht ganz vollständig waren... Es fehlte bei Heraklit noch das Element Luft...