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11. September 2001

Z

zwetsche

Guest
Gelebte Geschichte. Bedeutende Ereignisse, so sagt man, prägen sich auch wegen der Umstände in die Erinnerung der Zeitgenossen ein. Aus aktuellem Anlaß des Jahrestages:

Mich würde interessieren, wie Ihr selbst den 11. September 2001 erlebt habt.

Freue mich auf Eure Antworten.

Viele Grüße
Zwetsche
 
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AW: 11. September 2001

Hallo Zwetsche

Es ist eine Horror-Erinnerung, ich sehe die TV-Bilder, den ganzen Tag davor und die ganze Nacht danach immer noch jedes Mal, wenn die Rede darauf kommt wie einen Film im mir ablaufen und alles verkrampft sich in mir, auch wenn die Bilder nicht mehr mit der tierischen Angst von damals verbunden sind.

Als ich deine Frage las, wusste ich auch sofort, dass ich hier darüber schon mal schrieb und sogar auch wo. Es ist mir heute noch lieber, es für dich nur zu verlinken als es zu wiederholen. Hoffe, du bist deswegen nicht beleidigt.
Der Thread "Madrid" von Robin vom 18.3.2004 ist auch heute noch sicher interessant zu lesen...

https://www.denkforum.at/forum/showpost.php?p=34295&postcount=4

Liebe, leider nicht ganz so fröhliche Grüsse
C.
 
AW: 11. September 2001

Wenn meine Geschichte auch skurril klingen wird: es sind eigentlich nur die Umstände in denen ich den 11.9 life im Fernsehen erlebt habe, die diese Bezeichnung vielleicht verdienen. Der 11. September bleibt eigentlich für mich wie für viele andere, eine Art Wendepunkt des Zeitgeschehens. Von da an ist jedes Horrorszenarium möglich.

Doch zurück zu dem 11.9 des Jahres 2001. Ich bekam plötzlich mit, dass der Sender N-TV ein Lifeinterview mit Petra Gerster und Ihrem Mann Christian Nürnberger senden wird, zum Buch welches gerade von den beiden erschienen war: "Der Erziehungsnotstand: Wie wir die Zukunft unserer Kinder retten".
Ich rief meine Tochter an, ihr erstes Töchterchen also meine erste Enkelin war damals zwei Jahre alt und man sprach gerne und zu dem Zeitpunkt noch oft über Erziehungsprobleme in unserer Familie .

Es war kurz vor der Zeit des angekündigten Interviews, wir sprachen weiter, jede hatte den Ton des jeweiligen Fernsehers sehr leise gestellt – und plötzlich, nach einer kurzen Ankündigung die wir nicht verstanden hatten, wurden die Bilder des World Trade Centers eingeblendet. In den ersten der Türme war bereits ein Flugzeug hineingerast und es brannte. Und während wir noch immer nicht begriffen, raste das zweite Flugzeug in dem zweiten Turm.

Es war vielleicht dieser fürchterliche Kontrast der alles in Frage stellte: die Bilder die wir sahen und das Thema des angekündigten Interviews: Der Erziehungsnotstand: Wie wir die Zukunft unserer Kinder retten.

Gruß

Miriam


 
AW: 11. September 2001

an dem besagten Horrortag bekam ich morgens (ich war an dem Tag zu Hause) einen Anruf, es wäre ein Flugzeug ins World Trade Center geflogen und ich solle mal den Fernseher anmachen und auf ntv schalten.
Ich glaube ich saß fast den ganzen tag vor dem TV und war geschockt. Die schrecklichsten Bilder für mich waren als man die winkenden und rufenden Menschen sah in ihrer Verzweiflung. Und ich kann mich noch gut an Szenen erinnern als jemand sagte die Menschen springen runter und man konnte die Aufschläge hören. noch später wurden sogar die Menschen gezeigt mit Tele fotografiert wie sie sprangen in Zeitschriften.
das war so das Schlimmste und Grausamste in der Geschichte was ich gesehen habe was Menschen durchmachen mußten.
Der Untergang der Estonia war noch schrecklich und Zugunglücke, aber die Opfer im WTC haben sehr viel länger kämpfen, sich quälen und angst haben müssen.
Ganz schlimm.
ich hoffe daß diejenigen die das verursacht haben ihre gerechte Strafe bekommen!
 
AW: 11. September 2001

Ich hatte mit einem sehr kostenträchtigen Fall zu tun, es ging um einen Streit zwischen zwei mittelständischen Unternehmen über die Lieferung bestimmter Erzeugnisse und mehrere 100.000 DM. Um dem Gegner eine Rügepflichtverletzung nachweisen zu können, benötigte ich den genauen Abgleich nicht weniger als ca. 500 Lieferscheinen mit einem Spediteur. Das war eine ziemliche Horrorarbeit und der völlig konsternierte Spediteur sprach mich nach 1 1/2 Stunden Telefonat an, wenn er gewußt hätte, was heute auf ihn zukommt, wäre er nie an den Apparat gegangen, das sei wie ein Erdbeben, eine Naturkatastrophe...

Wir machten eine Pause und meine Sekretärin kam herein. Es sei ein Flugzeug oder mehrere ins WTC geflogen, außerdem ins Pentagon, ob ich erlaube, dass im Büro ein Radio angemacht werde und man da rein hören könnte. Ich begriff die Tragweite zunächst gar nicht und konterte, wir könnten nicht für jeden bescheuerten Flugzeugabsturz die Arbeit unterbrechen. Meine Sekretärin begriff wie üblich die Tragweite viel schneller und reagierte leicht verärgert. Ich versprach, mal nach oben zu sehen und den Fernseher anzuschalten. Dort lief schon der Fernseher und ich begriff dann auch, daß das kein alltäglicher Absturz war. Ich meine, die Türme standen noch und eine deutsche Korrespondentin aus NY erklärte, sie halte die Fenster geschlossen, man wisse ja nicht, was für Gase bei der Verbrennung entstünden.

Ich ging dann runter und bot an, wir könnten für heute Schluß machen und oben die Bilder anschauen, nur das Telefon solle anbleiben.

Dann rief der Spediteur wieder an, um mit den nächsten 200 Lieferscheinen weiter zu machen. Ob ihm das nichts ausmache, fragte ich nach einer Zeit, während der Ereignisse stundenlang Lieferscheine abzugleichen. Er wußte gar nicht wovon ich rede und auch als ich es erzählte, verstand er es nicht. Wir fuhren fort.

Meine Eltern kamen vorbei und brachten die Kinder zurück, mit denen sie im Schwimmbad waren. Ich bot an, wir könnten zusammen Nürnberger Würstchen mit Sauerkraut essen, ich müsse nur noch schnell einkaufen. Wir könnte ja nebenbei gelegentlich schauen, was es neues gibt. Heute kommt mir das irgendwie strange vor, diese Kombination.

In dem völlig leeren Supermarkt traf ich an der Kasse einen Soldaten, der irgendetwas von Alarmbereitschaft in der Kaserne erzählte. Ich scherzte noch und meinte, in unserer verlassenen Gegend werde sich schon kein Terroranschlag ereignen, nicht einmal der bescheuerste Terrorist werde auf eine solch hirnverbrannte Idee kommen.

Abends sah ich mir die ganzen Berichte auf allen möglichen Sendern, die ganzen Schillis, Wickerts usw. an, war natürlich wie sicher viele andere mehr als irritiert vom Zungengetriller der Palästinenser (war das überhaupt echt, ist ja umstritten), gespannt auf Putins Reaktion, natürlich auch die von Bush, der bis dato ein ziemlich unbeschriebenes Blatt war, ein einfach nur blasser Präsident. Verstörend und traurig waren natrülich vor allem die Berichte von den Opfern und das ganz andere Bild der sich sonst gar nicht so hilflosen darstellenden Amerikaner. Die Nachricht, daß El Kaida Leute auch den Massud in Afghanistan ermordet hatten, hat mich auch traurig gemacht, zumindest ließ sich Ansätzen bereits erahnen, daß dann die Amerikaner sicher etwas tun werden. Die für mich sehr schnelle Sicherheit aller Fachleute, daß wieder dieser Bin Laden dahinter stecke. Und dann - das war mit das seltsamste - ging es auf irgendeinem Sender weiter mit dem vorgesehenen Programm, da lief "Ein Köder für die Bestie" mit Gregory Peck...

Das Hin und Her zwischen alltäglicher Normalität und bizarrer Szenerie war das, was mir am besten in Erinnerung geblieben ist. Angst habe ich ehrlich gesagt zu keinem Zeitpunkt bekommen, ich war mir ziemlich sicher, dass der Westen sich auch davon nicht kirre machen lassen würde. Auch in dem Punkt habe ich die Situation an dem Tag wohl nicht so ganz richtig eingeschätzt.

Viele Grüße
Zwetsche
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
AW: 11. September 2001

hallo, zwetsche!

eine gute idee, mal unpolitisch heranzugehen!

also es war ja erst nachmittag in der MESZ, als die anschläge passierten (@muckel)! ich war schon von der schule gekommen, vor den fernseher geknallt und sah auf einmal beim zappen auf CNN. dort erschienen bilder vom brennenden WTC. ich wurde neugierig, verfolgte live mit wie das zweite flugzeug kam. die deutschen sender hatten da zum teil noch gar nicht reagiert. ich musste dann gegen 17.00 zum fußball-training, wo selbst die unpolitischsten menschen, die ich kenne, meine damaligen fußballtrainer tief betroffen waren und zwischen schweigen und aufgeregtem neuigkeitserzählungen hin- und herschwankten. diese szene werde ich nicht vergessen. damals war ich noch amerika gegenüber positiv eingestellt (war ja auch noch jünger!).
auch die szene am abend, als ich dem weinen nahe, zu meiner mutter lief und fragte, wie so etwas geschehen könne. ich war unsicher ob der kommenden zeit, ein gefühl der unsicherheit war da. mit der zeit danach hatte ich die endlosen berichterstattungen satt, mich stieß der übertriebene pathosmief der amerikaner ab und mit dem beginn der kriegstreiberei gegen den irak war dann meine solidarität mit ihnen endgültig vorbei!

heute betrachtet war es wahnsinn, solchen panikmachen nud kollektiven gefühlszwängen unterlegen gewesen zu sein. ich weiß noch wie meine mutter sagte:"wer weiß, ob die nich selber die flugzeuge hereingesteuert haben". an die these glaube ich nun nicht mehr. von einer gewissen mitschuld der geheimdienste, dass es so weit kam, bin ich aber überzeugt!
 
AW: 11. September 2001

Gelebte Geschichte. Bedeutende Ereignisse, so sagt man, prägen sich auch wegen der Umstände in die Erinnerung der Zeitgenossen ein. Aus aktuellem Anlaß des Jahrestages:

Mich würde interessieren, wie Ihr selbst den 11. September 2001 erlebt habt.

Freue mich auf Eure Antworten.

Viele Grüße
Zwetsche
Hallo!
Angeblich erinnert sich jeder daran, was er gamacht hat. Ich auch, zumindest so im Groben.
Allerdings erinnere ich mich nicht mehr genau daran, wann diese Party war. Am selben Abend? Ein paar Tage darauf?
Jedenfalls erinnere ich mich gut an ein paar Bekannte auf dieser Party, die sich sozusagen rechtfertigen mussten dafür, dass ihnen die Opfer auch Leid getan haben. Das war sehr kurz nach den Anschlägen und ein paar meiner sehr linken Bekannten hatten einfach noch nicht die passende Semantik zum Thema gefunden...:teufel2:
Aber tatsächlich: Zeitenwende, das war mir sofort klar. Umdeutung aller Bedeutungen. Gänsehaut.
Irgendeine Chance, falls eine da gewesen war, war für Jahre vorbei.
 
AW: 11. September 2001

Ich hab damals in einem Büro gearbeitet, das im Wohnhaus meines Chefs untergebracht war. Ich war ganz allein da, mein Chef war auf Urlaub. Am Nachmittag rief er mich ganz aufgeregt an und fragte, ob ich die neuesten Meldungen von NY schon gehört hätte. Ich scherzte noch mit ihm und meinte, ich sei doch im Büro zum Arbeiten (ich dachte noch an so eine Art verdeckten Kontrollanruf *gg*) Er meinte aber ich solle den Fernseher im Wohnzimmer einschalten und mir das ansehen. Ich dreht also auf und sah auf CNN, wie das Flugzeug in den zweiten Tower flog, den Feuerball, den Rauch. Ich stand vor dem Fernseher und wusste nicht, was ich davon halten sollte. Es erschien mir so unwirklich, dass ein Ereignis, das gerade eben wirklich passiert, schon wie ein Katastrophenfilm im Fernsehen gezeigt werden kann.

Ich brauchte eine Weile um zu begreifen, dass das keine Filmtricks waren, die hier zu sehen waren. Aber bis heute ist es mir schleierhaft, wie es möglich war, diese Bilder zu filmen.

Ich stand wie angenagelt fast eine Stunde vor dem Fernsehapparat, nebenher nahm ich Anrufe von Freunden entgegen, die auch fassungslos vor den Bildern standen. Die ganze Tragweite des Geschehens war da für mich nicht einmal in Ansätzen sichtbar. Etwas in mir hoffte immer noch, dass jemand erklären würde, das sei nur ein gestelltes, sehr real wirkendes Schreckensszenario. das zwar sehr geschmacklos wäre, aber wenigstens nicht real.

Erst nach und nach nahm ich zur Kenntnis, dass das, was ich auf dem Bildschirm sah, wirklich geschehen war. Nach knapp zwei Stunden schaltete ich ab, weil ich es, ähnlich wie psbvbn1 nur noch als Sensationsgeilheit empfand, auch die Kommentare klangen anders, es wurde für mich unerträglich, das noch weiter anzuhören.

Eigenartigerweise hatte ich da schon die Ahnung, dass Bush jetzt endlich einen Grund hat, gegen "das Böse" seinen Krieg zu führen.
 
AW: 11. September 2001

ein ganz normaler tag.
haushalt, sohn vom kindergarten abholen, dann die tochter von meiner freundin vom kindergarten abholen.
die beiden kleinen beschäftigen.
abends kommt meine freundin, um das töchterchen abzuholen und weist mich auf die sache hin.
wir schalten den fernseher ein.
auch als mein mann heimkommt läuft er.

die bilder wie aus einem katastrophenfilm - nur dass sie echt sind.
wir sitzen fassungslos am tisch.
die kinder spielen wie immer.

meine größte frage war, was wird die reaktion von amerika sein?
wie soll das weitergehen?
was passiert jetzt?
kommt es auch bei uns zu anschlägen oder einem krieg?

so undenkbar wie früher ist das alles nicht mehr für mich.



umso mehr gilt es heute für mich, jeden tag aufs beste zu verbringen.
 
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nachtrag zum 11. September 2001

ach ja, was ich noch vergessen habe:

ich hat mich nämlich nicht gewundert.
weil ich mir sowieso dachte, dass es irgendwann einmal an der zeit sein wird, dass dem "westen" seine maßlose überheblichkeit runtergeräumt werden muss.

die frage war nur, wird er belehrbar sein?
oder wird er in form der USA an seiner überheblichkeit festhalten und sogar daraus reagieren?

heute wissen wir auch hier die antwort. (eigentlich war sie ja auch damals schon klar.)
 
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